Foto: Adobe Stock, Montage: Lena Gausmann

Replace Plastic: Mit dem Smartphone zum Meeresschützer werden

Ein Ausflug ans Meer. In der Vorstellung sehen die Bilder malerisch aus. Der Himmel – rosa gefärbt vom Sonnenuntergang. Davor Fußabdrücke im Sand, sonst nichts. In der Realität sieht es aber leider oft anders aus. Zwischen den Muscheln liegt hier mal eine angespülte Dose, dort eine Plastikflasche. Den Müll aufzusammeln, das ist natürlich gut, behebt die Ursache aber nicht. Jennifer will das ändern, mit einer Smartphone-App, denn sie liebt das Wattenmeer.

Sturm Xaver hat im Dezember 2013 nicht nur die Gewalt der Natur demonstriert, sondern auch die Zerstörungskraft des Menschen zum Vorschein gebracht. Zumindest am Ufer der Hallig Hooge, einer kleinen Insel in der Nordsee, auf der Jennifer zu der Zeit lebte. Es ist ein erschreckendes Bild, das die Künstlerin mir beschreibt: Ein bunter Teppich aus Müll vor dem grauen endlosen Horizont. Das hat Jennifer endgültig die Augen geöffnet, sie wollte etwas verändern.

Die Vermüllung ist eine Verletzung an dem, was mir so am Herzen liegt.

Heraus kam die App Replace Plastic vom Verein Küste gegen Plastik. Damit kannst du ganz einfach die Barcodes von Verpackungen scannen. Nach spätestens vier Wochen oder sobald das Produkt 20 Mal gemeldet wurde, wird automatisch eine Nachricht an den Hersteller geschickt. Darin steht der Wunsch nach umweltfreundlicheren Verpackungen.

Schon 2010 hat Jennifer den Film Plastic Planet gesehen und war geschockt: In den Weltmeeren findet man inzwischen sechs Mal mehr Plastik als Plankton und selbst in unserem Blut ist Plastik nachweisbar. Die Menge an Kunststoffen, die wir seit Beginn des Plastik-Zeitalters produziert haben, reicht aus, um unseren gesamten Erdball sechs Mal in Plastikfolie einzupacken. „Ich habe nach dem Film versucht, beim Einkauf auf Plastik zu verzichten, doch die Ernüchterung kam schnell. Ich musste feststellen, dass es fast unmöglich ist, ohne Plastikverpackung den Supermarkt zu verlassen“, erzählt Jennifer. Das Problem muss also schon bei den Herstellern angepackt werden. Jennifer und die anderen Nordkinder vom Verein Küste gegen Plastik wollen nicht mehr hinnehmen, dass ihnen der Plastikmüll am Meer vor die Füße gespült wird.

Die Reaktionen der Produzenten auf das automatisch versendete Feedback sei so unterschiedlich wie die Menschen auf der Straße, berichtet Jennifer. Manche reagieren etwas beleidigt. Besonders von den großen Unternehmen kommen häufig Standardantworten. „Wir schreiben trotzdem immer zurück, verweisen auf Verpackungsalternativen und laden zu Müllsammelaktionen ein“, sagt Jennifer. Die Einladung haben sogar schon welche angenommen und sich selbst ein Bild von den Folgen der Verpackungsflut gemacht.

Plastik schadet uns und unserer Umwelt

Eine Plastiktüte braucht etwa 10 bis 20 Jahre, um im Meer abgebaut zu werden, eine Plastikflasche sogar ungefähr 450 Jahre. Der Kunststoff wird immer weiter zerkleinert. Nur, weil man das Plastik irgendwann nicht mehr sehen kann, ist es noch lange nicht verschwunden. Sogenanntes Mikroplastik verteilt sich in unserer Umwelt. Somit gelangt es auch in die Körper der Tiere und Menschen. Die kleinen Plastikteilchen stehen im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Zudem leiden viele Tiere darunter und sterben, weil sie Plastikstücke verschlucken oder sich darin verheddern.

Es gibt Prognosen, dass wir in etwa 30 Jahren mehr Plastik als Fische in unseren Weltmeeren haben werden. Etwa 80 Prozent davon gelangt vom Land her über die Flüsse ins Meer. Wie viel Müll tatsächlich in unseren Meeren schwimmt – oder, besser gesagt, liegt – ist jedoch nicht genau nachzuvollziehen. Mit dem Müll verhält es sich nämlich ähnlich wie mit den Eisbergen. Unter der Meeresoberfläche der deutschen Bucht wird auf einer Fläche von einem Quadratkilometer von etwa 3000 Plastikstücken ausgegangen. An der Oberfläche fand man dort bei Untersuchungen „nur“ etwa 30 Teile pro Quadratkilometer – 30 zu viel.

Wir haben gemeinsam was erreicht.

Jeder für sich und trotzdem zusammen: Schon über 50.000 unterschiedliche Produkte wurden von den Nutzern der App Replace Plastic eingescannt. Und es wurden bereits einige Erfolge gefeiert. So meldete sich das Unternehmen Waldemar Behn aus Eckernförde mit einer erfreulichen Nachricht zurück: Sie stellen einige Verpackungen auf Papiertaschen um oder schaffen sie, wenn möglich, ganz ab. So kommt der „Kleine Feigling“ nun ohne zusätzliche Folie aus. Das spart jährlich etwa 2000 Kilogramm Kunststoff. „Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen bekommen wir häufiger positive Rückmeldungen“, sagt Jennifer. „Wenn die etwas verändern, ziehen sie hoffentlich bald die großen Firmen in dem Sog mit.“

Die App Replace Plastic kann kostenlos im Google Play Store und im App Store heruntergeladen werden. Außerdem können die Barcodes auch online auf der Internetseite von Replace Plastic eingetragen werden.