Menschen – NORDKIND https://nordkind.blog Wed, 18 Dec 2019 23:12:03 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.3.2 https://nordkind.blog/wp-content/uploads/2017/04/cropped-favicon-32x32.png Menschen – NORDKIND https://nordkind.blog 32 32 Meine WG macht mich zum Vegetarier https://nordkind.blog/menschen/meine-wg-macht-mich-zum-vegetarier Wed, 18 Dec 2019 22:57:16 +0000 https://nordkind.blog/?p=21216 “Du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst.” Das hat der amerikanische Motivationstrainer Jim Rohn mal gesagt. Ich kann mit solchen Selbsthilfe-Sprüchen wenig anfangen. Trotzdem muss ich zugeben: Ganz Unrecht hat Jim Rohn nicht.  Als ich vor gut zwei Monaten noch zu Hause gewohnt habe, kam regelmäßig Fleisch auf […]

Der Beitrag Meine WG macht mich zum Vegetarier erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
“Du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst.” Das hat der amerikanische Motivationstrainer Jim Rohn mal gesagt. Ich kann mit solchen Selbsthilfe-Sprüchen wenig anfangen. Trotzdem muss ich zugeben: Ganz Unrecht hat Jim Rohn nicht. 

Als ich vor gut zwei Monaten noch zu Hause gewohnt habe, kam regelmäßig Fleisch auf den Tisch. Und ich habe immer gerne mitgegessen. Zwischen Abi und Studium habe ich dann aus Neugier mal einen veganen Monat eingelegt und dabei folgendes gelernt: Schmeckt gut, ist machbar — aber leider auch echt anstrengend. Das dauernde Gekoche, die Tupperware als ständiger Begleiter … aus Bequemlichkeit bin ich dann zur Mischkost zurückgekehrt.

Neue Stadt, neues spiel

Vor knapp zwei Monaten bin ich schließlich nach Bremerhaven gezogen. In eine WG, wir sind zu viert, alle Anfang zwanzig. Hier isst praktisch niemand Fleisch. Und siehe da: Seit gut einem Monat ernähre auch ich mich vegetarisch. Nicht, dass ich mir das vorgenommen hätte, es ist mir einfach so passiert. Ganz unbewusst habe ich den neuen Speiseplan übernommen.

Essen ist Geselligkeit

Gemeinsam kochen und essen, das bockt einfach. Da brauche ich keine Extrawurst. Ich war nie ein Meathead, der Verzicht auf Fleisch ist mir bislang überhaupt nicht schwer gefallen. Lange Zeit hab ich ihn ja nicht einmal bemerkt.

Und jetzt?

Jetzt frage ich mich natürlich: Wie weit kann ich diese wunderbare Wandelbarkeit treiben? Welch ungewecktes Potenzial schlummert noch in mir? Für meine Mitbewohner ist die ganze Geschichte natürlich keine gute Nachricht. Ich arbeite gerade daran, sie durch fünf Zehnkämpfer zu ersetzen.

Der Beitrag Meine WG macht mich zum Vegetarier erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Weil er Menschen rettete, drohen ihm 20 Jahre Haft https://nordkind.blog/menschen/weil-er-menschen-rettete-drohen-ihm-20-jahre-haft Wed, 08 May 2019 14:56:05 +0000 https://nordkind.blog/?p=19957 Hendrik Simon hat Menschenleben gerettet. Insgesamt sechs Mal war der Seenotretter aus Bremen im zentralen Mittelmeer im Einsatz. Weil er die Nachrichten und Bilder von den ertrunkenen Geflüchteten nicht länger ertragen konnte. Deshalb fuhr er mit anderen Helfern vor die libysche Küste, steuerte das Beiboot, verteilte Schwimmwesten und brachte die Menschen zum Rettungsschiff. Dafür drohen […]

Der Beitrag Weil er Menschen rettete, drohen ihm 20 Jahre Haft erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>

Hendrik Simon hat Menschenleben gerettet. Insgesamt sechs Mal war der Seenotretter aus Bremen im zentralen Mittelmeer im Einsatz. Weil er die Nachrichten und Bilder von den ertrunkenen Geflüchteten nicht länger ertragen konnte. Deshalb fuhr er mit anderen Helfern vor die libysche Küste, steuerte das Beiboot, verteilte Schwimmwesten und brachte die Menschen zum Rettungsschiff. Dafür drohen dem selbstständigen Software-Entwickler jetzt 20 Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft in Italien ermittelt gegen ihn und weitere Mitglieder der “Iuventa”-Crew. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Einreise. Hendrik Simon versteht die Welt nicht mehr. Menschen aus Seenot zu retten, das soll illegal sein? Der 43-Jährige ist überzeugt: “Wir haben das Richtige getan.”

Dass gegen ihn und weitere Mitglieder der „Iuventa“-Crew persönlich ermittelt wird, hat Simon im Juli 2018 erfahren. „Scheiße. Das war mein erster Gedanke, als ich den Brief von der Staatsanwaltschaft gelesen habe.“ Mittlerweile hat er den ersten Schock verdaut. „Wir gehen jetzt in die Offensive“, sagt er. „Wir werden diesen Prozess führen, und zwar so öffentlich wie möglich.”

Rettungsschiff wurde beschlagnahmt

Es war die Nacht zum 2. August 2017. Hendrik Simon hat das Datum noch genau im Kopf. Die italienischen Behörden beschlagnahmten damals die „Iuventa“, das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation „Jugend Rettet“. Mit der Begründung, die Nichtregierungsorganisation (NGO) mache mit den Schleppern auf dem Mittelmeer gemeinsame Sache. Die “Iuventa“ rettete seit Juli 2016 mehr als 14.000 Menschen das Leben. Und sie könnte noch mehr retten, sagt Simon. Könnte. „Das Schiff liegt zurzeit in einem Hafen von Sizilien an der Kette, festgesetzt, darf nicht auslaufen.“

Die Anwälte in Italien haben ihm und den anderen Helfern geraten, vorerst nicht mehr aufs Mittelmeer zu fahren. „Dann nämlich wären wir Wiederholungstäter und könnten in Untersuchungshaft kommen.“ Insgesamt sechsmal war Hendrik Simon zwischen September 2016 und Mai 2018 im Einsatz auf dem Mittelmeer – auf drei verschiedenen Schiffen. Freunde von Simon, die eine NGO gegründet hatten, fragten ihn, ob er mitfahren wollte. „Für mich war es klar, dass ich helfe. Denn ich bin selbstständig, habe die Zeit dafür.“

Menschen waren dehydriert

Er erinnert sich noch gut an seinen ersten Einsatz. Die Bilder von den Menschen in den Schlauchbooten haben sich in seinen Kopf gebrannt. Sie waren dehydriert, erzählt Simon. Weil sie schutzlos, der prallen Sonne ausgesetzt, stunden-, tagelang auf dem Wasser trieben. „Einige hatten Schusswunden. Andere hatten schwere Verbrennungen von einem Gemisch aus Salzwasser und Benzin, das sich am Boden der Boote gesammelt hatte. Das verätzt die Beine, das Gesäß.” Der erste Mensch, den Hendrik Simon an Bord nahm, war ein junges Mädchen. Zuerst dachte er, sie sei bewusstlos. Ein Irrtum. Sie war tot, wahrscheinlich schon mehrere Stunden zuvor erstickt.

Hendrik Simon sagt, die Einsätze auf dem Mittelmeer hätten sein Leben verändert, seine Sichtweise auf manche Dinge. „Ich sehe viele Sachen in meinem Alltag jetzt deutlich entspannter. Mir wurde bewusst, in was für einer privilegierten Gesellschaft wir leben und dass unsere Probleme eigentlich keine sind. Die Menschen, die auf den Booten im Mittelmeer schippern, die haben essenzielle Probleme und nicht wir.“

Solange es keine legalen Einreisewege nach Europa gibt, brauchen wir eine europäische Seenotrettungsmission.

