Merlin – NORDKIND https://nordkind.blog Wed, 05 Dec 2018 13:06:22 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 https://nordkind.blog/wp-content/uploads/2017/04/cropped-favicon-32x32.png Merlin – NORDKIND https://nordkind.blog 32 32 Schon mal Moin in Spanien gesagt? https://nordkind.blog/unser-norden/schon-mal-moin-in-spanien-gesagt Fri, 30 Nov 2018 15:48:53 +0000 https://nordkind.blog/?p=18101 Es rutscht mir ganz automatisch raus. Wie ein Reflex. Ich kann nichts dagegen tun, bin völlig machtlos. Die Verkäuferin des kleinen Supermarktes guckt mich mit großen, ratlosen Augen an, als ich den Laden betrete und ihr mein „Moin“ an den Kopf werfe. „Moin“? Was meint er denn damit? Das Problem: Ich befinde mich nicht in […]

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Es rutscht mir ganz automatisch raus. Wie ein Reflex. Ich kann nichts dagegen tun, bin völlig machtlos. Die Verkäuferin des kleinen Supermarktes guckt mich mit großen, ratlosen Augen an, als ich den Laden betrete und ihr mein „Moin“ an den Kopf werfe. „Moin“? Was meint er denn damit? Das Problem: Ich befinde mich nicht in Hamburg, nicht in Bremen, nicht in Oldenburg. Nein, ich stehe mit Badelatschen in einem Tante-Emma-Laden an der Cala Tarida. Eine Bucht. Auf Ibiza. In Spanien.

Das ist schon sechs oder sieben Jahre her. Und es ist nur ein Beispiel von vielen. Das „Moin“ steckt einfach drin. Man sagt es ja ständig im Alltag – beim Bäcker, bei der Arbeit, bei Freunden. Moin ist stets präsent, morgens, mittags, abends, immer. Und ich sage es selbst im Urlaub und trage damit ein Stück meiner norddeutschen Heimat hinaus in die Welt. Auch wenn die Menschen im Ausland mit Stirnrunzeln oder einem verwirrten Lächeln reagieren – ich kann nicht anders.

Ein Moin ist universell

Das finde ich auch gar nicht schlimm. Im Gegenteil. „Moin“ ist für mich die schönste Begrüßung der Welt. Ist das zu hochgegriffen? Ich finde nicht. Denn ein lockeres „Moin“ sagt mehr als Tausend andere Worte. Grüß Gott? Klingt altbacken. Guten Tag? Zu spießig. Hallo? Zu langweilig, „Moin“? Ja, so muss das klingen. Ein „Moin“ ist universell. Egal ob man einen Fremden auf der Straße trifft oder einen Freund, „Moin“ geht immer.

Und auch wenn das auf den ersten Blick ganz anders scheint: Das berühmte norddeutsche „Moin“ verrät schon eine Menge über die Mentalität der Menschen, die hier leben: Es ist ein Gruß, der voller Herzlichkeit steckt. Und voller Heimatliebe. Und voller Gastfreundschaft. Einer, der sagt: Wir im Norden sind alle gleich – und du kannst gerne einer von uns sein.

Auch der Duden kennt das Moin

Ursprünglich stammt der Gruß übrigens aus dem Plattdeutschen, genauer gesagt von dem Wort „moi“. Das bedeutet so viel wie angenehm oder schön. Als hätten wir das nicht alle schon längst gewusst! Bereits in den 80er-Jahren wurde „Moin“ in das Allerheiligste der deutschen Sprache, den Duden, aufgenommen. Selbst in südlichen Teilen des Landes ist der Gruß mittlerweile schon verbreitet.

Und dann gibt es noch die Abwandlung von „Moin“: das „Moin Moin“. Wer das sagt, geht aber die Gefahr ein, schief angeguckt zu werden. Nach dem Motto: Zwei „Moins“ ist eines zu viel. Für manch ein Nordkind grenzt diese Dopplung gar an Gesabbel. Ich finde ja: Es ist schietegal, ob „Moin“ oder „Moin Moin“. Solange es von Herzen kommt.

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Berge? Pah! Nichts geht über plattes Land https://nordkind.blog/unser-norden/berge-pah-nichts-geht-ueber-plattes-land https://nordkind.blog/unser-norden/berge-pah-nichts-geht-ueber-plattes-land#comments Tue, 20 Nov 2018 17:01:26 +0000 https://nordkind.blog/?p=17979 Eine Kuh-Wiese. Nein, ganz viele Kuh-Wiesen. Keine Berge, kein Hügel. Alles platt. Die höchste Erhebung: Maulwurfshügel. Und ganz hinten am Horizont, nur schemenhaft zu erkennen: der Deich. Was manch einer vielleicht als Ödnis abstempelt, ist für mich der eigentliche Grund, warum ich den Norden so mag. Die Weite, die ein Gefühl von Freiheit schafft. Klar, […]

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Eine Kuh-Wiese. Nein, ganz viele Kuh-Wiesen. Keine Berge, kein Hügel. Alles platt. Die höchste Erhebung: Maulwurfshügel. Und ganz hinten am Horizont, nur schemenhaft zu erkennen: der Deich. Was manch einer vielleicht als Ödnis abstempelt, ist für mich der eigentliche Grund, warum ich den Norden so mag. Die Weite, die ein Gefühl von Freiheit schafft. Klar, Urlaub in den Bergen kann schön sein. Aber dort leben? Für immer? Kann ich mir als Nordkind nicht vorstellen. Hier kommen meine sechs Punkte, warum es nichts Besseres gibt als plattes Land. Gleich vorweg: Die Liste ist unbedingt ergänzungswürdig!

Nirgendwo scheint die Sonne länger. Wo kein Berg im Weg ist, sind die Sonnenuntergänge am schönsten.

Der Wind bläst ungebrochen übers Land. Da bekommt man ganz schnell den Kopf frei.

Man sieht schon einen Tag vorher, wenn jemand zu Besuch kommt.

Fahrradfahren? Geht im Norden viel leichter als im bergigen Süden. Es sei denn, der Wind weht mal wieder von vorne.

Die Landschaft harmoniert perfekt mit der Sprache. Platt und platt? Dat passt!

