Foto: Gian Cescon/Unsplash

Warum müssen wir eigentlich immer alles fotografieren?

Keine Frage: Fotos zählen zu den coolsten Dingen, die es gibt. Sie halten Erinnerungen fest, verewigen geliebte Menschen und schöne Momente, die wir nicht vergessen wollen. Im Gegensatz zu früher, als man noch Filme für seine Kamera kaufen musste, haben wir heute den Luxus, quasi ohne Begrenzung alles festzuhalten, was wir möchten. Aber das hat auch eine Schattenseite, finde ich.

Früher musste man noch genau überlegen, wann man auf den Auslöser drückt, wann sich ein Foto lohnt und wann eher nicht. Heute heißt es: Erstmal draufhalten, aussortieren kann man ja immer noch. Und das macht man ja meistens doch nicht. Gefühlt haben wir ständig das Smartphone vor der Nase, um irgendetwas zu fotografieren, angefangen von unserem Essen bis hin zu uns selbst. Auch ich war früher immer auf der Jagt nach einem besonders tollen Schnappschuss. Ganz egal ob bei einer Familienfeier oder bei dem Versuch, das perfekte Bild von meiner Katze zu schießen. Ganz zu schweigen von Urlaubsreisen.

Heute fotografiere ich nicht mehr so viel. Seit einem Schlüsselmoment im Urlaub vor ein paar Jahren habe ich das Ganze heruntergeschraubt. Es war in Südafrika, als wir mit einem Boot herausgefahren sind, um Wale zu beobachten. Für mich ging ein Kindheitstraum in Erfüllung. Es war ein unglaubliches Erlebnis, diesen faszinierenden Meeresriesen so Nahe zu kommen, die übrigens größer als unser Boot waren. Nach der Tour war ich aber trotzdem nicht ganz glücklich. Grund: Bei dem Versuch, das perfekte Bild zu machen, habe ich gefühlt die komplette Tour nur durch meinen Kamerabildschirm verfolgt, um ja kein spektakuläres Motiv zu verpassen. Und das hat mich im Nachhinein richtig geärgert.

Natürlich ist es schön, ein tolles Erinnerungsfoto zu haben, das ich meinen Freunden zeigen kann. Aber das Besondere an Erlebnissen wie diesen ist doch eigentlich der Moment an sich und nicht das Foto. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es heutzutage nur noch darum geht, ein beeindruckendes Bild zu machen, um es auf Instagram und Co. zu posten, so nach dem Motto: Seht mal was ich Tolles mache! Anstatt einfach mal den Moment zu genießen und mit allen Sinnen aufzunehmen. Als würden wir manchmal vergessen, worauf es wirklich ankommt. Als hätten wir verlernt, die Welt mit unseren eigenen Augen zu sehen. Und für wen machen wir diese ganzen Bilder überhaupt? Wirklich für uns selbst oder für die sozialen Netzwerke?

Zu viele Bilder, zu viele töne, zu viel Geschwätz, das die Stille zerstört. Zu wenig Zeit für das Klare und Schöne, Zu wenig Zeit, die uns selber gehört.
Rolf Zuckowski

Wenn ich heute im Urlaub, auf einer Veranstaltung oder ähnlichem bin, mache ich ein paar Bilder und dann kommt die Kamera beziehungsweise das Smartphone in die Tasche. Und wenn dann noch was „Tolles“ passiert, dann habe ich eben kein Beweisfoto davon. Aber dafür war ich so richtig dabei, nicht nur durch meinen Smartphone-Bildschirm. Ich habe für mich festgestellt, dass mich das viel glücklicher macht, als ständig den Drang zu haben, alles als Foto oder auch Video für die Ewigkeit festhalten zu müssen. Natürlich gelingt mir das nicht immer zu 100 Prozent, aber es klappt immer besser und ich fühle mich dadurch echt befreit und viel entspannter. Die schönsten Erinnerungen habe ich sowieso in meinem Kopf. Und es hat noch einen Vorteil: Ich habe nicht von jedem Ereignis hunderte von Bildern, die ich mir dann größtenteils eh nicht wieder ansehe. Und die Bilder, die ich habe, sind für mich etwas Besonderes. Es bleibt dabei: Manchmal ist weniger eben doch mehr.