Foto: Tobias Remse Fotografie

Das Andy’s in Tossens: Ein Festival von Freunden für Freunde

Andy ist auf einem Tennisturnier. Ist er? Zumindest besagt das der Name des Festivals, das einmal im Jahr knapp tausend Festivalliebhaber auf einen verlassenen Resthof nach Tossens in die Wesermarsch zieht. Statt ländlicher Idylle gibt es dort zwei Tage laute Musik und ordentlich Remmidemmi.

Angefangen hat alles mit dem Deichkind-Song „Remmidemmi“ und der fixen Idee, ein Festival im eigenen Garten auf die Beine zu stellen. 2018 ist das Festival nun in die sechste Runde gegangen. Wladimir Müller ist von Anfang an dabei und organisiert das „Andy’s“, wie es seine Stammgäste nennen, mit seinen Kumpels Tim Reiners, Philipp Grzybowski, Kilian Schneider, Finn Howell und Thorsten Brockhoff. In ihrem „Andy’s“ steckt eine Menge Herzblut.

Wladimir Müller ist Andy’s-Mitbegründer und Mitglied des Orga-Teams. (Foto: Steffi)

Wladimir, du bist seit Anfang an dabei. Wie ist das Festival entstanden?

Wir sind alle riesige Festival-Liebhaber. Seit wir 16 Jahre alt sind, sind wir immer auf regionale Festivals gefahren, auf das Hurricane oder das Deichbrand. Deichkind war zu dieser Zeit sehr angesagt. In ihrem Lied „Remmidemmi“ gibt es die Zeile: „Deine Eltern sind auf einem Tennisturnier. Du machst eine Party. Wie nett von dir.“ Das war die Geburtsstunde des Namens. Dann gab es diese Spinnereien „Lass uns mal ein Festival machen“. Natürlich ohne darüber nachzudenken, was das alles mit sich bringt. Aber wir fanden es genial, wie viel Platz auf dem Hof war und was man daraus machen könnte.

Der Name geht also wirklich auf einen Andy zurück?

Genau, Kilian Schneider vom Orga-Team hat auf dem Hof mit seinem Vater Andy gewohnt. Ich muss fairerweise sagen, dass er nicht auf einem Tennisturnier war, aber er war außer Haus und die Deichkind-Zeile passte einfach perfekt.

Wie ist es dann weitergegangen?

Wir haben uns dann einen Viehanhänger geholt, eine Anlage von MAE Veranstaltungstechnik gemietet, ein paar Boxen aufgestellt und unsere Freunde eingeladen. 120 Leute sind gekommen. Alles war komplett kostenlos. Wir haben damals gedacht, wenn wir bei Null rauskommen und nicht noch privat draufzahlen müssen, ist es eine super Sache. Wir wurden das ganze Jahr danach immer wieder angesprochen, dass wir es noch einmal machen sollen. Jetzt sind wir im sechsten Jahr.

Die Bands und Künstler werden ja immer bekannter. Dieses Jahr sind der VBT-Rapper Weekend und die Berliner Band Rakede die Headliner. Wie stellt ihr das Line-up zusammen?

Am Anfang haben wir Bands und Booking-Firmen angeschrieben. Mittlerweile schlagen die Booking-Firmen uns selber Bands vor. Einmal im Jahr kommen wir zusammen und treffen eine Auswahl. Jeder hat natürlich Ideen, wen man sonst noch spielen lassen könnte. Weekend haben wir zum Beispiel selbst gefragt. Wir haben uns außerdem vorgenommen, jedes Jahr mindestens eine regionale Band auf die Bühne zu stellen. In diesem Jahr (2018) sind es Die Meldung aus Nordenham, die das Festival eröffnen.

Es ist ja eine bunte Musikmischung. Bringt jeder vom Orga-Team seinen eigenen Geschmack ein?