Alle Stra­ßen und Wege enden irgendwann am Deich. Erklimmt man sie, so erscheint das platte Land grenzenlos – Freiheit!

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Achtung, diebische Möwe im Anflug! https://nordkind.blog/unser-norden/achtung-diebische-moewe-im-anflug Tue, 23 Oct 2018 13:13:22 +0000 https://nordkind.blog/?p=17621 Der Angriff trifft mich völlig unerwartet. Ich stehe am Strand von Baltrum, blicke auf den Sand, die Strandkörbe, die weite Nordsee, da passiert es. Die Übeltäterin kommt im Sturzflug, wie aus dem Nichts. Sie ist einfach da, die hinterlistige Möwe, die mir das frisch gekaufte Schokoeis aus der Hand klaut. Ungläubig und ein wenig verdattert […]

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Der Angriff trifft mich völlig unerwartet. Ich stehe am Strand von Baltrum, blicke auf den Sand, die Strandkörbe, die weite Nordsee, da passiert es. Die Übeltäterin kommt im Sturzflug, wie aus dem Nichts. Sie ist einfach da, die hinterlistige Möwe, die mir das frisch gekaufte Schokoeis aus der Hand klaut. Ungläubig und ein wenig verdattert blicke ich auf meine Hand, doch mehr als ein paar Waffelkrümel hat die Diebin mir nicht gelassen. So schnell, wie sie gekommen ist, ist die Möwe mit ihrer Beute auch wieder verschwunden. Ich blicke ihr nach. Und ärgere mich. Nicht wegen der tierischen Respektlosigkeit. Sondern, weil ich weiß, warum sich immer mehr Möwen genauso aggressiv verhalten: Wir, die Menschen, füttern sie. Schluss damit!

Ich sehe sie immer wieder; Kinder und Erwachsene, Junge und Alte, die mit Brotkrumen Möwen anlocken und denken, sie tun damit etwas Gutes. Tun Sie nicht. Deshalb schreibe ich diesen Text. Es ist ein Appell, ein gut gemeinter Rat: Füttert keine Möwen. Und sagt es auch denen, die es wider besseres Wissen tun.

In Bremerhaven zum Beispiel ist das Füttern der Möwen ganz offiziell verboten. Im Paragraphen 14 des „Ortsgesetzes über die öffentliche Ordnung“ steht es Schwarz auf Weiß: „Es ist verboten, Wildtauben, verwilderte Haustauben oder Möwen zu füttern.“ Wer zum ersten Mal erwischt wird, dem drohen 30 Euro Bußgeld. Wiederholungstäter müssen im schlimmsten Fall 2500 Euro blechen. Das Füttern kann also richtig teuer werden – und das ist auch gut so.

Möwen sind allesfresser.

Denn für das Verbot gibt es gute Gründe: Wer Möwen füttert, konditioniert sie. Und da ist es völlig egal, ob wir ihnen ein Stück Weißbrot oder eine Pommes hinwerfen. Indem wir die Tiere füttern, gewöhnen wir sie an diese Art der Nahrungsaufnahme – und die Möwen legen ihren natürliche Beutesuche ab. Mit schlimmen Folgen. Zwar ist das Füttern für die Tiere nicht ungesund, denn „Möwen sind Allesfresser“, wie Heinrich Reiner vom Naturschutzbund (NABU) sagt. Allerdings werden die Tiere so schnell zutraulich und dann aggressiv. „Wenn sie Junge haben, fühlen sie sich von Menschen bedroht und greifen sie an.“

Immer mehr Berichte von aggressiven Möwen

Das Problem ist, dass ein Vogel – logischerweise – nicht unterscheiden kann zwischen Futter, das ihm angeboten wird, und Essen, das eigentlich für den Menschen bestimmt ist. Und deshalb kommt es zu Missverständnissen. Berichte von aggressiven Möwen, die verdutzten Urlaubern das Fischbrötchen aus der Hand stibitzen, sind aber noch die harmloseren. Ich erinnere mich noch an das Jahr 2015, in dem Möwen in Großbritannien einen Yorkshire Terrier zu Tode bissen. Die Boulevard-Zeitung The Sun schrieb damals von „Killer-Möwen“.

Genau darum geht es: ums Bewusstsein. Ohne das geht es nicht. Und hier können alle Nordkinder mithelfen, als Multiplikatoren sozusagen. Erzählt Euren Freunden, Euren Nachbarn, nein, erzählt der ganzen Welt von dem Verbot. Damit es endlich in den Köpfen ankommt. So können wir am Ende alle etwas dazu beitragen – für die friedliche Koexistenz von Mensch und Möwe im schönen Norden.

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Tel Aviv: Gegensätzlich, bunt, pulsierend https://nordkind.blog/erleben/tel-aviv-gegensaetzlich-bunt-pulsierend Fri, 14 Sep 2018 18:06:43 +0000 https://nordkind.blog/?p=17069 Die Augen der Sicherheitsbeamtin wandern von meinem Gesicht zu meinem Reisepass und wieder zurück. Ihr kalter Blick durchdringt mich, meine Hände werden schwitzig. Dann prasseln die ersten Fragen auf mich ein. „Was wollen Sie in Israel?“ „Wen wollen Sie hier treffen?“ „Kennen Sie Palästinenser?“ „Haben Sie Ihren Koffer selbst gepackt?“ Ich antworte brav. Frage für […]

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Die Augen der Sicherheitsbeamtin wandern von meinem Gesicht zu meinem Reisepass und wieder zurück. Ihr kalter Blick durchdringt mich, meine Hände werden schwitzig. Dann prasseln die ersten Fragen auf mich ein. „Was wollen Sie in Israel?“ „Wen wollen Sie hier treffen?“ „Kennen Sie Palästinenser?“ „Haben Sie Ihren Koffer selbst gepackt?“ Ich antworte brav. Frage für Frage. Nach einer gefühlten Ewigkeit nickt die Frau und reicht mir eine blaue Einreisekarte. „Einen schönen Urlaub.“ Ich bin da. In einer der aufregendsten Metropolen im Nahen Osten. Tel Aviv. Zweitgrößte Stadt Israels. Wirtschaftliches Zentrum. Ungefähr 70 Kilometer Luftlinie entfernt vom Gaza-Streifen. Allein: Hier scheint der Krieg ganz weit weg.