Mit jedem Einsatz wuchs auch die Wut bei Hendrik Simon. Auf die Politik und auf eine Europäische Union, die den Menschen tatenlos beim Ertrinken zusieht. „Ich bin aufs Mittelmeer gefahren im Wissen, dass die EU verantwortlich ist für das, was da passiert.” Am 26. Mai ist Europawahl und wer Hendrik Simon nach seinen Forderungen an die europäische Politik fragt, der hört eine klare Antwort. Erstens: die Entkriminalisierung der Seenotrettung – „die Schiffe müssen wieder auslaufen dürfen“. Zweitens: „Solange es keine legalen Einreisewege nach Europa gibt, brauchen wir eine europäische Seenotrettungsmission.“ Und drittens: „Es muss Schluss sein mit dem Gefeilsche um die Geretteten.“

Dass die EU im Frühjahr angekündigt hat, die Seenotrettung mit Schiffen im Rahmen der „Sophia“-Mission einzustellen, kam für Simon wenig überraschend. „Das ist nur eine logische Konsequenz aus den vergangenen Monaten. Ja, die Mission hat Menschen gerettet. Aber das Hauptziel war immer die Bekämpfung der Schleuser”, betont Hendrik Simon. Jetzt also werden die Aktivitäten der Schleuser nur noch aus der Luft beobachtet. Das heißt? „Die EU sieht die Boote und informiert die libysche Küstenwache, die die Menschen dann zurückschleppt in das Elend und in die Folterlager, aus denen sie geflohen sind.“

Der Beitrag Weil er Menschen rettete, drohen ihm 20 Jahre Haft erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Der Auftragslügner https://nordkind.blog/menschen/der-auftragsluegner Sat, 30 Mar 2019 10:53:54 +0000 https://nordkind.blog/?p=19505 „Wir nehmen den Leuten das Lügen ab“, sagt Stefan Eiben mit einem verschmitzten Lächeln in den grau-blauen Augen. Er schlägt die Beine über und lehnt sich entspannt in seinem Sessel zurück: „Im Grunde denken sich alle ständig Alibis aus – der Akku war leer, der Wagen sprang nicht an. Ich war nur der Erste, der […]

Der Beitrag Der Auftragslügner erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
„Wir nehmen den Leuten das Lügen ab“, sagt Stefan Eiben mit einem verschmitzten Lächeln in den grau-blauen Augen. Er schlägt die Beine über und lehnt sich entspannt in seinem Sessel zurück: „Im Grunde denken sich alle ständig Alibis aus – der Akku war leer, der Wagen sprang nicht an. Ich war nur der Erste, der das für andere gemacht hat.“ Vor 20 Jahren gründete Eiben die weltweit erste Alibiagentur. Seitdem ist er Deutschlands gefragtester Auftragslügner.

Ob für den Seitensprung, eine Geburtstagsüberraschung oder eine Auszeit vom Alltag – der 44-Jährige verschafft seinen Kunden wasserdichte Alibis für fast jede Lebenssituation. „Ich bin, wie die meisten Menschen, ein ganz schlechter Lügner“, sagt Eiben. „Man steht dabei so sehr unter Druck, dass man sich ungewollt auffällig verhält. Aber eine Lüge, die sich beweisen lässt, glaubt jeder“, ist er überzeugt. Und genau das bietet seine Alibiagentur, die in Bremen sitzt: Profi-Lügen, die so perfekt durchdacht sind, dass sie nicht auffliegen – es sei denn, man entscheidet sich selbst dazu, sein Geheimnis preiszugeben, so der Agentur-Gründer.

Vor 20 Jahren gründete Stefan Eiben die Alibiagentur. Foto: Hartmann ()

Vom verlorenen Abend zum Start-up

Dass Stefan Eiben irgendwann das weltweit führende Alibi-Unternehmen leiten würde, hätte sich der gelernte Informatiker aus Oldenburg selbst in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Denn eigentlich begann alles nur mit einem verlorenen Samstagabend: Der damals 25-jährige Eiben war mit zwei Freunden zum Männerabend verabredet – und wurde kurz vorher versetzt: „Weil deren Freundinnen nicht wollten, dass sie weggehen“, erzählt Eiben kopfschüttelnd. „Ich dachte mir, das kann doch wohl nicht wahr sein, dass sich erwachsene Männer ihre Pläne verbieten lassen.“ Für den freiheitsliebenden Stefan Eiben war das Verhalten seiner Freunde und deren Freundinnen völlig unverständlich.
Wütend setzte er sich an seinen Computer und programmierte eine Internetseite: Die Alibiagentur sollte Männern wie seinen Freunden Vorwände liefern, um der Freizeitbeschäftigung ihrer Wahl nachgehen zu können. „Das war überhaupt nicht als Geschäftsidee angelegt“, erinnert er sich. Nur wenige Wochen später bekam er einen Anruf von BBC. „Ich dachte, da will mich einer veräppeln, und habe aufgelegt. Aber dann riefen sie wieder an und ich habe mein erstes Interview auf Englisch gestammelt“, lacht der Unternehmer. „Dabei hatte ich noch gar keine Kunden.“ Doch auch die ließen nicht lange auf sich warten.
Anders als vermutet, waren es allerdings keine Seitensprünge, die er vertuschen sollte, sondern ganz harmlose Geschichten: „Einer meiner ersten Kunden war ein Mann, der seiner Freundin einen Heiratsantrag machen wollte. Um diesen vorzubereiten, brauchte er zwei freie Abende – hätte er einfach behauptet, Überstunden zu machen, wäre seine Freundin misstrauisch geworden“, erinnert er sich.
Heute, knapp 20 Jahre nach dem Blitzstart der Agentur, wäre dieser Job nur eine Kleinigkeit für den Profi. Die Liste der möglichen Alibis ist lang geworden: gefakte Fotos, Facebook-Freunde oder Anrufe, anonyme Hotelbuchungen und manipulierte Lügendetektortests sind nur wenige Beispiele. Für die kniffligeren Fälle gibt es maßgeschneiderte Alibis. Denn um über Jahre hinweg ein Doppelleben zu führen, muss die Agentur ein dauerhaft funktionierendes Lügenkonstrukt erstellen. Ihr längster Kunde führt seit 16 Jahren ein Leben mit zwei Frauen: seiner Ehefrau und einer weiteren Partnerin, die auch verheiratet ist. Durch die Alibiagentur blieb seine Lebenslüge über all die Jahre unentdeckt: „Wir haben für ihn einen beruflichen Grund geschaffen, warum er in regelmäßigen Abständen verreisen muss“, verrät der Agentur-Chef.
Auf die Frage, warum man sich in solchen Situationen nicht scheiden ließe, zuckt Eiben nur mit den Achseln: „Das habe ich mich am Anfang auch gefragt, aber nach 20 Jahren weiß ich: Eine Scheidung ist sehr schwierig. Viele können sich das schon aus finanziellen Gründen gar nicht leisten.“

