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Über den Mann, der sich nicht festlegen will

Ich habe bereits über ihn geschrieben. Er wohnt ein paar U-Bahn-Stationen entfernt und dennoch ist es, als wäre er auf einem anderen Kontinent. Er ist unerreichbar, obwohl er so nah ist. Er ist nicht beschäftigt und hat dennoch keine Zeit. Keine Zeit für mich. Nicht als Freund, nicht als Geliebte, überhaupt nicht.

Wenn ich nach einer Verabredung frage, bekomme ich kein „Nein” und manchmal sagt er sogar selbst, wir könnten doch mal etwas zusammen unternehmen. Er drückt sich immer vage aus, will sich nie festlegen – das ist das was er am besten kann. Als ich ihm dann gesagt habe, ich hätte ein Date und daher keine Zeit, kam sogar plötzlich von ihm der Vorschlag, sich zu treffen. Wir könnten ja auch mal – und wieder kein konkretes Fragen. Kein Vorschlag eines konkreten Tages. Dennoch war ich in nervöser Vorfreude, hatte wieder Hoffnung und schlug ihm die eine oder andere Beschäftigung vor, die wir hätten zusammen machen können.

Ich hätte es besser wissen sollen. Denn er meinte nur: „So viel Auswahl”. Er war direkt wieder überfordert von meinen Bemühungen, ihn endlich mal zu sehen. Er wusste, dass ich so reagiere und hat es ausgenutzt – er wollte die Aufmerksamkeit. Er hat mich ein einziges Mal gesehen, von weitem. Er hätte extra zu mir rüber geschaut, ob ich das denn auch gesehen hätte. Und schon verschwand er wieder, ich erhielt keine Antwort mehr und es blieb wieder nur Ratlosigkeit. Die Frage nach dem Warum. Warum handelt er so, warum macht es ihm so wenig aus, mich zu verletzen. Denn ich bin mir sicher: er weiß, dass er es tut.

Sobald ich mich von ihm entferne, zieht er mich wieder an sich, aber bloß nicht zu nah.

Ich habe gefragt warum er sich so merkwürdig verhält und nie eine Antwort bekommen. Stattdessen hat er mir auf einem anderen Medium als WhatsApp geschrieben und getan, als wäre nichts. Manchmal öffnet er meine Nachrichten eine ganze Woche nicht und selbst wenn er es tut, reagiert er nicht. Dann wiederum bekomme ich ein Bild oder eine Nachricht zugeschickt. Er weiß, ich antworte ihm und ich weiß nicht, weshalb er mir etwas zukommen lässt. Ich habe das Gefühl, ich nerve ihn, aber andererseits kennt er mich auch. Er weiß, dass ich ihn nicht ignoriere und bekomme trotzdem ein Video, ein Bild, eine nichtssagende Nachricht. Nur, um dann wieder ignoriert zu werden. Ich habe das Gefühl, er will mich nicht, aber er will mich auch nicht gehen lassen. Sobald ich mich von ihm entferne, zieht er mich wieder an sich, aber bloß nicht zu nah.

Ich habe bereits angefangen, einen Schlussstrich zu ziehen, denn ich verdiene mehr, als mittlerweile monatelang vertröstet und hingehalten zu werden. Doch wer mich kennt, weiß, dass dieser Schlussstrich noch mit einem dünnen Bleistift geschrieben wurde, auch wenn es ein dicker, fetter, roter Edding sein sollte. Eine Art Alarmsignal, dass mich vor ihm warnt. Doch ich gehöre zu der Sorte, die nicht so schnell aufgibt. Die versucht zu retten, was noch zu retten ist und nicht so schnell ihr Interesse an einer Person verliert. Man wird da oft als „zu nett” dargestellt und vielleicht stimmt es. Aber ich weiß: Irgendwann gibt es jemanden, für den es sich lohnt, auch mal hartnäckig zu bleiben. Und sich nicht direkt der nächst besseren Person zu widmen. Natürlich sollte es von beiden Seiten ausgehen. Was ich meine ist jedoch auch, nicht bei den kleinsten Unstimmigkeiten das Weite zu suchen.

In meinem Fall weiß ich: Es lag nicht an mir. Ich habe nichts falsch gemacht und hätte auch nichts anders machen können. Wenn sich jemand eingeengt fühlt, weil ich nach monatelanger Schreiberei Zeit mit ihm verbringen möchte, dann liegt es daran, dass wir nicht zusammenpassen. Dass wir nicht die gleiche Vorstellung teilen. Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.