Der Flieger landet mitten in der Nacht – mit zwei Stunden Verspätung. Es ist kurz nach 4 Uhr, als ich den ersten Fuß auf israelischen Boden setze. Der Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv gilt als der sicherste der Welt. Ich habe von langen Sicherheitsbefragungen gelesen, von Sicherheitsleuten, die sich als Passagiere tarnen, von Scharfschützen, die hinter Spiegeln postiert sind. Sicherheit ist alles hier. Das erste, was mir auffällt: wenig Security. Dafür ein Mann, der mit Rucksack auf dem Rücken am Gepäckband auf und ab läuft und die Passagiere unauffällig beobachtet. Mir läuft es kalt den Rücken herunter.

Ich bin froh, als ich den Sicherheitsbereich mit meinem Koffer endlich verlasse. Nun heißt es: Irgendwie in die Stadt kommen. Taxi? Ist mir zu teuer. Deshalb fahre ich mit dem Zug. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Ratlos blicke ich auf die Anzeigetafeln an den Gleisen. Alles auf Hebräisch. Dank einer netten Dame erwische ich dann doch noch die richtige Verbindung. Erleichtert setze ich mich ans Fenster und checke die Nachrichten auf meinem Smartphone. Erster Eintrag bei Google News: „Ein 17-jähriger Palästinenser ist bei Protesten an der Grenze des Gazastreifens getötet worden. Wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte, wurden Hunderte Palästinenser bei den Auseinandersetzungen verletzt.“ Ich schlucke.

Nächster Halt: Falsche Station

Nach ein paar Minuten ziehen die ersten Hochhäuser vorbei. Leuchtend ragen sie in die rabenschwarze Nacht. An der nächsten Station steige ich aus. Die falsche Entscheidung. Ich hätte noch ein paar Kilometer weiterfahren müssen. Egal, dann nehme ich halt den Bus. „Dahinten um die Ecke steht ein blauer Bus, den müssen Sie nehmen“, erklärt mir ein hilfsbereiter Israeli. Ich gehe um die besagte Ecke. Und sehe: ungefähr 15 Busse. Zehn davon sind blau. Also frage ich mich weiter durch, wedele mit meiner ausgedruckten Google-Maps-Karte, auf der ich die AirBnb-Wohnung eingekreist habe.

Old Jaffa, die Altstadt Tel Avivs, das ist mein Ziel. Und endlich habe ich den Bus gefunden, der mich dorthin bringt. Um 7 Uhr bin ich da. Völlig erschöpft falle ich ins Bett. Gegen Mittag wache ich auf. Die lange Nacht steckt mir noch in den Knochen, egal, jetzt will ich auch etwas von der Stadt sehen. Eine Woche, mehr habe ich nicht, und die will ich voll auskosten. Ich laufe los, ohne Plan, ohne Karte. In einer kleinen Seitenstraße entdecke ich einen Bäcker, kaufe mir ein Crossaint und lerne die erste Eigenschaft Tel Avis kennen: Das Leben hier kostet Geld. Sehr viel Geld. Die Metropole gilt gar als die teuerste Stadt im Nahen Osten. Das hat vor allem damit zu tun, dass Tel Aviv boomt. Und zwar in jeder Hinsicht. Es wird gebaut, viel Geld investiert, Start-ups schießen wie Pilze aus dem Boden, große Tech-Firmen haben sich hier angesiegelt. Manch einer spricht schon vom neuen Silicon Valley.

Tel Aviv: Das neue Silicon Valley?

Im Prinzip ist auch Tel Aviv selbst ein einziges Start-up. Übersetzt heißt Tel Aviv „Hügel des Frühlings“. Und dieser Hügel ist noch sehr jung. 1909 wurde Tel Aviv als Vorort der Hafenstadt Jaffa gegründet. Seitdem ist Tel Aviv rasant gewachsen. Viele Juden flohen vor den Nationalsozialisten hierher. Allein zwischen den Jahren 1930 und 1935 stieg die Einwohnerzahl von 50.000 auf stattliche 120.000. Inzwischen leben in Tel Aviv mehr als 430.000 Menschen.

Allein, um die Altstadt Jaffa zu erkunden, nehme ich mir drei Tage Zeit. Ich gehe durch die Gassen, schmal sind sie, die Häuser geradezu winzig, manche sind frisch restauriert, andere nahe dem baldigen Verfall. Die Stromkabel führen teilweise quer über die Straße, von Balkon zu Balkon, es sind wahrlich abenteuerliche Konstruktionen. Es gibt Kunstgalerien, Boutiquen, unzählige Restaurants, Antiquitätenläden. Und auf jede Straße kommen mindestens zwei Läden, die frisch gepresste Smoothies anbieten.

Auf dem Flohmarkt in Jaffa herrscht ein großes Durcheinander. Scheinbar wahllos haben die Händler ihre Waren auf dem Boden, auf Holztischen ausgebreitet. Ich beobachte einen Mann, wie er versucht, noch ein paar Schätze in seinen kleinen Lieferwagen zu zwängen. Irgendwie schafft er es. Entlang der alten Meeresmauer gehe ich weiter gen Süden, sehe die Franziskanerkirche St. Peter, den alten Hafen, laufe über die Wunschbrücke im HaPisgah-Garten. Angeblich, so heißt es, gehen hier Wünsche in Erfüllung. Mein größter Wunsch in diesem Moment: Abkühlung. Die Mittagssonne brennt vom Himmel, das Thermometer zeigt 31 Grad, wie schon in den vergangenen Tagen.

Von Jaffa hat man einen fantastischen Blick auf das „neue“ Tel Aviv. In der Nähe des Jaffa Clock Tower, einem großen Uhrenturm, der im Übrigen auch ein guter Anhaltspunkt für orientierungslose Touristen ist, gibt es diese eine Stelle am Wasser. Jeden Abend stehen die Menschen hier, sie wechseln nicht viele Worte, sie stehen einfach da und sehen der roten Abendsonne zu, die hinter dem Wasser zu verschwinden scheint. Manche schießen Selfies von sich, Blick auf Jaffa, die funkelnde Skyline im Rücken. Zwei Welten, eine Stadt, es lebe der Gegensatz.

