Foto: Privat

Olympia: „Ein Traum für jeden Sportler.“

Die Olympischen Spiele in Pyeongchang sind in vollem Gange. Und mittendrin Ski-Freestylerin Kea Kühnel. Die 26-Jährige ist die erste Frau aus dem Land Bremen, die an Winterspielen teilnimmt. Dieses Kunststück war zuvor als männlichem Pendant nur dem ehemaligen Eishockey-Profi Reemt Pyka gelungen. Zudem reisten in den vergangenen sechs Jahrezehnten sechs Sportler aus Bremerhaven und dem Umkreis zu Sommerspielen – für alle ein unvergessliches Erlebnis, das sogar einmal vergoldet wurde.

1960 hat Bremerhavens olympische Geschichte begonnen. In Rom ging Hochspringer Peter Riebensahm vom Allgemeinen Turn- und Sportverein Bremerhaven an den Start – stets nur mit einem Schuh unterwegs. Bei den nächsten Olympischen Spielen war Schwimmer Werner Freitag Bremerhavens Aushängeschild. 1964 belegte er in Tokio über 200 Meter Delfin den zehnten Platz. Auch vier Jahre später war Freitag dabei. In Mexiko belegte der ehemalige Weltklasseschwimmer und deutsche Meister Platz 15 über 100 Meter Delfin.

Die dritte im Olympia-Bunde war Gabriele Askamp. 1976 erreichte sie bei den Spielen in Montreal das Finale über 100 Meter Brustschwimmen und wurde Fünfte. Nach den Sommerspielen zog sich Askamp vom Leistungssport zurück. 1985 zog sie nach Bayern. Gleich dreimal bei Olympia dabei war Eike Bram. Die ehemalige Handball-Nationaltorhüterin war 1984 in Los Angeles, 1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta dabei.

Die Wände und überhaupt alles im olympischen Dorf war sehr dünn. Wir haben bestimmt zwei bis drei Stühle kaputt gemacht, weil wir zu schwer waren.

Zwei Jahre später schlug dann die Stunde des ersten Bremerhavener Olympioniken bei Winterspielen. 1998 in Nagano erlebte Ex-Eishockeyspieler Reemt Pyka das „ganz besondere Flair. So viele Sportarten, so viele Sportler, so viel medialer Rummel – und der hat seitdem ja noch zugenommen. Es ist einfach ein einmaliges Erlebnis“. Im dritten Anlauf hatte es der heutige Trainer des Oberligisten Füchse Duisburg endlich geschafft, seinen Traum wahr werden zu lassen.

1992 und 1994 war er jeweils am letzten Cut gescheitert. Der neunte Platz war dabei nicht das Einzige, was den Sportler vom „Traum für jeden Sportler“ schwärmen lässt. „Unser Hotel war direkt vor der Mensa, man hat viele Kontakte geknüpft.“ Und auch andere Sportarten kennengelernt. Pyka schaute sich das Eisschnelllauf-Finale der Damen über 3000 Meter an. Es siegte Gunda Niemann-Stirnemann vor Claudia Pechstein und Anni Friesinger. Mit Pechstein traf sich Pyka später sogar mal in Berlin. Was ihm aber vor allem im Gedächtnis geblieben ist: „Die Wände und überhaupt alles im olympischen Dorf war sehr dünn. Wir haben bestimmt zwei bis drei Stühle kaputt gemacht, weil wir zu schwer waren.“

Für mich war Olympia das Größte überhaupt.

Eine solch bleibende Erinnerung hat auch Tabea Kemme an ihre olympischen Spiele. 2016 nahm die Fußball-Nationalspielerin an den Sommerspielen in Rio teil. „Leider konnten wir nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen, da wir in einer anderen Stadt waren. Wir haben dennoch unsere Eröffnungsfeier-Kleidung im Hotel getragen und sind zum Abendessen mit Einmarschmusik in den Saal eingelaufen. Ein sehr amüsantes Szenario“, erzählt die 26-jährige Geversdorferin. „Für mich war Olympia das Größte überhaupt. Die WM im Jahr 2015 in Kanada war ebenfalls ein großartiges Event, dennoch haben es die Olympischen Spiele in Rio getoppt.“ Und das nicht nur, weil ihre Teilnahme mit einer Goldmedaille gekrönt wurde.

„Bei den Olympischen Spielen stehen die Athleten im Vordergrund und nicht eine einzelne Sportart. Das macht das Event aus, jeder honoriert den Aufwand der anderen Sportart und fiebert mit den Nationen mit“, sagt Tabea Kemme. „Die Olympischen Spiele verbinden Menschen unterschiedlicher Nationen mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen – bei den Olympischen Spielen ist die Herkunft kein Thema. Hier wird der Wettkampf gelebt. Das habe ich woanders noch nie erlebt. Ein friedliches Zusammenleben im olympischen Dorf, vier Wochen in einer Blase gelebt, ehe es dann wieder zurück in die Heimatorte ging und man mit der Realität des Lebens täglich konfrontiert wurde – leider.“

Blöder Olympia-Tourist

Das jedoch auch bei den Olympischen Spielen nicht immer
alles wunderschön ist, musste Schwimmer Hendrik Feldwehr auf bittere Art und Weise erfahren. Im Vorfeld der Spiele 2012 in London hatte er sich schwer an der Hüfte verletzt, die Quali nicht geschafft. Dennoch wurde für ihn ob der Verdienste in den Jahren zuvor – vor allem für die Lagenstaffel – eine Ausnahme gemacht. Vor Ort machten sich die Trainingsrückstände dann jedoch bemerkbar – Feldwehr schied gleich am ersten Tag im Vorlauf aus.

„Es ist irgendwann schon zum Running Gag geworden, dass ich am Montag um 12.15 Uhr schon fertig war, wo die anderen noch nicht mal in London waren. Die erste Woche habe ich eigentlich nur im Athletendorf und in der Schwimmhalle verbracht, hab mir nichts anderes angeguckt und jeden Tag gedacht: Warum sitzt du hier nur auf der Tribüne? Das war richtig frustrierend. Ich habe mich wie ein blöder Olympia-Tourist gefühlt, der da eigentlich nichts zu suchen hat“, erinnert sich der heute 31-Jährige, der jüngst seine Karriere beendete.

Schreibe einen Kommentar