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Gibt es den einen besten Freund überhaupt?

Sind wir mal ehrlich: unser heutiges Bild von einem besten Freund oder einer besten Freundin ist schon sehr von den Medien der modernen Popkultur geprägt. Man macht alles zusammen, erzählt sich alles. Man weiß, was der andere denkt, wenn man ihn nur anguckt. Eben unzertrennlich.

Wahrlich gab es diese Art von Freundschaft schon in früheren Generationen, doch ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Eltern oder sogar meine Großeltern explizit davon sprachen (oder sprechen). Vielmehr war es etwas Unbewusstes. Etwas, das einfach da war. Etwas, das man einfach lebte, anstatt darüber zu reden. Meine Generation feiert diese beste Freundschaft lieber. Und allzu oft erlebe ich es, dass Leute ziemlich schnell Bekanntschaften oder Freunde bewusst und öffentlich zu ihren „besten Freunden“ erklären. Aber genauso schnell, wie sie so unzertrennlich wurden, genauso schnell ist es dann auch wieder vorbei. Aber der nächste Seelenverwandte wartet ja an der nächsten Ecke.

Die Eine

Vor Jahren habe ich für mich entschieden, dass ich nicht nur einen besten Freund oder eine beste Freundin habe. Ich habe viele gute Freunde und darunter auch einige beste Freunde. Mein Freundeskreis setzt sich aus vielen verschiedenen Gruppen zusammen. Da sind meine alten Schulfreunde, die ich teilweise mehr als 20 Jahre kenne. Als die nach dem Abitur größtenteils in alle Ecken Deutschlands wanderten, blieb ich in unserem Heimatort. Viele dieser Freundschaften blieben, worauf ich sehr stolz bin. Aber neue kamen auch hinzu. Leute, die ich auf Feiern, Festen oder in Vereinen kennen lernte. Und ein paar von denen wurden ebenfalls zu besten Freunden. Auch einige meiner Arbeitskollegen wurden zu Freunden, darunter auch eine, die zu einer besten Freundin wurde.

“Junge, ich weiß ja gar nichts über Dich! Du bist ein Mysterium!”

Generell bin ich der Typ Mensch, der seine Probleme selber löst und nur selten über seine Gefühle spricht. Bevor ich mich jemandem anvertraue, regele ich Dinge lieber für mich selbst. Das führt dazu, dass ich auch selten Privates über mich erzähle. Einer meiner besten Freunde aus Schulzeiten sagte einmal: „Junge, ich weiß ja gar nichts über Dich! Du bist ein Mysterium!“ Auch wenn diese Aussage etwas humoristisch rüberkommt, so war sie im Kern doch wahr.

Die innersten Gefühle

Doch manchmal gibt es Situationen, in denen ich mich auch mal jemandem anvertraue. Und dann ist da diese eine beste Freundin, die zwar erst vor drei Jahren in mein Leben trat, aber doch schon unverzichtbar geworden ist. Selten verlange ich einen Ratschlag von ihr, meistens erzähle ich ihr mein Anliegen nur, damit sie es weiß. Damit ich es mal loswerden kann. Das reicht mir meistens schon. Aufgrund der Tatsache, dass ich – wie bereits oben erwähnt – eher selten meine Gefühle darlege, besteht in dieser Hinsicht ein gewisses Ungleichgewicht in unserer Beziehung. Während ich zuhöre und geduldig Ratschläge erteile, erzählt sie mir quasi ungefiltert alles, was sie für wichtig erachtet. Darunter befindet sich dann auch mal die eine oder andere Banalität.

Aber das ist in Ordnung. Denn obwohl ich mich als einen ausgeglichenen Menschen betrachte, habe ich an manchen Tagen doch schlechte Laune. Leider lasse ich das nie an irgendwelchen Menschen aus, sondern immer an denen, die mir lieb und teuer sind. Das erträgt sie dann aber und schafft es meistens auch, ohne viele Worte oder Taten ein Grinsen in mein Gesicht zu zaubern. Und manchmal, wenn der grantige alte Mann in mir durchkommt, dann erinnert sie mich daran, dass ich ja erst 27 Jahre alt bin und doch bitte etwas optimistischer an die Sache herangehen sollte.

Wahre beste Freundschaften

Auch wenn ich nicht der Typ bin, der seine besten Freundschaften bei Facebook oder Instagram offen zur Schau stellt und feiert, so bin ich doch stolz auf alle besten Freundschaften, die ich habe. Und vor allem auch auf diese eine zu meiner Arbeitskollegin. Die (meistens) weiß, was ich denke. Die den gleichen Humor hat, wie ich. Und die mir viele persönliche Sachen anvertraut, worauf ich sehr stolz bin. Das klingt alles ein bisschen kitschig, ist aber so.

Wahre beste Freundschaften sollte man pflegen und wahren. Und man sollte sie schätzen, denn solche Personen um sich zu haben, ist ein echter Mehrwert im Leben und kann einem so einige Last abnehmen. Und damit meine ich die besten Freundschaften, die Bestand haben und nicht solche, die nach einem halben Jahr schon wieder Geschichte sind.