Nachdem ich in der ersten Hälfte der Woche nur in der Altstadt herumgelaufen bin, wage ich nun den Schritt in die „Moderne“. Das Schöne in Tel Aviv ist: Theoretisch lässt sich alles zu Fuß erreichen. Das ist zwar manchmal schweißtreibend, doch, dem Mittelmeer sei Dank, weht immer ein leichter Wind durch die Straßen. Nicht zu vergleichen mit dem rauhen Wind, den ich von der Nordseeküste gewohnt bin, aber trotzdem angenehm.

Mein erstes Ziel im neuen Tel Aviv: die weitläufige Strandpromenade. Hier tobt das pralle Leben. Selbst am späten Abend. Die Menschen schwimmen, surfen, gehen mit ihren Hunden spazieren, angeln und grillen und tanzen am Wasser entlang, während israelische Rockmusik aus den Lautsprechern schallt. Man sagt, die Tel Aviver feiern, als ob es kein Morgen gäbe. Und es stimmt. Die Menschen hier denken weniger über das Morgen nach. Eher über das Hier und Jetzt. Sie genießen den Augenblick, die Gegenwart, statt sich auf eine ungewisse Zukunft zu freuen. Ich glaube, an keinem anderen Ort der Welt habe ich so viel Lebensfreude erlebt wie hier. Ich finde diese Einstellung bewundernswert. Der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt, die Bilder aus dem Gaza-Streifen – all das scheint in Tel Aviv ganz weit weg. Als hätten die Menschen ihrer Stadt einen schützenden Panzer übergestülpt. Krieg? Gewalt? Terror? Ihr könnt uns mal.

Die Strandpromenade ist natürlich nicht die einzige Sehenswürdigkeit. Da gibt es zum Beispiel die Weiße Stadt, damit sind rund 4000 Häuser im Zentrum Tel Avivs gemeint, die in den 1930er Jahren im Bauhaus-Stil errichtet wurden. Die Schönsten stehen am berühmten Rothschild-Boulevard. 2003 hat die Unesco den Stadtkern übrigens zum Weltkulturerbe erklärt.

Hummus ist Pflicht

Man kann nicht nach Tel Aviv reisen und keinen Hummus essen. Das ist ein Grundgesetz. Hat man mir gesagt. Und deshalb mache ich das in einem kleinen Restaurant, das sich kurioserweise damit schmückt, den zweitbesten Hummus in Tel Aviv anzubieten. Den besten? Gibt’s woanders, nämlich in Jaffa. Doch der Laden war jedes Mal so voll, dass ich nie einen Platz fand. Nun muss ich mich also mit dem zweitbesten Hummus begnügen. Ich setze mich zu ein paar Israelis an den Tisch, mache es ihnen gleich und tauche mein Pitabrot in die beigefarbene Kichererbsenpaste. Es schmeckt: ungewöhnlich, aber richtig lecker. Hummus, erfahre ich, isst man hier immer. Morgens, mittags, abends – die Tel Aviver sind verrückt danach.

Der Carmel-Markt: ein bisschen improvisiert

Ein weiteres Highlight meines Kurztrips: Ich besuche den Carmel-Markt, den größten Obst- und Gemüsemarkt in Tel Aviv. Eine ungefähr ein Kilometer lange Gasse, gesäumt von improvisiert wirkenden Ständen unter Wellblechdach. Katzen streunen herum. Touristen und Einheimische quetschen sich in der engen Straße. Gemüse und Obst aller Sorten und Farben türmen sich auf, Backwaren stapeln sich auf den Tischen. Es riecht nach orientalischen Gewürzen. Ich kaufe etwas, das aussieht wie eine Frühlingsrolle, aber nicht so schmeckt. Bis heute weiß ich nicht, was es war.

Dann ist der letzte Tag gekommen. Ich fahre mit dem Taxi zum Flughafen. Bereits ein paar Kilometer vor dem Airport werden die Autos kontrolliert. Zur Sicherheit, mal wieder. Bevor ich mein Gepäck aufgeben kann – wieder eine Sicherheitsbefragung. Der Beamte entdeckt einen malaysischen Stempel in meinem Pass – und nimmt das zum Anlass für ein besonders intensives „Verhör“. Bei Stempeln aus islamischen Ländern reagiert man hier etwas empfindlich. Erste Frage: „Warum waren Sie hier?“ Ich grinse. Und antworte: „Urlaub.“

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Warum Schafe für unsere Sicherheit sorgen https://nordkind.blog/unser-norden/warum-schafe-fuer-unsere-sicherheit-sorgen Thu, 06 Sep 2018 16:32:14 +0000 https://nordkind.blog/?p=16762 Sie gehören zu Norddeutschland wie die Strände und das wechselhafte Wetter: die Schafe auf den Deichen. Sie sind nicht ohne Grund dort. Es mag komisch klingen, doch jeden Tag, an dem die Schafe hier grasen, machen sie unser aller Leben ein Stück sicherer. Es sieht auch nicht unbedingt nach harter Arbeit aus, das, was die […]

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Sie gehören zu Norddeutschland wie die Strände und das wechselhafte Wetter: die Schafe auf den Deichen. Sie sind nicht ohne Grund dort. Es mag komisch klingen, doch jeden Tag, an dem die Schafe hier grasen, machen sie unser aller Leben ein Stück sicherer.

Es sieht auch nicht unbedingt nach harter Arbeit aus, das, was die Schafe so tun. Herumlaufen und Gras fressen. Aber: Schafe kämpfen sozusagen an vorderster Front für den Hochwasserschutz. Bereits seit Jahrhunderten setzen die Menschen Schafe zur Deichpflege ein. Weil es Sinn macht. Denn Schafe sind von ihrer Anatomie her die idealen Deichpfleger. Ihr Klauendruck hat ungefähr die gleiche Wirkung wie eine schwere Walze, die mit etwa 3000 Kilogramm pro Quadratmeter auf den Boden drückt.