Ungewöhnliche Lebenslagen

Unzählige Geschichten hat Eiben in all den Jahren gehört – Geheimnisse, die kein Mensch außer ihm je erfahren durfte. Für seine Kunden ist er eine Vertrauensperson und diese Aufgabe erfüllt er mit großer Gelassenheit und viel Verständnis für ungewöhnliche Lebenslagen. Die berufliche Routine hat sich inzwischen sogar in sein Privatleben übertragen: „In meinem Freundeskreis bin ich der Zuhörer für diskrete Themen“, erzählt er lächelnd.
Trotzdem, langweilig werde es nie, denn: „Kein Fall ist wie der andere“, sagt der Gründer. Ob Dominas, die von der Großstadt ins Dorf gezogen sind und nicht an den Rand der Gemeinschaft gedrängt werden wollen, Homosexuelle, die Angst vor der Reaktion ihrer Familie haben, oder Krebskranke, die ihre Krankheit verheimlichen wollen: „Es kommt gar nicht so häufig vor, dass wir tatsächlich den klassischen Seitensprung vertuschen sollen“, sagt er. „Aber auch dann ist nicht alles schwarz-weiß. Der typische Seitenspringer kommt nicht zu uns, sondern macht es einfach. Diejenigen, die sich bei uns melden, haben häufig sehr komplizierte Hintergrundsituationen“, erklärt er. Moralische Bedenken habe er daher keine. Im Gegenteil, er hätte welche, wenn er den Job nicht machen würde, denn dann ließe er die Menschen mit ihren Problemen alleine: „Einmal haben wir einer Frau geholfen, deren Mann querschnittsgelähmt ist. Er hatte ihr die Erlaubnis gegeben, mit einem anderen Mann Sex zu haben, aber sie wusste, dass ihn das verletzen würde. Sie wollte ihn nicht in dem Wissen zurücklassen, dass sie einen anderen Mann trifft. Bei solchen Geschichten bekomme ich Gänsehaut“, erzählt Eiben leidenschaftlich und sagt: „Was moralisch verwerflich ist, muss jeder für sich selbst wissen, aber ich maße mir nicht an, darüber zu entscheiden.“

Dennoch gibt es Grenzen für die Hilfsbereitschaft der Agentur. Einige Jobanfragen hat selbst der routinierte Auftragslügner abgelehnt: „Ein Mann wollte, dass wir mit seiner Freundin Schluss machen, weil sie von ihm schwanger geworden ist. Das geht gar nicht“, entrüstet er sich. Trotzdem hat Eiben nie den Glauben an das Gute im Menschen verloren. Die Mehrheit seiner Kunden wenden sich nicht aus selbstsüchtigen Gründen an ihn, sondern, um sich harmlose Wünsche zu ermöglichen, oder um andere zu schonen. Auch ein Kunde, der ihn ab und an beauftragte, die Häkeldecke seiner Frau zu bestellen. Mit Leidenschaft betrieb sie einen Online-Shop für die selbst gemachte Ware, doch lange Zeit gab es keine Käufer. Um ihr Mut zu machen, entschloss sich ihr Mann, Schein-Bestellungen zu beauftragen.
Um der Vielzahl von unterschiedlichen Kundenwünschen gerecht zu werden, arbeiten neun feste und über 2000 freie Mitarbeiter in Deutschland, Österreich und der Schweiz für das Unternehmen. „Wir haben so viele Mitarbeiter, weil wir unterschiedliche Stimmen und Typen brauchen“, so Eiben. „Wenn ein Kunde die Stimme seiner 80-jährigen Oma mit bayrischem Akzent für einen Scheinanruf braucht, dann liefern wir die“, sagt er. Häufig sind die freien Mitarbeiter Schauspielschüler. Für die sei es das perfekte Training, wenn sie beim Familienbesuch die Freundin eines Kunden spielen müssten. Zudem sind in ihrer Kartei etwa 100 Partnerfirmen gelistet, die für Alibis zur Verfügung stehen. So kann die Agentur ihren Kunden sogar Fake-Jobs in realen Unternehmen zu vermitteln. „Wir hatten einen asiatischen Kunden, der am Fließband arbeitete und viel Geld verdiente. Doch in Asien ist diese Arbeit unter der Würde und deshalb durften seine Eltern nichts davon erfahren. Wir haben ihm dann einen Schreibtischjob bei einer echten Firma beschafft, wo er sogar von seiner Familie besucht werden konnte“, erzählt Eiben.

Der Gründer expandiert nach Spanien und Stephan Drabinski übernimmt die Leitung der Agentur in Bremen. Foto: Hartmann ()

Treue ist mir wichtig

Das Geschäft mit den großen und kleinen Lügen läuft gut. Noch in diesem
Jahr eröffnet der Bremer Unternehmer ein zweites Büro an der Costa Blanca – gemeinsam mit seiner spanischen Lebensgefährtin. Obwohl sie weiß, dass er ein professioneller Schwindler ist, sei sie nicht besonders eifersüchtig, sagt er. „Das muss sie auch nicht sein, weil mir Treue sehr wichtig ist.“ Auch wenn er für seine Kunden die perfekten Lügengeschichten kreiert, für sich selbst könnte er das nicht tun: „Ich bin grundsätzlich ein ehrlicher Mensch – und mir kann jeder die Wahrheit sagen, ohne dass ich beleidigt bin. Außerdem würde meine Freundin es mir sowieso ansehen, wenn ich lüge.“

Der Beitrag Der Auftragslügner erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
#fuckcancer https://nordkind.blog/menschen/fuckcancer Fri, 01 Mar 2019 08:03:25 +0000 https://nordkind.blog/?p=19216 Fenja macht gerade „Pause“ von ihrem bisherigen Leben. Wie lange genau, das weiß die 22-Jährige noch nicht. Wahrscheinlich ein Jahr, vielleicht auch ein bisschen länger, das muss man dann sehen. Was nach einem spaßigen Sabbatical klingt, ist todernst – im wahrsten Sinne des Wortes. Die erschreckende Diagnose kam kurz vor Weihnachten: Leukämie. Bis dahin hat […]

Der Beitrag #fuckcancer erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Fenja macht gerade „Pause“ von ihrem bisherigen Leben. Wie lange genau, das weiß die 22-Jährige noch nicht. Wahrscheinlich ein Jahr, vielleicht auch ein bisschen länger, das muss man dann sehen. Was nach einem spaßigen Sabbatical klingt, ist todernst – im wahrsten Sinne des Wortes. Die erschreckende Diagnose kam kurz vor Weihnachten: Leukämie. Bis dahin hat Fenja ein ganz normales Leben geführt. Die gebürtige Wremerin geht gerne shoppen, ist für jeden Spaß zu haben und studiert „Medien und Information“ in Hamburg – eigentlich. Doch seit einigen Wochen ist das Krankenhaus in Bremen-Mitte ihr neues Zuhause. Gegen die Langeweile im Krankenhaus bloggt sie auf ihrer Internetseite „fenjaharms.com“. Mit ihren Beiträgen will sie anderen Betroffenen Mut machen.

Moin, Moin. Ich bin Fenja. Ein absolutes Küstenkind und komme direkt von der Nordsee. Wie alle kleinen Blogger-Mäuschen stehe ich auf Mode und Essen. Ich meine, wer tut das nicht?“ So stellt Fenja sich ihren Lesern vor. Das klingt erstmal nach einem ganz normalen Blog einer ganz normalen 22-Jährigen. Doch dann schreibt Fenja über Haarausfall, die Sehnsucht nach dem eigenen Bett und davon, wie schwer es ist, seine Familie und Freunde nicht in den Arm nehmen zu dürfen.

Es fing mit einer harmlosen Erkältung an und endete mit der Diagnose Blutkrebs. „Irgendwie wollte man das gar nicht realisieren, dass sie das wirklich hat. Aber irgendwann muss man das ja“, beschreibt Fenjas Freund Christopher seine Reaktion nach der erschreckenden Nachricht – die er übrigens per WhatsApp erhielt. Noch am selben Tag musste Fenja ins Krankenhaus. Das war wie ein Schlag ins Gesicht, schreibt sie auf ihrem Blog: „Jeder hat mal Pech, nun habe ich halt einfach mal richtig viel Pech gehabt. Und gerade ist es halt besonders Scheiße.“ Sieben Wochen lang bestimmten von da an Untersuchungen und die Chemotherapie ihren Alltag. Fenjas Besuch durfte ihr Zimmer meistens nur mit Mundschutz betreten und musste möglichst Abstand halten. Alles zu ihrem Schutz: „Bei der Chemo wird mein Immunsystem ziemlich heruntergefahren“, erklärt sie. Wenn sie sich mit irgendwelchen Viren anstecken würde, wäre das fatal für Fenja – es würde die ganze Therapie verzögern.

