Foto: Janina Kück

Katja Schulze: “Die Wohnung zeigt mir den Charakter eines Menschen”

Du bist, was du isst, heißt es in der Werbung. Du bist aber auch so, wie du wohnst, sagt Katja Schulze, Raumausstatterin und Feng Shui-Beraterin aus Loxstedt. Was unsere Einrichtung über unser Privat- und Berufsleben aussagt, erklärt sie im Interview mit NORDKIND. Katja verrät außerdem, wie wir unseren Alltag mit ein paar kleinen Handgriffen einfacher machen können.

Überall gesteigerter Leistungsdruck und schneller Fortschritt: Anscheinend wird unsere Welt immer hektischer und anstrengender. Viele von uns haben daher ein stärkeres Bedürfnis nach Ruhe und Ausgeglichenheit. Zwei Ziele, die wir schneller mit einem aufgeräumten Zuhause erreichen können, betont Katja Schulze. Sie ist gelernte Raumausstatterin und bietet außerdem Feng Shui-Beratungen und System-Coaching an. „Wie wir wohnen, hat eine tiefere und psychologische Bedeutung. Eine Wohnung zeigt die Seele und den Charakter eines Menschen. Sie spiegelt seine Lebenseinstellung wieder und verrät, wie er wirklich tickt.”

Eine Frau mit einer Mission und drei Talenten

Im Jahr 2011 hat Katja (39) den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und ihr eigenes Geschäft in Loxstedt aufgemacht. Gehobenen Anspruch möchte sie dort anbieten und so den Fachhandel bewahren. Stoffe, Teppiche, Tapeten, Sonnenschutz – bei Katja und ihrem Team gibt es alles, was das Herz eines qualitätsbewussten Kunden höher schlagen lässt.

„Mit dem System-Coaching, das ich neuerdings anbiete, hat sich der Kreis für mich geschlossen. Endlich. Ich kann Menschen dabei helfen, ihre Probleme zu lösen. Privat oder beruflich.” Beim Coaching geht es darum, mit lösungsorientierten Methoden Handlungskompetenzen zu vermitteln. „Probleme sind oft nicht in demselben Kopf zu lösen, dem sie auch entsprungen sind”, so die Idee dahinter. „Mir hat das Coaching in all den Jahren meiner Selbstständigkeit auch immer sehr geholfen.”

Innen und Aussen im Einklang

Trotz der vielen Herausforderungen, die die Selbstständigkeit mit sich bringt, bereut Katja nichts: „Ich kann einfach nicht anders.” Sie scheint eine Frau der Tat zu sein. Eine selbstbewusste Frau. Das merkt man bereits nach einem kurzen Gespräch mit ihr.

„Komm wir gehen in mein Büro, da ist es etwas ruhiger”, sagt Katja zu mir. Ihr Dalmatiner-Schäferhund Mischling trabt langsam hinterher. Nebenan sehe und höre ich, wie Stoff mit einer Maschine verarbeitet wird.

Ist bei Beratungen voll in ihrem Element: Raumausstatterin Katja Schulze. (Foto: Janina Kück)

Das Thema Wohnen hat meiner Meinung nach wieder mehr Aufwind bekommen. Es geht um schönes Design, es geht um Qualität, es geht um Individualität. Wo genau hat Feng Shui da seinen Platz? Ist das nicht eher etwas für Esoteriker?  

Viele denken bei Feng Shui tatsächlich nur an asiatische Einrichtung. Das bringt der Ursprung des Wortes wohl mit sich. Darum geht es aber nicht: Eine Feng Shui-Beratung ist eine Lebensberatung auf Grundlage der Wohnung. Beinahe eine Psychoanalyse. Oder eine Innenschau. Wie auch immer man das nennen möchte. Aus der Art und Weise wie man lebt und wie man eingerichtet ist, lassen sich nämlich viele Rückschlüsse auf andere Lebens-Bereiche ziehen.

Wenn irgendwo irgendetwas im Leben eines Menschen stagniert, kann es mit ein paar Handgriffen im Wohnraum wieder in den Fluss gebracht werden. Feng Shui lehrt letztendlich, äußere Gegebenheiten zu verstehen und sie anzunehmen, um unangenehme Themen aufzulösen.

Feng Shui ist ein aus der fernöstlichen Geisteswelt stammendes Prinzip, nach dem zum Beispiel beim Bau von Häusern oder der Einrichtung von Räumen die Kräfte der fünf Naturelemente und ihre Wirkung auf den Menschen zu berücksichtigen sind.

Dann erzähl mir doch mal, wie eine Feng Shui-Beratung bei dir abläuft?