Mit ihrem berühmten Trippeltritt befestigen sie aber nicht nur den Deichboden, sondern treten auch Gänge von Maulwürfen und Mäusen wieder zu und vertreiben sie. Das ist wichtig, denn solche Gänge bieten einen gefährlichen Angriffspunkt für Wasser, das den Deich aufweicht. Und genau das sollen die Schafe verhindern.

Berüchtigt sind die Schafe auch für ihren „eisernen Zahn“. Sie halten das Gras kurz – als lebendige Rasenmäher – und fressen nicht gewollte Pflanzenarten. Die Grasnarbe auf den Deichen bleibt damit gepflegt und stabil.

Die Hitze in diesem Sommer macht ihnen diese wichtige Aufgabe nicht leichter. Durch die hohen Temperaturen ist das Gras auf vielen Weiden und Deichen verdörrt. Mit der Folge, dass die Tiere dort nur noch wenig Futter finden. Ein weiteres Problem: Die Schafbestände gehen immer weiter zurück. Beispiel Niedersachsen: Dort gibt es derzeit rund 168.000 Schafe (Stand 2016), 2006 waren es noch mehr als 255.000.

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Warum wir endlich ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen https://nordkind.blog/unser-norden/warum-wir-endlich-ein-bedingungsloses-grundeinkommen-brauchen Sun, 05 Aug 2018 18:17:32 +0000 https://nordkind.blog/?p=16180 Es klingt wie ein Traum. Jeden Monat bekommt jeder Bürger ein festgelegtes Einkommen. 1000 Euro zum Beispiel. Ohne Gegenleistung. Ohne Bedingungen. Diese Idee, das bedingungslose Grundeinkommen, ist hierzulande heftig umstritten. Die einen nennen es sozialpolitische Revolution. Die anderen fürchten den Untergang der Arbeitsmoral. Ich finde: Man muss darüber diskutieren. Denn unsere Arbeitswelt wird sich durch […]

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Es klingt wie ein Traum. Jeden Monat bekommt jeder Bürger ein festgelegtes Einkommen. 1000 Euro zum Beispiel. Ohne Gegenleistung. Ohne Bedingungen. Diese Idee, das bedingungslose Grundeinkommen, ist hierzulande heftig umstritten. Die einen nennen es sozialpolitische Revolution. Die anderen fürchten den Untergang der Arbeitsmoral. Ich finde: Man muss darüber diskutieren. Denn unsere Arbeitswelt wird sich durch die Digitalisierung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten massiv verändern. Abgesehen davon schafft Hartz IV vieles, nur nicht das, was es eigentlich ermöglichen sollte: ein menschenwürdiges Leben.

Möchten wir ein bedingungsloses Grundeinkommen oder nicht? Diese Frage könnte man auch anders stellen, provokanter: Wollen wir frei und selbstbestimmt leben? Oder weitermachen wie bisher? Hartz IV ist gescheitert, das muss die Politik endlich einsehen. Sie doktort seit Jahren an einem System herum, das einer Perversion gleicht, zutiefst unsozial und entwürdigend ist. Hartz IV hat dafür gesorgt, dass Erwerbslose von vielen zu Drückebergern und Sozialschmarotzern erklärt werden. Dass eine überbordende Sozialstaatsbürokratie entstanden ist – mit kaum zu überblickenden Regeln, Vorschriften und Ausnahmen.

Bezug zur Realität verloren

Dabei sollte mit der Hartz-Reform doch alles besser werden. Die Hoffnungen waren groß, als die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder 2005 die alte Sozialhilfe durch Hartz IV ersetzte. Heute ist klar: Man hat ein Bürokratiemonster erschaffen, in dem über die Hälfte der Jobcenter-Mitarbeiter damit beschäftigt ist, Leistungen zu berechnen. Das ist das Eine. Das Andere ist: Hartz IV verstößt gegen die Würde des Menschen. Was sagte CDU-Politiker Jens Spahn vor einiger Zeit? „Hartz IV bedeutet nicht Armut.“ Blanke Überheblichkeit von einem Mann, der offenkundig jeden Bezug zur Realität verloren hat. Der Satz flog dem Gesundheitsminister vollkommen zu Recht um die Ohren.

Verhungern muss dank Hartz IV keiner, das stimmt. Doch das reicht nicht. In Würde leben kann nur, wer auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Und genau das geht mit Hartz IV nicht.

Millionen Arbeitsplätze verschwinden

Niemand kann leugnen, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter auseinandergeht. In einem der reichsten Länder dieser Welt. Paradox. Die Digitalisierung wird dieses Problem in den nächsten Jahrzehnten verschärfen, Millionen Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verschwinden.

Die Lösung heißt Grundeinkommen. Kein solidarisches, wie es Berlins Bürgermeister Michael Müller unlängst forderte. Sondern ein bedingungsloses. Die Idee, dass der Staat Langzeitarbeitslosen einen gemeinnützigen Job auf Mindestlohnniveau anbietet, erinnert stark an die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den 90er Jahren. Damit würde ein neuer Billiglohn-Sektor für die Kommunen entstehen. Mehr aber auch nicht.

Dass sich keine der großen Parteien geschlossen für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht, ist schade. Man darf die Idee nicht kategorisch ablehnen und jeden Versuch, den Kapitalismus sozialer zu gestalten, reflexartig als linke Träumerei abtun. Die Politik hat verlernt, visionär zu sein. Zukunftsorientiert zu handeln. Es ist Zeit für ein bisschen mehr Radikalität.

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Krabben pulen: Diese Anleitung müssen Nordkinder im Schlaf können https://nordkind.blog/unser-norden/krabben-pulen-diese-anleitung-muessen-nordkinder-im-schlaf-koennen Thu, 05 Jul 2018 15:27:46 +0000 https://nordkind.blog/?p=15589 Eigentlich ist es ganz simpel: Erst knacken, dann ziehen, dann lösen. Wer an der Nordsee zu Hause ist, wird diese Schritte in und auswendig kennen. Krabbenpulen ist etwas typisch Norddeutsches. Einmal gemacht, vergisst man das Prozedere nie wieder. Zugegeben, ein bisschen Überwindung kostet es schon, so einen Krabbenpanzer aufzubrechen. Doch wer ungepulte Krabben kauft, am […]

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Eigentlich ist es ganz simpel: Erst knacken, dann ziehen, dann lösen. Wer an der Nordsee zu Hause ist, wird diese Schritte in und auswendig kennen. Krabbenpulen ist etwas typisch Norddeutsches. Einmal gemacht, vergisst man das Prozedere nie wieder.

