Foto: Nina Brockmann

Nina doing things: Cross, Crosser, CrossFit

Es ist hart, es ist schwitzig, es ist geil: CrossFit hat mich an meine Grenzen gebracht. Ich war kurz vorm Kotzen. Und wenn ich es weiter durchziehe, erlebe ich mit diesem Training auch noch meinen sportlichen Höhepunkt.

„Du glaubst nicht, wie sich dein Körper in zehn Wochen verändern kann“, erzählt mir Stephan, als ich in seiner Beverstedter „Cross Schmiede” für ein Probetraining vorbeischaue. Hier hat er sich der gelernte Fitnesstrainer seinen Traum erfüllt: Er nutzt eine alte Schmiede, irgendwo in einem Hinterhof des kleinen Örtchens im Landkreis Cuxhaven, als Trainings Area. Sie ist nur mit dem Nötigsten ausgestattet. „Wir brauchen nicht viel”, sagt er. Es gibt Paletten, ein paar Kettlebells und Klimmzugstangen. „Hier geht es dirty zu“, sagt Stephan und grinst über beide Backen. Dazu gibt’s richtig laute Mukke.

Jede Trainingsstunde steht ein anderes Workout auf der Tafel – das „WOD” (workout of the day). Es wird von Stephan vorgegeben, die Teilnehmer wissen nie, was sie erwartet. So wie heute beim „WOD Nina”. Denn jeder Gast wird hier mit offenen (und gestählten) Armen empfangen. Er widmet mir folgende vier Übungen: „Kettle Bell High Swing”, „Boxjumps”, „Plate Lunges” und „Situps”. Nach zehn Minuten „Robe Skip” zum Aufwärmen, geht’s ab. Ist ja nicht so, dass mich das Seilspringen schon ziemlich außer Atem gebracht hat, Und man beachte: Eigentlich halte ich mich für fit.

Once you see results, it becomes an addiction.

Dann geht’s an das kurze, aber sehr knackige Workout. Nicht nur die Übungen variieren von Einheit zu Einheit, auch die Wiederholungen und Zeitvorgaben sind jedes Mal anders. So gibt es „AMRAP” (as many reps/rounds as possible) oder „EMOM” (every minute on the minute). Heute gilt es die vier Übungen wie folgt zu absolvieren: 21 Wiederholungen, dann 15, dann 9, dann wieder 15 und schließlich wieder 21. Das schaffen wir in knapp 30 Minuten – jeder mit seinen Gewichten. Und jeder stellt sich am Ende seinem „PR” (personal record).

Danach ist das Training auch schon beendet. Ich bin dreckig – von den Situps auf den schmutzigen Matten. Mein Gluteus maximus krampft  – von den Sprüngen auf die Holzpaletten. Und in meiner Leiste zieht es bereits von den Swings mit den Kettlebells. Doch alles in allem fühle ich mich gut, erfüllt, positiv ausgepowert. Und befriedigt.

Exercise is therapy.

Ich mag die Atmosphäre dort und dass das kleine Team wie eine Familie ist. Nicht nur deswegen ist es ein völlig anderes Training als im Studio. „Du musst dich nicht selbst motivieren, das kommt hier von ganz allein. Außerdem wirst du nicht abgelenkt oder von Trainern vollgelabert”, findet Stephan. Und das finde ich auch. Dickes Plus: Ab und zu braucht man auch einfach mal ne Abwechslung zum routinierten, ja fast langweiligen Trainingsalltag.

Wer langfristiges Interesse habe, dem lege er dann zunächst eine Zehnerkarte für 75 Euro ans Herz – zum „gucken”. „Ich biete nicht jedem gleich einen Vertrag an – das würde mich nicht glücklich machen”. Es gehe primär darum, die Leidenschaft für diese Sportart zu teilen und „gemeinsam die Miete zu stemmen”. In einer WhatsApp-Gruppe wird sich nicht nur zum Training verabredet, auch Fotos werden geteilt. Stephan zeigt mir After-Workout-Pics: einer liegt am Boden, der andere hat blutige Hände.