Eigentlich müsste es Feng Shui-Analyse heißen, sage ich immer. Das klingt nur leider nicht so toll: Zuerst analysiere ich nämlich den nackten Grundriss einer Wohnung und gucke, wo er welches Potential besitzt. Dazu teile ich ihn in 9 Felder ein, die wiederum für 9 Lebensbereiche stehen. Der Grundriss zeigt unser Lebensthema, die Einrichtung, wie wir damit umgehen.

Im Anschluss besuche ich meinen Kunden und gucke vor Ort, wie die einzelnen Räume eingerichtet worden sind. Wie sie gestrichen worden sind et cetera. Wenn ich Probleme erkenne, spreche ich mit meinem Kunden darüber. Aus der Analyse der Einrichtung lassen sich meistens ziemlich schnell Schwierigkeiten im Privat- oder im Berufsleben vorhersagen. Innen und Außen stimmen in solchen Fällen nicht überein.

Kannst du mir ein Beispiel dafür geben?  

Ein Kunde kommt zu mir und sagt, dass in seinem Job nichts läuft. So gar nichts: Die Karriere geht nicht weiter und die anderen Kollegen werden immer bevorzugt. Ich gucke mir also den Lebensbereich Karriere/eigener Lebensweg in seiner Wohnung an. Und was sehe ich? Beziehungsweise was rieche ich? Es stinkt nach Schuhen, die Türen gehen nicht vernünftig auf, die Tapeten haben Kratzspuren von der Katze, der Raum ist dunkel.

Nachdem wir gemeinsam darüber gesprochen haben, hat der Kunde zwei Möglichkeiten: Er kündigt zuerst seinen Job und renoviert dann. Oder er beginnt damit, aufzuräumen, zu renovieren und sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Denn nur dann, wenn wir direkt bei uns sind, ist auch alles andere im Flow.” Diese Erkenntnis versuche ich meinen Kunden im Verlauf der Feng Shui-Beratung zu vermitteln. Denn: Alles was wir machen hat eine Konsequenz, darüber sollten wir uns bewusst sein.

Gleiches gilt für einen Kunden, der zu mir kommt und sagt, dass er keinen Partner (mehr) für’s Leben findet. Aber wie soll das auch gehen, wenn in seinem Schlafzimmer nur ein 90 Zentimeter Bett steht? Das räumt einer anderen Person keinen Platz ein.

Das heißt, dass Kunden, die nach Feng Shui fragen, das wirklich aus dem Grunde tun, weil sie in irgendeinem Bereich Probleme haben? Klingt in der Tat nach Psychotherapie. 

Ja. Manchmal bin ich sogar richtig berührt von Aufträgen: Einmal kamen beispielsweise zwei junge Erwachsene zu mir. Geschwister. Ihr Vater war bereits mit 40 gestorben. Und sie wollten gerne weiter in ihrem Elternhaus wohnen. Wir haben zusammen überlegt, wie wir die Möbel am besten stellen. Vor allem in dem Raum, in dem ihr Vater gestorben ist.

Beim Feng Shui geht es um das Erkennen, das Annehmen und das Loslassen.

Auf der anderen Seite gibt es aber Kunden, die einfach gerne bedient werden wollen. Nach dem Motto: Ich mache jetzt eine Feng Shui-Beratung und dann wird alles besser. Das passiert auch.

Aber wenn der Feng Shui-Kunde letztendlich seine Wohnung von dir umgestalten lässt, wo ist dann der Unterschied zur Raumausstattung? 

Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Als Feng Shui-Berater darfst du nichts anfassen. Es geht um den Kunden! Er muss seinen Scheiß, mal ganz direkt gesagt, selbst in die Hand nehmen und wegräumen. Wenn das jemand anders für ihn macht, funktioniert es nicht. Möchte er anschließend noch eine Gardine, okay. Aber die grundlegende Veränderungen muss wie gesagt von ihm selbst kommen. Das Potential hat er ja. Ich helfe ihm nur dabei, es zu erkennen.

So eine Feng Shui-Beratung ist aber sicherlich auch ein Preisfrage…

Bei mir kostet eine Beratung 8,50 Euro pro Quadratmeter. Im Prinzip könnte ein Kunde auch nur seinen Schreibtisch analysieren lassen, oder einen einzelnen Raum. Am meisten Sinn macht es aber natürlich für die ganze Wohnung.

Trotzdem mehr etwas für die Besserverdienenden, oder?

Die meisten meiner Kunden im Laden sind tatsächlich Steppjacken-Träger. Frauen mit Fön-Frisuren. Ich meine das gar nicht böse. Aber es ist nun mal so. Best Ager eben.