Ever fallen in love with someone you shouldn’t have fallen in love with?

Dass ich dies geschrieben habe, ist nun bereits ein paar Wochen her. Ich wollte noch etwas Abstand gewinnen, doch stattdessen ist das Gegenteil geschehen:

Wir haben uns getroffen. Endlich. Und es war schön – „leider”. Denn ich weiß; es war ein Fehler von meiner Seite. Ich weiß, ich will ihn wieder sehen. Doch er mich nicht. Zumindest nicht zwingend. Wir haben uns super verstanden, rumgealbert, zusammen gesungen und er hat mir auf seinem iPad Piano „My heart will go on” und etwas von John Legend vorgespielt. Nicht mir allein, meine Freundin war zunächst noch dabei, aber das ist egal. Sie ist irgendwann gegangen und es war immer noch schön. Eine verrückte Zeit, denn er ist verrückt. Ein bisschen durchgeknallt und offen. Ein Typ, mit dem man in allen Lebenslagen Spaß haben kann, der aber dennoch nicht für einen allein da ist. Zumindest nicht für mich.

Denn er hat seine Launen. Auch nach dem Treffen hatten wir noch Kontakt wie zuvor – mal mehr, mal weniger. Aber er entscheidet, wie viel es ist. Wenn er gut gelaunt ist, schicken wir uns alberne Texte und er hat davon geredet, sich noch einmal zu treffen. Und dann kommt wieder der Moment, in dem ich nicht weiß, was ich falsch mache. Wo er mich ignoriert, die einfachsten Fragen nicht beantwortet und ich mir selbst lästig vorkomme. Eigentlich hört sich das alles einfach an: Lass die Finger von ihm und such das Weite. Aber er übt eine Anziehung auf mich aus, die ich nur schwer ignorieren kann. Und er weiß es.

10 Comments

  1. Ruby

    Ich erlebe gerade etwas Ähnliches und höre und lese das, was du in deinem Beitrag beschreibst, immer wieder von anderen Frauen und Freundinnen. Das Problem aus meiner Sicht und den Fehler, den wir alle machen ist, dass wir versuchen, zu verstehen. Und dass wir nicht bei uns sind und bleiben und das ungute Bauchgefühl ignorieren. Wir denken und hoffen, dass es schon noch was werden kann. Dann lesen wir Ratgeber für Frauen, wie wir sein sollen und was wir tun sollen, damit dieser eine Mann uns gut findet und für sich gewinnen will. Was wieder bedeutet: wir sind im Außen, wir schauen nicht auf uns! Wir verbiegen uns und verdrängen unsere Gefühle und Verhaltensweisen, weil sie den Männern nicht taugen. Und genau da fängt der Schlamassel immer wieder an: wir sind nicht bei uns! Ich glaube, im Leben geht es nicht um „die anderen“, sondern um uns allein! Nur wir selbst können uns glücklich machen und für uns sorgen. Die anderen haben ihren ganz eigenen Film, den wir nie ganz erfassen können. Denn jeder hat ja seine eigene Geschichte, Erfahrung und Wahrnehmung. Deshalb ist es auch so mühsam, den anderen begreifen zu wollen und führt auch meistens zu Leid bei einem selbst. Wir interpretieren und meinen, der andere muss doch so und so, wenn er mich mag/liebt. Aber jeder definiert und lebt Liebe oder Zugehörigkeit anders. Und es gilt, den Mann bzw. Partner zu finden, der eine ähnliche Definition hat. Wenn es sich so darstellt, wie du in deinem Beitrag beschreibst, dann sind da zu viele ungleiche Schwingungen und es gilt weiter zu ziehen! Für dich und dein Seelenheil. Ansonsten ist es, als würdest du am Bahnhof stehen und auf ein Schiff warten. So ist zumindest meine Erfahrung. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Wenn der richtige Mensch an deiner Seite da ist, wirst du es spüren und dann gibt es nichts zu warten und zu hadern. Er ist da und ganz wichtig: Er gibt DIR ein gutes Gefühl!

  2. Marco

    Sowas tun doch Frauen ständig mit den Männern. 😉 Das ist doch auch mal lustig, wenn wir dann euch das Gleiche zu Tisch servieren. 😉

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