CrossFit ist gleichermaßen Fitnesstraining und Wettkampfmethode. Es verbindet Gewichtheben, Sprinten, Übungen mit Eigengewicht und Turnen. So werden gleichzeitig Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Balance, Koordination und Genauigkeit trainiert. Das Kernstück jeder Einheit ist die mit sehr hoher Intensität ausgeführte Durchführung der Trainingsübungen (Conditioning). Jede Einheit, auch Workout of the Day (WOD) genannt, besteht meist aus einer Reihe verschiedener Übungen, die in mehreren Runden ausgeführt werden. Dabei ist entweder eine vorgegebene Anzahl an Runden in möglichst geringer Zeit auszuführen, oder in einer vorgegebenen Zeit eine möglichst hohe Anzahl an Runden. Sogenannte Hero-Workouts, benannt nach im Einsatz verstorbenen Soldaten/Polizisten der USA, sind deutlich anstrengender und werden in der Regel von fortgeschrittenen Athleten durchgeführt.

Quelle: Wikipedia

CrossFit bietet selbst keine Trainings an, stattdessen finanziert sich das Unternehmen durch Kursgebühren und Lizenzgebühren der Trainerwelche von CrossFit unabhängig sind. So genannte, offizielle „CrossFit Boxen” gibt es zum Beispiel in Bremen, Hamburg oder Hannover. Und für meine Recherche habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, auch mal eine original Box zu besuchen – jene von „CrossFit Hangover” in Hannover.

Meine Freundin Jessy trainiert da regelmäßig – daher die connection. Dort als blutiger Anfänger mal eine Fortgeschrittenenstunde mitzuerleben ist nicht selbstverständlich. Allein aus Sicherheitsgründen muss jeder quasi „ganz unten” anfangen – egal, was für’n Kraftpaket du bist. Du musst die Übungen lernen, bis jeder Handgriff sitzt. Aber das Training heute ist „nicht ganz so anspruchsvoll”. Wir beginnen mit einem Warm-Up-Run (1 Kilometer) und starten dann mit drei Eigengewichtübungen ins Workout: „Ring Dips”, „C2B Pull Ups” und „Hollow Hold” – every minute on the minute. Das bedeutet, dass du zu jeder vollen Minute erneut beginnst, so viele Wiederholungen wie möglich der jeweiligen Übungen zu schaffen. Und das zehn Minuten lang.

Train insane or remain the same.

Zu den Übungen:

„Ring Dips”: Auf Deutsch „Beugestütz”. Diese können an einer Stange ausgeführt werden und wem das noch nicht schwierig genug ist, macht sie an Ringen, wie man sie von Tunern kennt. Dann geht es nicht mehr nur um die Kraft, sondern auch ums Gleichgewicht, die komplette Körperspannung. Eine der schwersten Übungen in diesem WOD. Hätte Jan, der Trainer, meine Ringe nicht zusammengehalten, hätte ich wahrscheinlich keinen einzigen Dip geschafft. Zittrige Arme sind bei Schwächlingen wie mir vorprogrammiert.

„C2B Pull Ups”: „Chest to Bar Pullups” sind nichts anderes als Klimmzüge. Gekonnte CrossFitter schmeißen sich mit einem Sprung an die Stange, schaukeln hin und her und ziehen sich an ihr hoch und runter. Ich – klein und kraftlos – stelle mir einen Hocker hin und befestige mir zur Hilfe ein Gummiband an der Stange, wo ich eines meiner Knie drin ablegen kann, um nicht mein gesamtes Gewicht stemmen zu müssen. So geht es, so macht es Spaß. Am Anfang schaffe ich fünf Klimmzüge pro angefangene Minute. Bei Minute zehn bin ich froh, wenn ich mich noch einmal irgendwie nach oben hieven kann.