Dennoch hängt es total vom Charakter ab: Auch Best Ager, die sonst dicke Autos fahren und ein riesiges Haus haben, sind manchmal nicht bereit, eine höhere Summe für etwas auszugeben. Eine Taxifahrerin ist es aber schon. Das hatte ich erst letztens. So etwas ist eine Frage des Selbstwertes.

“Inneres und Äußeres müssen im Einklang sein”. (Foto: Janina Kück)

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die du aus dem Feng Shui für dich selbst mitgenommen hast und die du jetzt deinen Kunden vermittelst?

„Was uns nicht stärkt, schwächt uns”. Ich glaube bei dieser Erkenntnis habe ich die meisten positiven Rückmeldungen erhalten: Im Feng Shui steht der Keller zum Beispiel für die Vergangenheit, die erste Etage für die Gegenwart und die zweite für die Zukunft. Viele Kunden, die ihren Partner verloren haben und ihn nicht loslassen können, bewahren die alten Sachen des Partners oben auf. Das habe ich schon öfter beobachtet. Ich rate ihnen dann immer dazu, eine Kiste zu packen, sie mit Datum zu beschriften und in den Keller zu räumen. Gucken sie die Kiste ein Jahr lang nicht an, sollte sie ungeöffnet aussortiert werden.

Und das gilt nicht nur für Materielles, sondern auch für Menschen. Wir sollten uns von Ballast befreien.

Ich erkenne, dass der Minimalismus-Gedanke hier mitschwingt…

Im Endeffekt ist es doch so: Alles was wir besitzen, besitzt in Wirklichkeit uns. Das Kleid, das man seit Jahren im Kleiderschrank aufbewahrt, um irgendwann mal wieder reinzupassen, sollte man ebenfalls aussortieren! Seitdem ich meine Ausbildung zur Feng Shui-Beraterin gemacht habe, habe ich auch nur noch zwei Handtaschen. Eine große und eine kleine. Geht eine davon kaputt, ersetze ich sie durch eine neue.

Das fällt mir natürlich nicht immer leicht, aber am Ende spart es Geld und Platz. Ich könnte jetzt mit fünf Kartons umziehen, wenn ich wollte.

Nimmt das denn jeder von deinen Kunden so an? Oder kämpfst du manchmal gegen Windmühlen?

Was die Haltung zu Feng Shui allgemein angeht, hatte ich schon oft mit kritischen Stimmen zu tun. Ich bin jetzt aber soweit, dass ich mich nicht mehr auf Diskussionen einlasse. Gleiches gilt für meine Kunden: Ob sie meine Ratschläge annehmen oder nicht, kann ich nicht beeinflussen. Ich habe dazu mal einen tollen Spruch von Voltaire gelesen, der in etwa so geht: „Du kannst anderen die Wahrheit nur wie einen Mantel reichen, in den sie hineinschlüpfen. Du kannst sie ihnen nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren hauen.”

Hast du ein paar einfache Tipps für mich, die sich leicht in den eigenen vier Wänden umsetzen lassen, um den Alltag zu erleichtern?

Hm, lass mich mal überlegen. Besonders wichtig sind Türen: Wenn sich Türen nicht ganz öffnen lassen, weil irgendetwas dahinter steht, schneidet das Potentiale ab. Man agiert vorsichtiger, weil man ja nicht weiß, wann die Tür das nächste Mal gegen den Schrank knallt. Analog steht das wiederum für eine gewisse Vorsicht im entsprechenden Lebensbereich.

Aus dem gleichen Grund rate ich auch immer dazu, Schrägen sichtbar zu machen, mit einem Streifen auf Augenhöhe. Man sollte auch Kanten vermeiden, an denen man sich das Knie stoßen kann – das fällt mir jetzt auf Anhieb ein.

In meinem Wohnzimmer steht dieser POÄNG-Schwinge-Sessel von IKEA. Und wenn ich ehrlich bin, steht mir der dazugehörende Hocker immer im Weg. Ich verbanne ihn meistens schon unter den Schreibtisch. Nicht ganz optimal, oder?

Nein, nicht wirklich. Nur weil du Raum zur Verfügung hast, musst du ihn ja nicht ganz vollstellen. Du solltest dir die Frage stellen, ob du den Hocker brauchst.

Alles was wir besitzen, besitzt in wirklichkeit uns.

Vielleicht willst du ihn ja solange behalten, bis du in ein Haus oder in eine größere Wohnung ziehst. Das weiß ich nicht. Aber solange du sie aufbewahrst, werden dir dein Sessel und dein Hocker jeden Tag implizieren, dass du dir eine solche Wohnung im Moment noch nicht leisten kannst, oder dass deine Beziehung noch nicht so weit ist, um diesen Schritt zu wagen.