Zugegeben, ein bisschen Überwindung kostet es schon, so einen Krabbenpanzer aufzubrechen. Doch wer ungepulte Krabben kauft, am besten fangfrisch direkt vom Kutter, kommt nicht drum herum – denn essbar ist bei der Krabbe nur das Fleisch, der Schwimmmuskel im Hinterleib.

Wer zum ersten Mal Krabben pult, wird merken: Ohne Fingerspitzengefühl geht es nicht. Eine vorgeschriebene Technik zum Pulen gibt es natürlich nicht – nur Empfehlungen. Hier gilt der Spruch „Übung macht den Meister“ – probieren, probieren, probieren, dann klappt es von ganz alleine. Für alle Krabbenpulneulinge gibt es hier eine kurze Schritt-für-Schritt-Anleitung.

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Warum zeigen Kompasse immer nach Norden? https://nordkind.blog/unser-norden/warum-zeigen-kompasse-immer-nach-norden https://nordkind.blog/unser-norden/warum-zeigen-kompasse-immer-nach-norden#respond Thu, 21 Jun 2018 16:44:00 +0000 https://nordkind.blog/?p=14035 Man kann ihn drehen und wenden und schütteln. Dem Kompass ist das alles egal. Seine Nadel zeigt immer nach Norden. Weil es im Norden am schönsten ist? Vielleicht. Die wissenschaftliche Erklärung ist aber eine andere: Die Erde, auf der wir leben, hat ein Magnetfeld, das von Süden nach Norden ausgerichtet ist. Und Kompasse weisen immer […]

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Man kann ihn drehen und wenden und schütteln. Dem Kompass ist das alles egal. Seine Nadel zeigt immer nach Norden. Weil es im Norden am schönsten ist? Vielleicht. Die wissenschaftliche Erklärung ist aber eine andere: Die Erde, auf der wir leben, hat ein Magnetfeld, das von Süden nach Norden ausgerichtet ist. Und Kompasse weisen immer zum magnetischen Nordpol.

Die Kompassnadel ist ebenfalls magnetisch und richtet sich stets parallel zum Magnetfeld der Erde aus. Minus- und Plus-Pol ziehen sich an, deshalb zeigt die rot eingefärbte Seite der Kompassnadel (Plus-Pol) gen Norden (Minus-Pol). Damit ist der magnetische, nicht der geografische Nordpol gemeint. Weil das natürliche Magnetfeld auf der Erde sehr schwach ist, sind Kompassnadeln nur ganz leicht auf dem Blatt der Kompassrose befestigt.

Das natürliche Magnetfeld verschiebt sich ständig. Der Grund: Im Inneren der Erde befindet sich flüssiges Eisen, das andauernd in Bewegung ist. So verändern die magnetischen Pole unseres Planeten ihre Position: Mit fast 50 Kilometern pro Jahr wandert der magnetische Nordpol nach Osten.

Elektrische Geräte sind Störquellen

Wer wissen will, in welche Himmelsrichtung er gerade läuft, sollte den Kompass am besten auf eine ebene Fläche stellen. Wichtig ist auch, dass keine störenden Magnetfelder in der Nähe sind, die die Kompassnadel irritieren könnten. Störquellen sind zum Beispiel Lautsprecher, Radios oder Smartphones.

Je weiter man sich dem Pol nähert, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Kompassnadel abweicht. Deshalb kann es sinnvoll sein, bei der Expedition neben dem Kompass auch eine Landkarte einzupacken, auf der die örtliche Abweichung, auch Missweisung genannt, verzeichnet ist.

Sensor im Smartphone misst Magnetfeld

Doch wie funktionieren die digitalen Kompasse, wie sie die meisten Smartphones und Tablets heutzutage haben? Aktiviert man den Kompass in seiner App, misst ein sogenannter Fluxgate-Magnetometer das natürliche Magnetfeld der Erde. Der Sensor besteht aus dünnen, metallenen Plättchen, an denen eine Spannung angelegt ist. Je nachdem, wo sich das Smartphone gerade befindet, verändert sich die Spannung. Ein Widerstand misst die Spannungsabweichungen, so kann der digitale Kompass die Himmelsrichtung ermitteln.

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Kreuzfahrten zerstören jede Individualität? Von wegen https://nordkind.blog/erleben/kreuzfahrten-zerstoeren-jede-individualitaet-von-wegen https://nordkind.blog/erleben/kreuzfahrten-zerstoeren-jede-individualitaet-von-wegen#respond Wed, 20 Jun 2018 08:58:12 +0000 https://nordkind.blog/?p=14142 Kreuzfahrtschiffe sind schwimmende Seniorenresidenzen. Jede Minute ist durchgetaktet, kein Platz für Individualität. Und am Buffet türmen die Leute Berge von Essen auf ihre Teller – die reinste Massenabfertigung. Das sind nur einige Vorurteile, die dem Kreuzfahrt-Tourismus anhaften. Auch ich habe so gedacht, habe all die müde belächelt, die von ihrer letzten Schiffsreise schwärmten. Nun habe […]

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Kreuzfahrtschiffe sind schwimmende Seniorenresidenzen. Jede Minute ist durchgetaktet, kein Platz für Individualität. Und am Buffet türmen die Leute Berge von Essen auf ihre Teller – die reinste Massenabfertigung. Das sind nur einige Vorurteile, die dem Kreuzfahrt-Tourismus anhaften. Auch ich habe so gedacht, habe all die müde belächelt, die von ihrer letzten Schiffsreise schwärmten. Nun habe ich selbst eine gemacht. Und all meine Vorurteile über Bord geworfen. Naja, fast alle.