Wir haben am Anfang gesagt, dass es ein Festival von Freunden für Freunde ist. So unterschiedlich wir in der Orga sind, so unterschiedlich ist auch der Musikgeschmack. Unser Line-up ist deswegen vollkommen, wenn jeder von uns etwas findet, das er mag. So breit gefächert, wie wir sind, ist auch die Masse, die hierher kommt.

Viele Festivals bleiben bei einer Musikrichtung, aber bei uns soll jeder auf seine Kosten kommen.

Die Bremer Band Faakmarwin ist von Anfang an dabei. Wie kommt es, dass sie immer wieder kommen?

Wir waren bei einem Band-Contest, auf dem Faakmarwin gespielt haben, und fanden sie cool. Wir haben einfach gefragt, ob sie Lust hätten, für einen Kasten Bier herzukommen. Das haben sie tatsächlich gemacht und bei uns im Garten gespielt. Die haben das gefeiert. Die Jungs kommen jedes Jahr wieder. Dieses Mal spielen sie ein kleines DJ-Set. Nach dem Auftritt kommen sie immer von der Bühne und sagen: „Hey Jungs, nächstes Jahr kommen wir wieder.“

Tobias Remse Fotografie

Foto: Tobias Remse Fotografie

Ihr seid alle berufstätig, studiert, wohnt teilweise nicht mehr in der Nähe. Wie bekommt ihr das alles hin?

Wir leben in einer sehr dankbaren Zeit, in der es Skype, WhatsApp und E-Mails gibt. Wir klären vieles digital, auch das Booking. Jeder hat seinen Aufgabenbereich und weiß, was zu tun ist. In regelmäßigen Abständen reden wir dann per Skype. Durch die Digitalisierung kann man das auf Entfernung machen. Vor Ort geht es dann ein, zwei Monate vorher los.

Wie lange dauert die heiße Phase?

Das ist die Woche davor. Ich nehme mir dafür Urlaub, auch die Prüfungsphase ist meistens vorbei. Ab dem Montag davor sind wir dann jeden Tag vor Ort, von morgens um acht bis wir fertig sind – und nach ein paar Stunden Schlaf geht es weiter.

Wie lange braucht ihr, um alles wieder abzubauen?

Jedes Jahr haben wir Hilfe von den angehenden Abiturienten der Zinsendorfschule in Tossens. Sie bekommen freien Eintritt, dürfen den Pfand behalten und helfen dafür einfach überall. Am Sonntag helfen sie, den Müll wegzuräumen. Auch wir beginnen gleich am Sonntag mit dem Abbau. Zwei Wochen später ist so ziemlich alles weg, am Montag danach schon das Wichtigste. Dank der vielen Helfer geht das sehr schnell.

Wie viele seid ihr beim Festival?

Im Orga-Team sind wir sechs. Während des Festivals sind es sicher 30 bis 40 freiwillige Helfer, vom Abi-Jahrgang über Freunde bis zur Familie. Auch unsere Eltern helfen mit. Ich will den Mythos nicht zerstören, aber selbst Andy ist vor Ort und hilft beim Ausschank. Vielen ist das Organisieren zu heikel, weil man auch viel Verantwortung trägt, aber sie helfen vor Ort mit.

Wir sind dankbar dafür. Das hätten wir alleine niemals hinbekommen.

Was ist nach dem Festival am größten: Die Freude, der Schlafmangel oder die Vorfreude auf das nächste Jahr?

Die Erleichterung ist riesig. Man ist einfach glücklich, wenn das Festival reibungslos abgelaufen ist. Die Freude zu sehen, wie das angenommen wird und wie alle feiern, ist der coolste Moment. Das ist unbezahlbar. Danach braucht jeder aber ein bisschen Zeit. Wir haben bis Dezember Leerlauf, um Kraft zu tanken. Am Anfang war die Stimmung nach dem Festival oft auch aufgeheizt, weil es einfach viel Verantwortung ist.

Es ist ja ein Privatgrundstück. Habt ihr nicht Angst, dass Haus und Hof verwüstet werden?