#nohairdontcare

Über 2000 Follower verfolgen Fenjas Weg auf Instagram. Auf dem „Schöne-Welt-Netzwerk“ zeigt sie die nackte Wahrheit: „Wenn ich mit meiner Krankheit schon in die Öffentlichkeit gehe, dann will ich auch die Realität zeigen und dazu gehört eben auch meine Glatze.“ Ohne Haare, aber stärker denn je – so präsentiert sich das hübsche Nordkind auf einem Foto zum Weltkrebstag. Schläuche hängen ihr aus dem Hals – ihr zentraler Venenkatheter. Darüber werden die Medikamente – „das Gift“, wie Fenja es nennt – direkt ins Blut gepumpt. „Krebs ist ein Arschloch!“ schreibt sie unter dem Post.

„Nach den ersten sechs Wochen im Krankenhaus ist mir die Decke auf den Kopf gefallen. Das war wirklich das Schwerste bisher. Da dachte ich die ganze Woche nur, ich will nach Hause, ich will nach Hause, ich will nach Hause, ich will hier nicht mehr sein, ich will nach Hause.“

#Heimat

Gerade genießt Fenja die Zeit mit ihrem Freund in Bremerhaven. Der Venenkatheter ist vorerst raus, am Hals bleibt eine Narbe zurück. „Zuhause fühle ich mich wie die alte Fenja, nicht wie die Kranke“. Nach feiern, so wie früher, ist ihr trotzdem nicht zumute. Fenja will einfach ganz normale Dinge machen: kochen, Serien schauen und spazieren gehen. Selbst den Geschirrspüler auszuräumen gibt ihr das Gefühl, ein ganz normales Leben zu führen – zumindest bis Anfang März. Dann zieht Fenja wieder zurück ins Krankenhaus, ihrem anderen, neuen Zuhause. Dort hat sie schon Weihnachten, Silvester und ihren eigenen Geburtstag verbracht. Und es werden dieses Jahr über noch viele Tage folgen. „Alle meine Freunde studieren oder arbeiten und ich kann gerade nichts machen“, sagt Fenja etwas bedrückt. Wie es nach ihrer Therapie weiter gehen soll, weiß sie daher schon ganz genau. Erstmal will sie ihr Studium abschließen und danach arbeiten. Und darin sind Christopher und Fenja sich einig: „Wir wollen zusammen in eine schöne Wohnung ziehen. Halt einfach ein ganz normales Leben führen.“

“Du scheiß Krankheit, du nimmst mir jetzt vielleicht ein Jahr weg, aber mehr auch nicht!“

„Warum ich?“ Fenja hatte bisher genug Zeit im Krankenhaus, um darüber nachzudenken. „Auf das ,Warum ich?‘ habe ich tatsächlich keine Antwort gefunden, denn die Form von Leukämie, die ich habe, die kann jeden treffen. Meine Ärztin hat einmal gesagt, das war eine Zelle in meinem Körper, die quasi durchgedreht ist und der sind dann ganz viele weitere Zellen gefolgt.“ Fenja verträgt die Chemo zum Glück gut. Klar, manchmal ist sie schlapp, da wird schon das Anziehen zur Herausforderung. Aber Fenjas Körper schlägt auf die Medikamente an. So gut, dass sie wahrscheinlich keine Stammzellenspende benötigt. Doch sie erlebt im Krankenhaus immer wieder mit, wie andere Leukämie-Erkrankte sehnlichst auf den passenden Stammzellenspender warten. Darum liegt ihr die Registrierung möglichst vieler Menschen in den Spenderdateien am Herzen.

Bald beginnt Fenjas dritter Chemoblock. Wie lange sie dieses Mal im Krankenhaus bleiben muss, ist noch unklar. Fenjas Familie, Christopher und ihre Freunde fahren also bald wieder regelmäßig nach Bremen. Die 22-Jährige war bisher keinen Tag mit ihrer Krankheit allein. Jeden Tag wurde Fenja im Krankenhaus besucht. Das hilft ihr, mit der Situation umzugehen und in die Zukunft zu blicken: „Mein größter Wunsch ist, dass wenn ich mit der Chemo durch bin, auch wirklich durch bin und nie wieder in meinem Leben mit der Krankheit zu tun habe.“

Der Beitrag #fuckcancer erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Ein Herz für Tiere https://nordkind.blog/menschen/ein-herz-fuer-tiere Thu, 07 Feb 2019 16:45:26 +0000 https://nordkind.blog/?p=19037 „Lieber Gott, lass den Hund überleben“, wiederholt Corinna immer wieder. Rastlos und voller Verzweiflung dreht sie ihre Kreise im Wohnzimmer. „Wenn Kaida das überlebt, werde ich anderen Tieren helfen“, verspricht Corinna voller Verzweiflung, während die kleine Mischlingshündin in der Tierklinik in Bremen um ihr Leben kämpft. Ein anderer Hund hatte sie beinahe tot gebissen. Es […]

Der Beitrag Ein Herz für Tiere erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
„Lieber Gott, lass den Hund überleben“, wiederholt Corinna immer wieder. Rastlos und voller Verzweiflung dreht sie ihre Kreise im Wohnzimmer. „Wenn Kaida das überlebt, werde ich anderen Tieren helfen“, verspricht Corinna voller Verzweiflung, während die kleine Mischlingshündin in der Tierklinik in Bremen um ihr Leben kämpft.

Ein anderer Hund hatte sie beinahe tot gebissen. Es ist nun sechs Jahre her, dass Kaida nur noch ein Haufen Fell war. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Kläffend begrüßt mich der flauschige Terrier-Mix bei Corinna Mosebach. Als ich anfange die grau-braune Hündin unterm Hals zu kraulen, setzt sie sich zufrieden neben meinen Stuhl. Kaida lebt – und Corinna hat ihr Versprechen gehalten.

Ein Leben ohne Haustier ist möglich, aber sinnlos. – frei nach Loriot

Vor rund drei Jahren hat die 51-Jährige den Verein „Bremerhavener Haustierversorgung“ gegründet. Etwa 140 “Tierbekloppte”, wie Corinna sich und ihre Mitstreiter selbst nennt, sind schon dabei. Ihr Ziel: Tieren helfen. Corinna hatte schon davor das Tierheim Bremerhaven regelmäßig unterstützt. „Ich habe immer wieder erlebt, dass Menschen ihr Tier aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen abgeben mussten, weil sie ihm nicht mehr gerecht werden konnten.“ Das machte Corinna nachdenklich: „Wir wollen helfen, so dass die Leute ihr Tier behalten können.“

Hilfe für alle Felle

Und das sieht so aus: „Wenn zum Beispiel ein Mensch für eine Zeit ins Krankenhaus muss, organisieren wir für die Zeit einen Gassigeher oder Katzenbetreuer“, erklärt Corinna. Aber auch eine finanzielle Unterstützung ist möglich. So hat der Verein einer jungen Frau vor einigen Wochen das Weihnachtsfest gerettet. Hündin Kira musste zu der Zeit dringend tierärztlich behandelt werden. Das Geld für die überlebenswichtige OP konnte die Tierhalterin allerdings nicht so einfach aufbringen. „Wir haben die Tierarztkosten übernommen“, sagt Corinna. Damit war nicht nur das Weihnachtsfest, sondern gleich ein ganzes Leben gerettet.

