Foto: gregoryporter.com

Addicted to Jazz: Gregory Porter meets Bremerhaven

Als Einstieg für einen Text klingt es schon etwas absurd, aber es ist wahr: Über Jazz sollte man nicht schreiben. Jazz sollte man einfach hören. Für mich lebt diese Musik nicht in Partituren, sondern im Moment. Ich liebe es, in feinen Stimmungen zu schwelgen und sie auszukosten. Ganz gleich, ob melancholisch, heiter albern oder etwas dazwischen. Einer, der es besonders vermag, mich in diese Stimmungen zu bringen ist Gregory Porter. Der Amerikaner tritt am Sonntag in Bremerhaven auf.

Perfekt wird das Gefühl für mich dann, wenn die richtige Musik zur richtigen Zeit all diese unterschiedlichen Stimmungen bedient oder erzeugt und sie dann Ton für Ton füttert – wie eine dankbar schnurrende Katze. Diese Synchronität meines Gefühls mit der Stimmung des Musikers, der in Harmonien oder Disharmonien zum Klingen bringt, was ich im dem Moment gerade selbst nicht besser auszudrücken vermag, hat etwas von einem Kuss. Nicht irgendeinem Kuss auf die Wange oder dem als gieriges Versprechen für das Danach, sondern einem von der Sorte, nach dem eh nichts kommen muss, weil man ohnehin nicht will, dass er zu Ende geht.

Dialog mit dem Publikum

Die einzigartigen Momente mit Gänsehaut stehen aber nie schwarz auf weiß  in den zuweilen etwas komplexen Notenbildern. Sie entstehen aus dem Moment und im Zusammenspiel von Künstlern, Zeit, Raum, Licht und Zuhörern. Diese Moods nimmt der wahre Jazzer auf und spielt sie zurück – spontan und im besten Falle weit über die Noten oder Lyrics hinaus, um sich im Dialog auf der Bühne und mit seinem Publikum wieder darauf zu beziehen. Die Emphase ist dabei die Konstante und das Besondere an jedem Stück pulsierendem Jazz.

Improvisation ist das Zauberwort. So wie man ein Gedicht flüstern oder schreien kann, kann ein und dieselbe Partitur verhalten, stimmungsvoll, verführerisch bockig oder expressiv interpretiert werden. Zumindest im Jazz.
Genau das macht diesen Musikstil so einzigartig. Deshalb sind Anschläge, Läufe, Rhythmik und Tempi immer wieder anders. Und deshalb gibt es aus meiner Sicht eigentlich auch keine hoheitliche Interpretation eines Jazzstückes – allenfalls mal die sogenannten Klassiker, die richtungsweisend interpretiert worden sind. Sie formulieren dann Standards und Regeln, die danach mit Hingabe zu brechen sind, um diese Musik – auf großen Bühnen, in Garagen oder in kleinen engen Bars – immer wieder neu zu erfinden.

Ein Mann, der Standards setzt

Einer, der schon zu Lebzeiten ein Klassiker ist und neue Standards definiert, ist Gregory Porter. Der im doppelten Sinne große Mann aus Brooklyn mit seiner typischen sowie eigenwilligen Mütze und dem ebenso eigenwilligen wie einschmeichelnden Bariton, ist ein echter Star – ohne sich dabei als Star zu gerieren. Porter inszeniert sich nicht um der Attitüde willen, sondern für die Musik. Ausgezeichnet mit inzwischen ungezählten Preisen überall auf der Welt, hat er nun am ersten Juniwochenende in Hamburg – am Abend vorm Elbjazz-Festival, wo er der absolute Top-Act war – einen der Jazz-Echos 2017 erhalten.

Dieser großartige Sänger kommt mit seiner Band bald auch nach Bremerhaven, um am 9. Juli vor der Stadthalle aufzutreten. Und ich komme dafür schon jetzt in Stimmung und warne alle, die diesen Mann noch nicht kennen: seid vorsichtig, denn er macht süchtig! Ganz besonders mit seinen älteren Songs, die neben den Titeln aus dem neuen Album, sicher ebenfalls für Stimmung sorgen werden – wie zum Beispiel: „Holding On”, „Take Me To The Alley”, „Don’t Be A Fool”, „Water Under Bridges”, „Liquid Spirit”, „Be Good (Lion’s Song)” – und meinem absoluten Lieblings-Liebeslied „Hey Laura”.

Tickets für den Open-Air-Auftritt von Gregory Porter in Bremerhaven gibt es hier.

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