Bei der Gartenparty im ersten Jahr hat Andy hier noch gewohnt. Aber seitdem es ein richtiges Festival ist, lebt hier keiner mehr. Der Hof hat zwar einen Besitzer, aber keinen Mieter. Wir haben natürlich auch Security vor Ort. Festivalbesucher sind aber tatsächlich sehr unkompliziert. Sie sind nicht hier, um Sachen kaputt zu machen, sondern um Spaß zu haben. Die Stammgäste aus der Region sind so dankbar, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, uns Ärger zu machen. Natürlich wird der ein oder andere runtergeschmissen. Das passiert halt.

Gab es schon einmal Beschwerden von Nachbarn?

Alle, die umzu wohnen, freuen sich, dass mal etwas los ist. Natürlich landet mal die ein oder andere Bierdose in Nachbars Garten. Aber es gab noch nie richtige Beschwerden. Alle nehmen das an und unterstützen uns.

Was gibt es dieses Jahr (2018) Neues?

Wir haben jedes Jahr ein Flunkyball-Turnier. Dieses Mal wird es ein Beach-Flunkyball-Turnier. Das ist bestimmt anstrengender im Sand, hat aber seinen eigenen Anreiz. Außerdem konnten wir Jägermeister als Marketing-Partner gewinnen.

Wollt ihr eigentlich größer werden?

Ich hab mir keine Grenze gesetzt und gesagt, wenn es größer geht, warum sollte man es nicht größer machen. Ich habe gerne größere Acts da und dann kommen halt mehr Besucher. Wir sind dieses Jahr bei maximal tausend Besuchern geblieben, weil die Auflagen danach strenger werden. Sollten wir ausverkauft sein und an den tausend Besuchern kratzen, könnte ich es mir aber vorstellen.

Der Großteil von uns ist bereit, weiter zu gehen.

Wie lange wollt ihr weitermachen?

Philipp Grzybowski hat im ersten Jahr zu mir gesagt: „Beim Zehnjährigen will ich Deichkind hier haben.“ Das heißt, dass wir auf jeden Fall zehn Jahre machen und idealerweise Deichkind auf der Bühne stehen. Es gibt Gerüchte, dass wir nach zehn Jahren aufhören, aber wir haben uns keine Grenze gesetzt. Tim Reiners sagte letztens zu mir: „Das ist unser Baby.“ So sehe ich das auch. Wir wollen das hier groß machen und so lange ich die Kraft habe, werde ich gerne Leute in unseren Garten holen.

Ihr macht das alle ehrenamtlich, richtig?

Genau. Wir machen das aus Leidenschaft. Es ist alles nur Herzblut und geht uns nicht ums Geld. Wir leben davon, dass man einfach glücklich ist, wenn man darauf angesprochen wird: „Das ist so cool. Macht es bitte wieder.“

Davon ernähren wir uns, da holen wir die Kraft her.

Was ist für dich das Besondere an dem Festival?

Diese Auffahrt sah vor sechs Jahren genauso aus, wie sie heute aussieht. Man fährt auf einen alten Bauernhof und erwartet im Grunde nichts. Sobald man durch den Torbogen geht, geht die Gänsehaut los. Man sieht Buden, eine Bühne, Menschenmassen, die feiern und Spaß haben. Ich komme immer her und habe das Gefühl, ich komme auf den Hof meines Kumpels, aber was sich dann im Garten abspielt ist – überzogen gesagt – ein bisschen magisch. Es ist familiär, eben immer noch Andys Hof wie früher, nur viel größer. Das ist der Charme.

 

das Andy’s

2018 am 3. und 4. August, 2019 am 9. und 10. August in Tossens (Wesermarsch)

Tickets an der Abendkasse oder online. (Last Minute) Wochenendticket inklusive Camping für 35 Euro, Tickets an der Abendkasse für 20 Euro (solange der Vorrat reicht)

Mehr unter www.dasandys.de