Zu dem Angebot des Vereins gehört auch eine Tiertafel. Für etwa 1 Euro pro zwei Kilo Futter können Menschen mit einem sehr kleinen Budget Nahrung kaufen. Die Ausgabe erfolgt in der Regel bei den monatlichen „Schnattertreffen“ des Vereins. Wer Hilfe benötigt, kann sich einfach bei der Bremerhavener Haustierversorgung melden.

Auf leisen Pfoten kommen sie wie Boten der Stille, und sacht, ganz sacht, schleichen sie in unser Herz und besetzen es für immer mit aller Macht. – Eleonore Gualdi

Ihre Liebe zu den Tieren sei genetisch bedingt, sagt Corinna lachend und hofft auf weitere Mitglieder für den Verein. „Der Beitrag kostet einen Euro im Monat“, erklärt sie, „das kann sich wirklich jeder leisten.“ Doch leider musste sie in der Vergangenheit auch schon schlechte Erfahrungen machen. So wurden Kredite von den Hilfesuchenden nicht zurück gezahlt. Daher werden höhere Summen oftmals nur noch an Leute vergeben, die selbst bereits seit einigen Monaten Vereinsmitglieder sind.

Auch sogenannte Zeitspender werden immer gesucht. Egal, ob sich jemand als Gassigeher anbietet oder im Lager hilft – ohne Unterstützer geht es nicht. Geld generiert der Verein auf Märkten und über Facebook. „Wir basteln und verkaufen alles, was dekorativ ist“, erklärt Corinna. „Wir sind mittlerweile richtige Bastel-Profis“, sagt sie lachend. Den nächsten Stand mit Türkränzen, Gestricktem und Co. haben sie auf dem Frühlings- und Ostermarkt im Fischbahnhof Bremerhaven am 16. und 17. März.

Bremerhavener Haustierversorgung e. V.
Telefon: 0151/57533017
E-Mail: [email protected]
Facebook: www.facebook.com/Bremerhavener-Haustier-Versorgung

Der Beitrag Ein Herz für Tiere erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Ein Leben (fast) ohne Plastik https://nordkind.blog/menschen/ein-leben-fast-ohne-plastik Fri, 25 Jan 2019 16:14:23 +0000 https://nordkind.blog/?p=18894 Jedes Jahr landen weltweit 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer. Ganz klar: Kunststoffverpackungen sind schlecht für die Umwelt. Beim Einkaufen dem Verpackungswahn aus dem Weg zu gehen, ist aber gar nicht so einfach. Inga Lüdke aus Nordenham versucht das seit ein paar Monaten. Ein Becher Kaffee und ein Rosinenbrötchen. Damit fing alles an. […]

Der Beitrag Ein Leben (fast) ohne Plastik erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Jedes Jahr landen weltweit 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer. Ganz klar: Kunststoffverpackungen sind schlecht für die Umwelt. Beim Einkaufen dem Verpackungswahn aus dem Weg zu gehen, ist aber gar nicht so einfach. Inga Lüdke aus Nordenham versucht das seit ein paar Monaten.

Ein Becher Kaffee und ein Rosinenbrötchen. Damit fing alles an. Beides holte sich Inga täglich beim Bäcker, bevor sie zur Arbeit ging. So ging es über ein Jahr lang. Dann geriet sie ins Stocken. „Das sind im Jahr locker 300 Becher plus 300 Tüten Müll, die ich allein dadurch produziere“, wurde der Nordenhamerin bewusst. Und sie beschloss: So geht es nicht weiter.

Beim nächsten Mal ging Inga mit einem Mehrweg-Kaffeebecher zum Bäcker. Den wollte man ihr jedoch nicht auffüllen. „Das geht aus hygienischen Gründen nicht, hieß es“, erinnert sie sich. Inga informierte sich und fand heraus, dass es Ermessenssache des Betreibers ist. „Also ging ich am nächsten Tag noch mal hin und hakte nach. Und dann ging es plötzlich doch.“

Jeder einzelne trägt die Verantwortung

Aber es geht nicht nur um Kaffeebecher. „In Supermärkten ist es, abgesehen von Obst und Gemüse, fast unmöglich, unverpackte Lebensmittel zu kaufen“, sagt Inga. Doch es macht sie ärgerlich, wenn Menschen den Supermärkten die Schuld an dem immensen Plastikaufkommen geben. „Dann zieht man sich selbst aus der Verantwortung. Jeder Einzelne hat damit zu tun und kann sein Konsum- und Einkaufsverhalten ändern“, ist Inga überzeugt.

Sie selbst kauft deshalb fast nur noch auf dem Wochenmarkt ein. Und sie verzichtet auf viele Dinge. „Chips kommen mir zum Beispiel nicht mehr ins Haus. Dafür gönne ich mir aber auch mal leckeren Ziegenkäse mit Trüffel“, erzählt sie. „Seitdem ich so sehr darauf achte, was ich kaufe, genieße ich alles viel mehr als vorher. Und es macht mir einen riesigen Spaß, mir Alternativen zu überlegen.“

Seitdem ich so sehr darauf achte, was ich kaufe, genieße ich alles viel mehr als vorher. Und es macht mir einen riesigen Spaß, mir Alternativen zu überlegen.

Joghurt und Säfte kauft die Buchhändlerin im Glas, Milch am liebsten an der Milchtankstelle in Nordenham. „Dort lernt man immer nette Menschen kennen“, erzählt sie. „Es gibt viele, die sich für das Thema interessieren. Vielleicht kann man ja mal eine gemeinsame Aktion starten“, überlegt Inga.

Metalldosen, Glasflaschen und Einmachgläser anstatt Einweg-Plastikverpackungen: Inga Lüdke versucht, beim Einkaufen einen Bogen um Verpackungen zu machen. Da das nicht immer möglich ist, macht sie vieles selbst, wie zum Beispiel Shampoo aus Roggenmehl und Wasser. (Foto: Laura)

Denn spätestens an der Fleischtheke ist das Einkaufen ohne Verpackung nicht mehr möglich. Aus hygienischen Gründen dürfen die Verkäufer die Ware nicht in mitgebrachte Tupperdosen von Kunden füllen.

Gunnar Lehrke ist Inhaber des Edeka-Centers in Nordenham. „Wir haben über das Thema schon mit unserer Veterinärin gesprochen“, berichtet er. In manchen Märkten gebe es eine Art Schleusensystem, über das eigene Behälter der Kunden befüllt werden können. Vorläufig wird es in Nordenham solch eine Möglichkeit nicht geben. „Die Veterinäre sehen es von Landkreis zu Landkreis sehr unterschiedlich“, sagt Gunnar Lehrke. „Da scheint mir die gesetzliche Lage noch etwas schwammig zu sein.“

Zudem sei die Nachfrage seitens der Kunden gering. Es komme nur ganz selten vor, dass jemand seinen eigenen Behälter mitbringt, sagt Gunnar Lehrke. Trotzdem würde er es begrüßen, wenn dies in Zukunft möglich ist: „So könnten wir einerseits die Natur schützen und andererseits Verpackungen und damit verbundene Kosten einsparen.“

Ärger an der Fleischtheke

Ein Erlebnis an einer Fleischtheke hat Inga besonders geärgert. Um den Plastikverbrauch so gering wie möglich zu halten, bat sie darum, ihre Mortadella zusammen mit der Mettwurst zu verpacken. Dieser Wunsch wurde ihr verweigert. Das sei nicht möglich, hieß es. „Das ist doch meine Entscheidung. Bei so etwas fühle ich mich entmündigt“, sagt Inga – und kauft dann lieber woanders ein. „Als würde die Welt untergehen, wenn meine Salami die Mortadella berührt. Dabei geht die Welt davon unter, dass man überall eine Plastikfolie zwischenlegt.“

In Großstädten gibt es bereits „Unverpackt“-Läden. Dort können Kunden sämtliche Ware – von Nudeln über Müsli bis zur Zahnpasta – selbst abfüllen. Die ehemalige Nordenhamerin Sonja Schellbach hat zusammen mit drei anderen Gründern solch einen Laden in Hamburg eröffnet. „Schade, dass es in der Gegend noch keinen gibt“, findet Inga.