Es ist dieser eine Moment, der meine Sichtweise um 180 Grad verändert. Ich stehe an der Holzreling, die mich vor dem Fall in die Tiefe bewahrt, und blicke auf die hellweisen Kreidefelsen von Dover, die langsam am Horizont verschwinden. Die Sonne geht gerade unter und taucht den Himmel in ein blasses Rosa. Über das Deck weht ein kühler Wind, die Wellen wiegen das Schiff in einem sanften Takt hin und her. Sechs Tage war ich unterwegs – eine Minikreuzfahrt von Amsterdam über Brügge, Dover, Le Havre und Hamburg nach Bremerhaven. In dieser Zeit hatte ich ausreichend Gelegenheit, die fünf häufigsten Vorurteile über Kreuzfahrten zu überprüfen.

  1. Kreuzfahrten sind nur etwas für Ältere.

Dieses Vorurteil hält sich besonders hartnäckig: Die meisten Kreuzfahrtpassagiere sind jenseits der 70. Falsch. Das Durchschnittsalter der deutschen Schiffsreisenden liegt bei rund 50 Jahren. Mein Eindruck lag genau dazwischen, die meisten Passagiere dürften um die 60 gewesen sein. Klar waren auch Kinder und Jugendliche dabei, doch die Mehrheit war eindeutig fortgeschrittenen Alters. Ich erinnere mich noch gut an ein Erlebnis in der sogenannten „Disco“ des Schiffes. Bei den Beats, die aus der Eingangstür wummerten, hatte ich Folgendes erwartet: Junge Menschen, die die Nacht zum Tag machen. Die Realität sah etwas anders aus: Zwei ältere Herren, die mit ihren halbvollen Rotweingläsern über die Tanzfläche schunkeln. Wie alt die Passagiere auf einem Kreuzfahrtschiff sind, hängt von der Route, aber auch von der Reederei ab, erzählt mir ein Reiseblogger, der jeden Monat auf irgendeiner Kreuzfahrt ist. Man sollte sich also vorher informieren. Und wer als junger Mensch im Urlaub feiern möchte, sollte eine entsprechende Party-Kreuzfahrt buchen.

2. Auf großen Kreuzfahrtschiffen spüre ich das Meer doch gar nicht.

Seekrank werde ich bestimmt nicht, den Wellengang bekomme ich doch kaum mit, habe ich mir vor der Reise gedacht. Denkste! Am vierten Tag erwischte es mich: Das Schiff schaukelte so stark, dass man kaum noch aufrecht durch die Gänge laufe konnte. Beim Abendessen wurde mir so übel, dass ich mich auf meine Kabine verkroch, eine Tablette einschmiss und die Decke über den Kopf zog. Merke: Die Seekrankheit kann jeden erwischen – auch auf einer Kreuzfahrt.

3. Individuelles Reisen sieht anders aus.

Meine Vorstellung sah ungefähr so aus: Nach dem Einlaufen drängen sich die Passagiere in einen Bus, der sie in der nächsten City wieder ausspuckt. Dort rasen die Leute mit gezückter Kamera von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten und laufen einem Guide hinterher, der im Schnelldurchlauf ein paar Jahreszahlen herunterrattert. So kann das sein. Muss es aber nicht. Denn die Ausflüge, die die Reedereien ihren Passagieren anbieten, sind immer nur ein Angebot, niemals aber Pflicht. Wer seiner Reise mehr Individualität verleihen möchte, der bucht seine Stadtrundgänge entweder selbst oder erkundet die Stadt auf eigene Faust. Wichtig: Ein Kreuzfahrtschiff ist kein Gefängnis. Wer an Land gehen will, macht es. Wer nicht will, lässt es bleiben. Während die meisten Passagiere in Dover auf das Auslaufen warteten, nutzte ich die verbleibende Zeit – rund drei Stunden -, um durch das Hafengelände zu streifen. Wichtig: Wer alleine loszieht, sollte daran denken, wieder pünktlich am Schiff zu sein.

4. Auf Kreuzfahrtschiffen geht es steif zu: Anzug oder Abendkleid sind Pflicht.

Kein Einlass ohne weißes Hemd und schwarzen Anzug – das war vielleicht einmal. Heute geht es auf den meisten Kreuzfahrtschiffen eher leger zu. In den Buffet-Restaurants, so habe ich es erlebt, saßen viele Passagiere auch am Abend noch in T-Shirt und kurzer Hose. Mit Ausnahme vom Galadinner: Hier erschienen manche mit Schlips und Kragen, andere wiederum löffelten in gewohnter Freizeitkleidung ihre Kürbiscremesuppe. Auch bei der Kleidung gilt also: Jeder trägt am besten das, worin er sich am wohlsten fühlt. Man ist schließlich im Urlaub.

5. Auf Kreuzfahrtschiffen werden massenweise Lebensmittel verschwendet.

Jeder kennt diese Menschen, die am Buffet durchdrehen. Die so viel auf ihren Teller häufen, dass man glaubt, sie hätten seit Tagen, nein, seit Wochen nichts gegessen. Wenig später wandern die Teller fast unberührt wieder zurück in die Küche – Lebensmittelverschwendung par excel·lence! Solche Szenen blieben mir zum Glück erspart. Die Reederei hat vor einiger Zeit ihr Konzept geändert. Schilder auf den Tischen empfehlen mir dezent, aber bestimmt: „Taste, don’t waste!“ Zusätzlich sind die Portionen im Bedienrestaurant kleiner geworden. Essen, das übrig bleibt, wird am Ende der Reise an Bedürftige verteilt. erzählt mir der Küchenchef. Bei den Reedereien setzt offenbar ein Umdenken ein. Gut so.

