Übermorgen, der 24. September, ist für mich jedes Jahr ein besonderer Tag, denn um 19 Uhr und um 19.01 Uhr haben meine Zwillingsschwester und ich vor 28 Jahren im beschaulichen Eifeldörfchen Mechernich das Licht der Welt erblickt. Dieses Jahr ist der Tag aber nicht nur für uns besonders, er ist auch ein Schicksalstag für das ganze Land. Die Bundestagswahl steht an und sie ist so bedeutend, wie lange keine vor ihr.
Wir erleben eine Welt die sich radikal verändert, Herausforderungen die unser soziales Gefüge auf den Kopf stellen können und denen deshalb besonnen begegnet werden muss. Und in Zeiten, in denen die Demokratie von manch einem als Teufelswerk verschrien wird, ist es besonders wichtig, unsere Stimme abzugeben.
Denn wenn die Demokratie mit Gleichgültigkeit und Nicht-Wählen abgestraft wird, kommen ihre Gegner zum Zug. Das sehen wir mit Trump in Amerika, mit dem Brexit in Großbritannien. Ich persönlich habe es in Indien erlebt. Die größte Demokratie der Welt steckt seit dem 26. Mai 2014 in einer tiefen Krise. Narendra Modi, seitdem Premierminister, gestellt von der Bharatiya Janata Party (Indische Volskpartei) ist ein populistischer Nationalist, wie er im Buche steht. Er wird für Massenmorde an Muslimen im indischen Bundesstaat Gujarat verantwortlich gemacht, steht für die „Hindutva”-Politik, die tiefe Überzeugung, dass nur der ein wahrer Inder ist, in dessen Adern indisches „arisches” Blut fließt und für ein Verlassen des demokratischen Pfades.
Dunkle Vergangenheit
Seit Modi Premierminister ist, wurden tausende Studenten – auch Freunde von mir – verhaftet und gefoltert, die ihre kritischen Stimmen erhoben haben. Hindu-Fanatiker bringen auf offener Straße Menschen um, die sie verdächtigen Kühe – die heiligen Tiere im Hinduismus – zum Schlachter zu transportieren, das Menschen verachtende Kastenwesen erstarkt wieder und Frauen verlieren ihre Gleichberechtigung.
Und nicht zuletzt hat mein Mann seine Heimat verlassen, weil die Handlanger des dortigen Diktators Yahya Jammeh ihm das Leben schwer gemacht haben. Mein Mann hat sich für die Oppositionspartei engagiert, Wahlkampf gemacht und in der Folge erst seinen Job verloren, dann keinen neuen mehr bekommen. Er hat mitbekommen, wie Familienmitglieder, die ihre Stimme erhoben haben, über Nacht verschwanden und nie wieder gesehen wurden. Irgendwann hat er keinen Ausweg mehr gesehen und ist geflohen. Inzwischen hat in Gambia die Demokratie gesiegt, Jammeh hat das Land unter militärischem Druck der Nachbarstaaten verlassen und „The smiling coast of Africa” erholt sich langsam von seiner dunklen Vergangenheit.
meine wunschliste
Diese Beispiele zeigen: Die Demokratie, die Herrschaft des Volkes, ist ein großes Geschenk. Wir haben das Recht zu wählen, ich werde es wahrnehmen. Und die von Mutter alljährlich geforderte Geburtstagswunschliste geht dieses Jahr an euch:
Ich jedenfalls stoße am Sonntag darauf an, in diesem freiheitlichen Land zu leben. Auf die nächsten 28 Jahre!