„Als würde die Welt untergehen, wenn meine Salami die Mortadella berührt. Dabei geht die Welt davon unter, dass man überall eine Plastikfolie zwischenlegt.“

Plastikmüll entsteht nicht nur bei Lebensmitteln und Co. Auch im Badezimmer fallen etliche Verpackungen an: vom Shampoo über Deo bis hin zu Wattestäbchen. Shampoo kauft Inga seit ein paar Monaten nicht mehr. „Man kann die Haare auch mit Roggenmehl waschen“, erzählt sie. „Das hat sogar meine Haare schöner gemacht.“ Deo lässt sich zum Beispiel aus Kokosöl und Natron selbst herstellen.

Ein gelber Sack für zwei Monate

Doch auch bei Inga bleibt der gelbe Sack nicht leer. „Komplett auf Kunststoff-Verpackungen zu verzichten, klappt nicht“, erklärt sie. Linsen oder Hackfleisch gebe es zum Beispiel nicht unverpackt zu kaufen. „Dann gibt es noch diesen enttäuschenden Moment, wenn man eine Tafel Schokolade öffnet, von der man glaubte, sie sei nur in Papier eingepackt“, bedauert Inga. „Und dann kommt die Plastik- oder Alufolie zum Vorschein.“ Immerhin kommt die Nordenhamerin mit einem gelben Sack rund zwei Monate aus. In Zukunft will sie sich noch weiter steigern.

So kann man Shampoo aus Roggenmehl selbst machen. (Diese Menge reicht für langes Haar.)

 

  1. 180 ml kaltes Wasser in ein Einwegglas füllen.
  2. Esslöffel Roggenmehl hinzufügen und schütteln, bis keine Klumpen mehr vorhanden sind.
  3. Etwa 10 Minuten ruhen lassen und dann wie ein normales Shampoo benutzen, kurz einwirken lassen und kräftig ausspülen.
  4. Für eine Haarkur lässt man das Gemisch einfach etwas länger stehen. Dann werden mehr Vitamine freigesetzt, es befreit die Haare dann aber nicht mehr so gut von Fett.

Der Beitrag Ein Leben (fast) ohne Plastik erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Wann hattest du zum letzten Mal eine verrückte Idee? https://nordkind.blog/menschen/wann-hattest-du-zum-letzten-mal-eine-verrueckte-idee Tue, 04 Dec 2018 16:48:48 +0000 https://nordkind.blog/?p=18192 Wann warst du zum letzten Mal mit etwas unzufrieden und wolltest es ändern? Hattest sogar eine verrückte Idee, hast sie aber verworfen anstatt ihr nachzuspüren? Hast gedacht: “Das ist zu groß für mich”, “keine Zeit”, “irgendjemand wird’s schon machen”, “ich kann das eh nicht”? Aber was ist, wenn man mal alle Zweifel ignoriert, alles, was […]

Der Beitrag Wann hattest du zum letzten Mal eine verrückte Idee? erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Wann warst du zum letzten Mal mit etwas unzufrieden und wolltest es ändern? Hattest sogar eine verrückte Idee, hast sie aber verworfen anstatt ihr nachzuspüren? Hast gedacht: “Das ist zu groß für mich”, “keine Zeit”, “irgendjemand wird’s schon machen”, “ich kann das eh nicht”? Aber was ist, wenn man mal alle Zweifel ignoriert, alles, was dagegen spricht, ausblendet, raus aus der Komfortzone geht und denkt, ich mach da jetzt was? Was soll passieren? Fake it `til you make it!

Angefangen hat bei mir alles damit, dass ich aus Amsterdam nach Bremerhaven gezogen bin und anfing, eine gewisse App schmerzlich zu vermissen. Die Rede ist von “TooGoodtogo”. Per App kauft man bei einem kooperierenden Restaurant oder Laden eine Mahlzeit für 3 bis 4 Euro. Zu der angegebenen Zeit schaut man dort vorbei, zeigt den “Kassenzettel” in der App vor und bekommt die Mahlzeit. Meist liegen die Abholzeiten kurz vor Ladenschluss. Und die Lebensmittel, die man bekommt, wurden soeben vor dem Wegwerfen gerettet.

Für mich, die Überraschungen liebt, war es die App-Entdeckung des Jahres, ich lebte im Schlaraffenland. Ob Hummous, australisch-niederländische Küche, Leckereien von der Bäckerei, vom Fischhändler oder aus dem Bioladen, alles war mal dabei. Spielerisch entdeckte ich so die Restaurants und Läden in meiner Nachbarschaft und darüber hinaus.

Was wäre, wenn ich es selbst in die Hand nehme?

Ich könnte mich damit abfinden, dass hier in Bremerhaven eben nur eine einzige Kette mitmacht. Ich könnte drauf hoffen, dass es in nächster Zeit mehr werden. Aber was wäre denn, wenn ich es selbst in die Hand nehmen würde? Mal herausfinden würde, wie weit ich käme? Verrückt, oder?

Dann ist da plötzlich die Start-Up-Week im Goethecamp. Mein Plan: Mich in die letzte Reihe setzen und den Big Kids beim Spielen zuschauen. Mir dann sagen lassen, warum meine Idee hier nicht funktioniert und heimgehen. Dort die Idee begraben und weiter machen wie bisher.

Es kommt anders. Am ersten Tag der Start-Up-Week sind wir ein Haufen von ca. 10 Leuten. Ich bin fast die einzige mit einer richtig konkreten Idee. Am zweiten Tag sind wir nur noch zu dritt, nämlich genau mein Team. Darin: mein Partner in „Life and Crime“ Jan, und Aron, einem smarten Studenten der Hochschule Bremerhaven, Studiengang Gründung, Innovation, Führung. Wir machen das ganze Programm mit, das ganze Start-Up-101. Denglisch ist Amtssprache während der Woche.

Begeisterung und Bedenken

Eines der ersten Dinge, die wir lernen: Eine App entwickelt man nicht einfach so, ein Start-Up gründet man nicht, um etwas zu gründen. Simon Sinek, in der Start-Up-Szene sehr bekannt, prägte den Satz “Start with Why”, fang mit dem “Warum” an. Erst an zweiter und dritter Stelle käme das Wie und das Was. Wenn da ein “Why” ist, das dich reizt, ist das schon ein sehr starker Antriebsmotor. Ist unser “Why” stark genug, um diesen Weg wirklich weiterzugehen? Es wird sich herausstellen müssen.

Start with Why

Wir durchlaufen das Programm in weniger als 20 Stunden, was eigentlich ein Prozess von Monaten oder Jahren ist. Erstellen erste Business Modelle, machen Umfragen auf der Straße und in Restaurants, um herauszufinden, ob unsere Idee denn überhaupt angenommen würde da draußen.