Meine derzeitige Wohnung sollte von Vornherein nur ein Übergang sein. Sie ist ziemlich klein, weswegen ich meinen Schreibtisch auch in mein Wohnzimmer stellen musste. 

Na ja, immerhin steht er nicht im Schlafzimmer. Das haben auch viele meiner Kunden. Entweder ich schlafe oder ich arbeite. Im Wohnzimmer herrscht eine ganz andere Energie. Dieser Raum ist mehr zum Leben da. Von daher passt der Schreibtisch da ganz gut rein. Es gibt schlimmere Sachen.

Und zwar? 

Den Fernseher zum Beispiel. Er ist schwarz. Und schwarz zieht Energie und Aufmerksamkeit. Ich finde es viel besser, Fernseher in einen Schrank oder in die Ecke zu stellen, als das ganze Zimmer nach ihnen auszurichten. Zu einem intelligenten und ausgeglichenen Leben passt es einfach nicht, wenn dieses Gerät alles dominiert. Wobei mir klar ist, dass sich so eine Einstellung nur schwer nach außen hin vertreten lässt.

Bei mir und meinem Freund ist das auch ein kleiner Knack-Punkt: Mich nervt Dauer-Beschallung und er braucht sie um runter zukommen oder um sich zu beschäftigen. 

Aber das sind aus meiner Erfahrung oft Leute, die im Alltag auf 100 laufen und zuhause nicht auf 30 zurück schalten können. Da geht dann eben nur die 70.

Der Fernseher ist ja auch so eine typische Errungenschaft der westlichen Welt, wie ich finde. Gibt es noch andere solcher Dinge, die nicht zu den Feng Shui-Prinzipien passen? 

Besonders mit dem Schlafen ist es so eine Geschichte. Wer hat gesagt, dass ein Ehepaar in einem Bett schlafen muss? Steht das irgendwo geschrieben? Mein Freund und ich sind hier auch völlig anderer Meinungen. Ich finde das so 50er-mäßig. Warum wohnen wir nicht im WG-Stil zusammen? Jeder so, wie er es möchte und wie es gut für ihn ist. Nachts in das Bett vom anderen zu kommen, ist doch total spannend und schön. Beim Feng Shui geht es auch darum, solche tradierten Denkmuster zu überdenken und sie zu hinterfragen.

Ich habe eben kurz den Namen IKEA in den Raum geworfen. IKEA ist sehr beliebt bei Jüngeren und jungen Familien. Wie ist deine Einstellung dazu?    

Ich finde, dass IKEA mega gute Ideen hat. Aber wenn ich daran denke, zu welchen Bedingungen die Produkte hergestellt werden, kann ich es absolut nicht empfehlen: Manchmal müssen wir Stoffe von IKEA umändern, die auf den ersten Blick total schön sind und sich vielleicht gut anfühlen – aber bei der Verarbeitung? Eine Katastrophe! Der Stoff zieht sich, er längt sich, er lässt es nicht waschen.

Billige Baumwolle wird auf den Feldern mit so viel Pestiziden vollgedonnert. Und die Bauern bauen nebenan ihre Lebensmittel an, sie werden krank, die Kindersterblichkeit ist hoch – all das kaufe ich, wenn ich IKEA kaufe. In Deutschland gibt es aber eine „geschickte” Regelung: Wenn die Emissionen bei einem Produkt zu hoch sind, darf der Händler es zwar nicht verarbeiten, er darf es aber verkaufen. Das erinnert mich an Koks.

Heißt das, einmal weitergedacht, dass du jungen Leuten tendenziell eher zu etwas Hochwertigem raten würdest? 

Das würde ich, ja. Beim Hausbau sollte immer genug Geld einkalkuliert werden. Vor allem für Dinge, die fest mit der Immobilie verbaut werden. Auch gute Teppiche sind wichtig. Sie verschmutzen nicht so schnell, die Staubbelastung ist weniger hoch und die Akustik im Raum ist eine bessere. Braucht man irgendwo noch eine kleine Stange oder so was, kann die natürlich auch mal von IKEA sein. Dagegen habe ich nichts.

Außerdem finde ich es immer unglaublich schön, verschiedene Möbel miteinander zu vermischen. Einen alten Weichholz-Schrank und einen neuen Lack-Tisch zum Beispiel. Erst dann wird ein Raum gemütlich. Erst dann bekommt er Charakter.

Überblick

Katja Schulze – Raumausstattung
Bahnhofstraße 27 in Loxstedt
Telefon: 04744/2386
Öffnungszeiten: montags, dienstags, donnerstags und freitags, 9-12 Uhr, 14-18 Uhr
www.katja-schulze.de

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