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Wirklich nachhaltig? Dieses Fisch-Siegel ist fragwürdig https://nordkind.blog/unser-norden/wirklich-nachhaltig-dieses-fisch-siegel-ist-fragwuerdig https://nordkind.blog/unser-norden/wirklich-nachhaltig-dieses-fisch-siegel-ist-fragwuerdig#respond Mon, 11 Jun 2018 16:13:13 +0000 https://nordkind.blog/?p=14236 Wir Norddeutschen lieben Fisch. Der Lachs auf dem Brötchen, die Forelle in der Pfanne oder die Krabben vom Kutter – von Fisch bekommen wir nicht genug. Das Problem: Inzwischen gelten laut der Umweltschutzorganisation WWF 30 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt und 57 Prozent als maximal genutzt. Viele achten deshalb im Supermarkt auf das […]

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Wir Norddeutschen lieben Fisch. Der Lachs auf dem Brötchen, die Forelle in der Pfanne oder die Krabben vom Kutter – von Fisch bekommen wir nicht genug. Das Problem: Inzwischen gelten laut der Umweltschutzorganisation WWF 30 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt und 57 Prozent als maximal genutzt. Viele achten deshalb im Supermarkt auf das sogenannte MSC-Siegel. Der Marine Stewardship Council verspricht, dass nur nachhaltig gefangener Fisch das blaue Siegel bekommt. Darauf können Verbraucher jedoch nicht vertrauen, erklärt Thilo Maack, Biologe bei Greenpeace, im Interview.

Ein blaues Logo mit einer Fisch-Silhouette auf der Verpackung, das zeigt mir: Hier steckt Nachhaltigkeit drin. Zumindest theoretisch. Doch die MSC-Zertifizierung steht massiv in der Kritik. Zu Recht?
Aus unserer Sicht ist es so, dass die MSC-zertifizierten Fischereien letztlich immer noch besser sind als die, die nicht zertifiziert sind. Der Verbraucher kann jedoch nicht absolut sicher sein, dass der Fisch tatsächlich auch nachhaltig gefangen wurde. Der MSC zertifiziert prozessorientiert. Wenn eine Fischerei einen Plan vorlegt, wie sie nachhaltiger werden will, bekommt sie schon das Siegel – also Vorschusslorbeeren für ein Versprechen auf dem Papier. Aus Greenpeace-Sicht ist das Verbrauchertäuschung. Denn das ist so, als würde ein Arzt einen schwer Übergewichtigen für normalgewichtig erklären, wenn dieser ihm nur einen Diätplan präsentiert.

Thilo Maack, Biologe bei Greenpeace (Foto: Greenpeace)

Seit 2014 dürfen die Fischer in der EU Beifang nicht mehr über Bord werfen. Eine Studie hat ergeben, dass fast ein Viertel der untersuchten MSC-Fischereien nicht den Anforderungen dieser Anlandepflicht entsprechen.
Das Problem ist, dass es bestenfalls stichprobenartige Kontrollen gibt. Und die Strafen sind so gering, dass die Fischer sie nach wie vor in Kauf nehmen. Womit sie sich aber ins eigene Fleisch schneiden. Sie werfen in erster Linie Jungfische zurück und die Wissenschaftler, die die Fangquoten festsetzen sollen, wissen später nicht, wie hoch die Bestände in Wirklichkeit sind. Das ist der eine Aspekt. Der andere ist das sogenannte Highgrading: Ein Fischer behält nur die Speisefischarten, die ihm das meiste Geld einbringen. Wenn er die Laderäume mit hochpreisigem Fisch befüllen kann, dann wird er den Fisch, der eigentlich perfekt essbar, aber weniger wert ist, einfach zurückwerfen – tot oder sterbend. Diese Praxis ist in in einigen Teilen der EU immer noch gang und gäbe. Es gibt aber auch positive Beispiele: In Norwegen wird die Anlandepflicht rigoros kontrolliert, Verstöße werden drakonisch bestraft.

Wenn so viele Fischereien gegen die Anlandepflicht verstoßen: Wieso entzieht der MSC ihnen das Siegel nicht wieder?
Weil der MSC mit den Zertifizierungen viel Geld verdient. Und die Zertifizierer werden bezahlt von den Fischereien. Das heißt, der Zertifizierer hat ein Interesse daran, dass eine Fischerei MSC-zertifiziert wird. Dieses System ist ein großer Fehler.

Wie könnte man die Anlandepflicht effektiver kontrollieren?
Letztendlich weiß die Wissenschaft, welche Arten von Beifängen die Fischerei erzeugt. Wenn ein klassischer Schollenfischer, der mit einem Grundschleppnetz fängt, ohne Beifang, ohne Kabeljau und Stint an Land kommt, kann das nicht mit rechten Dingen zugehen. Hat er keine anderen Fische im Netz, muss er zahlen. Der Königsweg wäre der, dass man Pufferzonen im Meer schafft, in denen gar keine Fischerei stattfindet. Wo sich die Meernatur regenerieren kann.

Der MSC zertifiziert auch Fischereien, die umstrittene Fangmethoden wie bodenberührende Grundschleppnetze verwenden. Was sagen Sie dazu?
Solche Grundschleppnetze, die nachweislich den Meeresboden schädigen, sind nicht mit einem Nachhaltigkeitssiegel vereinbar. Wir brauchen dringend selektivere Fangmethoden. Die schwedischen Fischer etwa setzen Dorschfallen ein, mit denen sie ausschließlich Dorsche fangen. Andere Fische springen nicht auf die Köder an oder passen nicht in die Öffnung der Fallen. Das ist aus unserer Sicht eine vollkommen nachhaltige Fangmethode.

Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020 ein Ende der Überfischung zu erreichen. Für wie realistisch halten Sie das?
Das Ziel wird verfehlt, garantiert. Als die Fischereireform im Januar 2014 in Kraft getreten ist, haben wir gefeiert. Es war das erste Mal, dass das EU-Parlament einen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gegangen ist. Man legte fest, dass die Fangquoten nur so hoch sein dürfen, wie es die Wissenschaft empfiehlt. Die Realität sieht heute leider anders aus.

Woran kann ich denn nun als Verbraucher nachhaltig gefangenen Fisch erkennen – wenn nicht durch das MSC-Siegel?
Wir haben dafür einen Einkaufsratgeber entwickelt mit Empfehlungen. Greenpeace schaut: Welche Speisefische sind auf dem Markt? Wie geht es den Beständen? Und wie werden sie gefangen? Wenn der Verbraucher den Ratgeber nicht in der Tasche oder keine Zeit hat für lange Überlegungen an der Fischtheke, dann sind die MSC-zertifizierten Produkte im Zweifel immer noch die beste Wahl.

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