Und sind positiv überrascht. Es gibt Begeisterung und Bedenken, aber keiner sagt, „ne, lass mal, doofe Idee“. Im Gegenteil, eher bestärkende Worte im Sinne von „Ja macht mal, wir brauchen sowas.“ Völlig überrollt von den Entwicklungen stellt sich dann auch noch die Frage: Sollen wir am letzten Tag der Woche um 1000 Euro Startgeld pitchen? Statt „warum“ frage ich „warum nicht?“ in die Runde. Zu verlieren haben wir gar nichts.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Innerhalb von 8 Minuten erklären wir einer Jury, warum wir die 1000 Euro für unsere Idee gewinnen sollten. Wir gewinnen sie nicht. Unsere Reaktion: Erleichterung. Hätten wir die 1000 Euro gewonnen, hätten wir anfangen müssen zu rennen ohne wirklich Boden unter den Füßen zu haben. Und es ist nicht als Entwertung unserer Idee anzusehen. Für uns wären die 1000 Euro einfach nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn eine App zu entwickeln kostet viel viel mehr.

Wenige Wochen nach dem Pitch treffen wir bei einem “Speed Dating” für Businesses (und welche, die es werden wollen) einige Big Bosses von Unternehmen hier in der Region. Wir bekommen Visitenkarten und Kontakte, viele sagen uns: “Macht das, wenn wir können, unterstützen wir euch.” Denn viele Unternehmen hier in der Region haben sich selbst der Lebensmittelrettung verschrieben.

Locker bleiben und weiter machen

Mit jeder Schulter, die etwas mitträgt von diesem Projekt, wären wir einen Schritt weiter weg vom Scheitern. Mit jedem vermittelten Kontakt, mit jedem Gespräch, mit jedem, der sagt „Wir brauchen das, macht mal“, hätten wir vielleicht ein bisschen was erreicht. Denn wir haben keinen Entwickler, keinen der sich mit dem Sammeln und Analysieren von großen Datenmengen auskennt, keinen mit viel Geld. Und leider selbst wenig Zeit. Ja, es spricht alles gegen uns. Aber dann ist da mein kleiner Trotzkopf, der fragt: “Kann man da nicht doch was machen?” Kann man. Locker bleiben und weiter machen.

Der Beitrag Wann hattest du zum letzten Mal eine verrückte Idee? erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Ein Platz für Weltverbesserer https://nordkind.blog/menschen/ein-platz-fuer-weltverbesserer Tue, 20 Nov 2018 16:18:02 +0000 https://nordkind.blog/?p=17997 Sie ist nicht nur ein Nordkind, sondern auch eine Weltverbesserin. Janina Freistedt hat die “Founders Night” in Bremerhaven gewonnen: ein Wettbewerb um das beste Start-up-Konzept – und um 1000 Euro. Damit, dass sie die Jury mit ihrem Traumprojekt so begeistern kann, hat die 27-jährige Bremerhavener Studentin überhaupt nicht gerechnet. Ihre Idee ist nämlich eher ungewöhnlich […]

Der Beitrag Ein Platz für Weltverbesserer erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Sie ist nicht nur ein Nordkind, sondern auch eine Weltverbesserin. Janina Freistedt hat die “Founders Night” in Bremerhaven gewonnen: ein Wettbewerb um das beste Start-up-Konzept – und um 1000 Euro. Damit, dass sie die Jury mit ihrem Traumprojekt so begeistern kann, hat die 27-jährige Bremerhavener Studentin überhaupt nicht gerechnet. Ihre Idee ist nämlich eher ungewöhnlich für die Start-up-Szene: Sie möchte mit einem Bilderbuch die Welt ein Stückchen besser machen.

So könnte das Cover von “Peggy & Sam” aussehen. (Foto: Janina Freistedt)

Janina, Wie bist du darauf gekommen, ausgerechnet ein Bilderbuch als Start-up aufzuziehen?

Ich bin eigentlich eine klassische Grafikerin, hatte aber immer die Idee, dass ich vielleicht irgendwann mehr machen könnte als Logos und Webdesign. Deshalb habe ich mir das Ziel gesetzt: In fünf Jahren möchte ich meine eigenen Kinderbücher auf dem Markt haben. Als ich dann beim Start-up-Weekend in Bremen war, habe ich erst gar nicht daran gedacht, dass auch mein Bilderbuch-Traum ein Start-up sein könnte. Aber dann habe ich so viel Zuspruch von den anderen Teilnehmern bekommen und habe mit zwei anderen die Idee für “Peggy und Sam – Was würdest du tun?“ entwickelt.

Was ist das Besondere an “Peggy & Sam”?

Es klingt kitschig, aber Kinder sind die Zukunft und es ist wichtig, ihnen die richtigen Werte mit auf den Weg zu geben, um die Welt zu verbessern. Deshalb ist “Peggy und Sam” eine Bilderbuchreihe, die Themen der Nachhaltigkeit spielerisch vermittelt. Dazu gibt es eine Web-App, die das Gelesene für Kinder erlebbar machen soll. Mit Quizfragen und Zusatzinformationen begleitet man die Springmaus Peggy und den Jungen Sam online auf Abenteuerreise. Es ist toll, wenn die Kinder dabei etwas lernen, aber in erster Linie geht es um den Spaß an der Geschichte und nicht darum zu belehren.

Wie fühlt es sich an, einen Start-up-Preis zu gewinnen?

Ich war mega überrascht und realisiere es jetzt erst nach und nach. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet, weil meine Idee kein klassisches Start-up ist. Aber es bestätigt, dass in der Start-up-Szene Platz für Weltverbesserer ist und auch Projekte eine Chance haben, die wahrscheinlich nicht so viel Geld einbringen werden.

Was machst du mit den 1000 Euro Preisgeld?

Mit dem Geld will ich eine Crowdfunding-Kampagne starten, um die Web-App zu finanzieren. Die Kampagne kostet eigentlich nichts, aber damit man über Crowdfunding Geldgeber findet, braucht man gute PR und Werbung – dafür werden die 1000 Euro genutzt. Die ersten 200 Exemplare von “Peggy & Sam” kaufen wir dann später selbst, um sie den Spendern zu schenken. So hat jeder was davon. Uns fehlt allerdings noch jemand im Team, der die Web-App entwickeln kann.

Der Beitrag Ein Platz für Weltverbesserer erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Und Mutter Erde sagt: Nice! https://nordkind.blog/menschen/und-mutter-erde-sagt-nice Wed, 17 Oct 2018 11:14:07 +0000 https://nordkind.blog/?p=17457 Ganz ehrlich: Wem graut es nicht, wenn er an Dixie-Klos denkt? Die Idee dahinter ist ja gut: Die mobilen Kabinen können überall dort stehen, wo man sie gerade braucht. Doch wirklich gern benutzt sie doch keiner von uns. Zwei, die das ändern wollen, sind Julian Smitter und Christian Liese aus Lamstedt im Cuxland. Ihre Idee: […]

Der Beitrag Und Mutter Erde sagt: Nice! erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Ganz ehrlich: Wem graut es nicht, wenn er an Dixie-Klos denkt? Die Idee dahinter ist ja gut: Die mobilen Kabinen können überall dort stehen, wo man sie gerade braucht. Doch wirklich gern benutzt sie doch keiner von uns. Zwei, die das ändern wollen, sind Julian Smitter und Christian Liese aus Lamstedt im Cuxland. Ihre Idee: eine ökologische Kompost-Toilette mit Wohlfühlfeeling.

Ökoje haben sie es getauft. Ihr Projekt, ihr Baby, das sie nunmehr seit fast drei Jahren aufziehen. In dieser Zeit haben Julian und Christian mehr Toiletten-Witze gelernt, als man sich vorstellen kann, – und etwas großgezogen, an das sie glauben.

Die Idee zu Ökoje kam Julian, als er 2010 auf einem alternativen Festival in Portugal war: „Ich habe es dann Christian erzählt und wir haben immer wieder darüber geredet.“ Als sie Anfang 2016 zusammen durch Indonesien reisten, fassten sie den Entschluss, ihre Idee zu verwirklichen. „Wir waren total aufgeregt und haben auf der Reise über nichts anderes mehr geredet“, erinnert sich Christian. Ihre Jobs hängten beide für ein Jahr an den Nagel. Ökoje war geboren.