„Hollow Hold”: Beste Übung! Vielleicht aus dem Grund, weil ich hier sogar so richtig mithalten konnte. „Wie viele Sekunden schafft ihr?”, fragt Jan bevor wir mit der Übung beginnen. „30 Sekunden” machen die Runde. Und ich schließe mich an: Das schaffe ich auch. Und halte es sogar durch. Zehn Mal 30 Sekunden. Zehn Minuten lang. Danach krampft mein Bauch.

Dann folgt der final countdown. Es heißt 12 Minuten AMRAP – as many rounds as possible. 12 Minuten so oft den vorgegebenen Übungszirkel durchziehen, wie du schaffst:

„Push Ups”: Liegestütz. Ich muss sagen, sie klappen ganz gut, auch wenn ich die Variante für die Schwachen unter uns – mit abgelegten Knien – bevorzuge.

„Ring Rows”: Rudern an Ringen. Auch hier kann jeder in seiner Intensität trainieren – je flacher der Winkel, desto mehr Kraft wird gebraucht, den komplett unter Spannung stehenden Körper zu den Ringen hochzuziehen. Die Arme sind eng am Körper, die Zehn angezogen. Gute Übung.

„L-Sit Hold”: Meine Hass-Übung! Und auch die Übung, die ich komplett nicht hinbekommen habe. Du drückst dich in den Ringen hoch und streckst dann die Beine nach vorne aus – bis dein Körper ein rechter Winkel ist. Krieg‘ das erstmal hin – und dann halt das mal! Die Ringe wollen zu allen Seiten wegrutschen. Deine Beine nicht zu deinem Bauch hoch. Jan sieht mich Elend da hängen und empfiehlt mir, die Übung – in abgewandelter Form – auf dem Boden zu machen. Ich drücke mich im Sitzen hoch auf meine Arme und versuche, meine Beine gerade über den Boden zu strecken – und so lange zu halten, wie ich kann. Von der Spannung fangen meine Oberschenkel an krampfen. Ich muss mich fallen lassen. „Das ist ganz normal”, lacht Jan.

Auch hier fühle ich mich pudelwohl. Und so crazy sie auch klingen mögen: Die meisten Übungen kennt man. Man hätte – müsste man sie alleine im Studio machen – nur leider keinen Bock drauf. Doch im Team machen sie sogar richtig Spaß, denn sie sind super effektiv und bringen dich an deine Grenzen.

Für Jessy ist dieses Training ihr Leben, „Ich habe lange nach einer Sportart gesucht, die richtig für mich ist, mich erfüllt”, erzählt sie mir. „CrossFit gibt mir alles, was ich brauche und ich liebes es, mich bei jedem Training zu verausgaben.” Auch das Teamfeeling sei sehr stark, jeder wartet auf den anderen, es wird einander geholfen – bis alle mit den Übungen durch sind. Am Ende wird sich gegenseitig abgeklatscht, wer will bleibt und dehnt sich noch.

Zugegeben: Man muss sich in diesem ganzen CrossFit-Getummel mit den verschiedenen Übungsabläufen und Fachbegriffen erstmal zurecht finden. Aber das geht schneller als man denkt. Und ist man einmal drin, neigt man zu suchten. Ergo: CrossFit ist eine wirklich besondere Sportart, die jeder einmal ausprobiert haben sollte. Sie macht Spaß, sie macht fit, sie gleicht aus. Ich persönlich, erwarte von einem Sport genau das.

 

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Nina

Über Nina Brockmann

Foodie, Yogi und reiseverrückter Lifestyle-Junkie. Kann ohne Kaffee, Avocados und Lachen nicht leben. Steht auf Melancholie, aber nicht auf Mädchenkram wie Kleider oder Nagellack. Nur ohne Lippenstift geht sie äußerst selten aus dem Haus. Auch für Flechtfrisuren hat sie ein Faible.

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