Foto: Ökoje

Julian und Christian zog es von Hamburg zurück in die alte Heimat Lamstedt. Dort tüftelten sie mit befreundeten Handwerkern an einem Prototypen. Doch dabei blieb es nicht. Die zwei experimentierten immer weiter: an einem Pissoir, einem Waschbecken, einer barrierefreien Toilette, einem Anhänger. „Wir haben mit Familie und Freunden so viel rumgetüftelt. Das bringt Spaß und man macht immer weiter“, sagt Julian. Einige Ideen verwarfen sie auf ihrem Weg wieder, andere setzten sie um. Heute vermieten Julian und Christian 14 Kompost-Toiletten, vier Handwaschbecken und eine barrierefreie Toilettenkabine. „Und die ist im Norden einzigartig“, ergänzt Julian stolz.

Alles wird Kompostiert

Die Toilettenkabinen der zwei Ökoje-Gründer sind hell, es riecht angenehm nach Holz. „Gespült“ wird nach jedem Toilettengang mit einer Schaufel Sägespäne. „Mit denen wird die Flüssigkeit gebunden. Dadurch fängt es nicht an zu riechen und später wird alles kompostiert“, erklärt Christian. Während in den bekannten Dixie-Klos Chemikalien zum Einsatz kommen, setzen die zwei Lamstedter auf Nachhaltigkeit: Die Fäkalien und die Sägespäne werden später zu Humuserde kompostiert. „Damit ist der natürliche Kreislauf wieder geschlossen. Das Prinzip dahinter ist aber das gleiche wie beim Plumpsklo früher auf dem Bauernhof“, sagt Christian.

Auf großen Festivals wie dem Deichbrand sind Julian und Christian mit ihren Toilettenkabinen nicht unterwegs. Ihre Toiletten werden vor allem zu Stadtfesten, Aktionstagen und auch für private Feiern gemietet. Beide arbeiten mittlerweile wieder in ihren Jobs. Ihre Freizeit und ihre Wochenenden widmen sie aber Ökoje. „Das ist unser Projekt. Es fühlt sich nicht wie Arbeit an“, sagt Julian. „Die Stunden, die wir mit Ökoje verbringen, darf man nicht zählen.“

Das Projekt trägt sich mittlerweile von selbst. „Das war unser Ziel“, sagt Julian. „Wir sind aber nicht auf Gewinn ausgerichtet. Es wäre auch nicht schlimm gewesen, wenn es bei fünf Toiletten geblieben wäre.“ Die Hauptsache für die beiden: Ökoje bleibt ihr Projekt.

Das soll unser Baby bleiben.

Weitermachen wollen Christian und Julian auf jeden Fall. Immer wieder merken sie, dass ihre Toiletten gut ankommen. „Die Leute kommen und stellen Fragen. Das pusht schon“, erzählt er. „Wir wollen rüberbringen, dass Sanitärsysteme auch nachhaltig sein können.“ Um ihr Unternehmen weiterzubringen, tauschen sie sich auch mit anderen Start-ups aus, die Kompost-Toiletten entwickeln. „Letztes Jahr waren wir zwei Tage auf einem „Scheißkongress“. Da waren Trockentoiletten-Anbieter aus Österreich, der Schweiz und Frankreich“, erzählt Julian. „Es gibt wirklich eine Szene, die sich mit menschlichen Fäkalien und der Verwertung auseinandersetzt. Das war ganz lustig zu sehen.“

 

Der Beitrag Und Mutter Erde sagt: Nice! erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Wie mich meine Kindheitshelden zum Nordkind machten https://nordkind.blog/menschen/wie-mich-meine-kindheitshelden-zum-nordkind-machten Tue, 09 Oct 2018 14:07:22 +0000 https://nordkind.blog/?p=17407 Harry Potter, Luke Skywalker, das Sams, Wicki und natürlich Pippi Langstrumpf – die Helden unserer Kindheit begleiten uns ein ganzes Leben. Aber für die meisten sind sie irgendwann nur noch wohlig-warme Erinnerungen. Oder haben die alten Kindheitshelden vielleicht doch größeren Einfluss auf unser Leben? Ich finde, sie sollten es haben. Wenn ich heute meine Nase […]

Der Beitrag Wie mich meine Kindheitshelden zum Nordkind machten erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>
Harry Potter, Luke Skywalker, das Sams, Wicki und natürlich Pippi Langstrumpf – die Helden unserer Kindheit begleiten uns ein ganzes Leben. Aber für die meisten sind sie irgendwann nur noch wohlig-warme Erinnerungen. Oder haben die alten Kindheitshelden vielleicht doch größeren Einfluss auf unser Leben? Ich finde, sie sollten es haben.

Wenn ich heute meine Nase in ein altes Kinderbuch stecke, erinnert mich der Geruch an das heimliche Lesen unter der Bettdecke. An die stickige Luft, an das flackernde Licht der Taschenlampe und an die angenehme Angst, erwischt zu werden. Die Titelmusik meiner Lieblingsserien kann ich immer noch im Schlaf mitsingen und wenn ich krank bin, krame ich die alten Hörspielkassetten aus dem Schrank.

Aber auch abseits dieser nostalgischen Momente beeinflussen uns die ersten Filme und Bücher unseres Lebens mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Natürlich zerstören die Fans von Luke Skywalker später keinen Todesstern und egal, wie toll man Pippi fand: Man sollte nicht versuchen, ein Pferd zu stemmen. Trotzdem, wenn ich mich an meine Helden erinnere, fällt mir auf, dass sich da ein paar Parallelen eingeschlichen haben.

Ich hatte viele Helden – die meisten stammen aus Büchern. Unter all den literarischen Freunden gab es aber ein paar, die ich besonders geliebt habe: Tjorven, Bootsmann und Melcher Melcherson aus „Ferien auf Saltkrokan“. Es ist nicht unbedingt das bekannteste und beliebteste Buch von Astrid Lindgren, aber ich habe es rauf und runter gelesen. Vor allem wegen der ungleichen Freundschaft zwischen dem kindlich-tollpatschigen Schriftsteller Melcher und der selbstbewussten, kleinen Tjorven. Aber auch ihr kluger Bernhardiner Bootsmann ist bis heute ein Traumhund für mich. Dank ihm durften sich meine Eltern jahrelang mein „Ich-will-einen-Hund-haben“-Gequengel anhören. Inzwischen habe ich einen Hund. Und ich bekomme Geld fürs Schreiben – wie Melcher. Auf eine romantische, schwedische Insel wie Saltkrokan bin ich zwar noch nicht gezogen, aber dafür nach Norddeutschland. Zufall? Ich glaube nicht! „Ferien auf Saltkrokan“ hat das Meer zu meinem Sehnsuchtsort gemacht: Aus einer Berliner Stadtpflanze ist ein Nordkind geworden. Jetzt lebe ich dort, wo der Wind und die Wellen ein klein wenig an den Zauber meiner Kindheit erinnern – und das ist gut so.

Foto: Luise Langen

Man muss nicht umziehen, um festzustellen, dass einen die Helden von früher nie ganz verlassen. Auch Hermines Wissbegier, Lukes Mut oder Pippis unangepasstes Verhalten kann man im Alltag an sich und anderen entdecken. Und wenn nicht, dann erinnert euch vielleicht ab und zu daran, was euch früher glücklich gemacht hat. Fragt euch: What would Pippi do?

Der Beitrag Wie mich meine Kindheitshelden zum Nordkind machten erschien zuerst auf NORDKIND.

]]>