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#TimesUp: (Sexuelle) Belästigung muss ein Ende haben

Die Farbe Schwarz steht im übertragenden Sinne für etwas Verbotenes. Etwas Falsches. Oder sogar Illegales. Schwarz ist unbunt. Ein Zeichen von Trauer. Es steht für die Abwesenheit von Licht. Und nun wird die Nicht-Farbe zum Zeichen der Solidarität. Zuletzt bei den Golden Globes, wo alle weiblichen Gäste sich demtensprechend kleideten. Und nun auch für mich, indem ich es endlich aufschreibe.

Schwarz wird derzeit zum Zeichen gegen Missbrauch. Gegen (sexuelle) Belästigung. Und Ungleichheit. Am Arbeitsplatz und darüber hinaus. Quasi eine Fortführung des Hashtags #MeToo, der sich bereits im Oktober 2017 in den sozialen Netzwerken in Verbindung mit Erfahrungen unangemessenen Verhaltens verbreitete.

Und auch ich habe solche Erfahrungen gemacht. Sie sowohl passiv als auch aktiv erlebt und mitbekommen. Bis jetzt habe ich wenig darüber gesprochen, es nur mir sehr nahe stehenden Personen anvertraut, weil es mir unangenehm ist. Ich habe es weggelächelt, die Situation vielleicht sogar ins Spaßige gezogen, obwohl der Kloß in meinem Hals mich viel lieber zu etwas anderem veranlasst hätte. Warum ich so und nicht anders reagiert habe? Ich weiß es nicht. Wo liegen die Ursprünge dessen, dass nicht nur ich – sondern wir alle – uns das viel zu lange haben gefallen lassen.

Das ist ekelhaft

Für mich geht es schon bei Blicken los. Blicken von Männer, die gar nicht loslassen. Denen fast die Sabber aus dem Mund läuft. Die dich so lange anstarren, bis du einen Schritt zulegst und um die nächste Ecke verschwindest. Wenn es dunkel ist, habe ich manchmal Angst, dass sie mir nachlaufen – vor allem, wenn sie in größeren Gruppen unterwegs sind. In der Bremerhavener Hafenstraße zum Beispiel passiert es auch schon mal, dass mir Männer offensichtlich hinterher pfeifen, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Das ist ekelhaft. Ich will das nicht. Und damit geht es nicht nur mir so.

Was ich auch nicht will, ist, dass mein Fitnesstrainer mir schreibt, dass er mich so gerne anguckt. Weil er mich so „wundervoll“ findet. Ich möchte einfach nur zum Sport gehen. #MeTime haben und nicht an #MeToo denken. Ich will nicht, dass er mir schreibt, wenn ich krank bin, ob er auf einen „Kranken-Kaffee“ vorbeikommen soll. Das geht zu weit und bringt mich in eine sehr unangenehme Situation. Zumal ich seine Kurse gerne besuche und mich jetzt mehr und mehr unwohl dabei fühle.

For too long, women have not been heard or believed if they dared speak the truth to the power of those men. but their time is up.Oprah Winfrey

Was soll ich tun? Ich bin ein freundlicher, lebensfroher Mensch. Mir fällt es schwer, nicht zurückzulächeln. Oder straight und damit vielleicht manchmal verletzend zu anderen zu sein. Doch daran muss ich leider arbeiten. Manche Menschen müssen es auf die harte Tour erfahren, wann Schluss ist, sonst verstehen sie es nie. Lassen nicht nach. Versuchen es immer weiter.

Der Höhepunkt in meiner Trainer-Angelegenheit war ein ziemlich heftiger Klaps auf meinen Arsch mit seinem Turnschuh, den er gerade wechselte als ich mich bückte, um mein Fahrrad wegzuschieben. In dieser Situation konnte ich gar nicht realisieren, was da gerade passierte. Ich hatte einen BLACKOUT. Abgesehen davon, dass es ziemlich weh tat, drehte ich mich um – und er „entschuldigte“ sich mit einem Lächeln. Ich lachte mit, weil ich mich einfach nicht anders zu verhalten wusste, mir die Situation so unangenehm und ich so perplex war, dass ich einfach möglichst unkonfrontativ weg wollte.

Perplex

Zum Glück konnte ich mich über diese Situation mit Janina austauschen, die in einem Fitness-Studio schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Das hat mir sehr geholfen, es nicht persönlich zu nehmen. Sondern mir mein Trainer einfach nur noch leid tat. Zudem habe ich unlängst den Mut gefasst und meinem Partner von dieser Situation erzählt, die mittlerweile gut ein halbes Jahr her ist. Natürlich macht es ihn wütend – aber wir haben für uns den Entschluss gefasst, zu versuchen, es mit kühler Ignoranz zu bekämpfen – auch wenn das überhaupt nicht unserere Persönlichkeit ist.

Während meiner Berufslaufbahn habe ich auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht. Wenn man im Sommer mit einer kurzen Jeanshose ins Büro kommt, heißt das nicht, dass man unbedingt sexy sein oder Blicke auf sich ziehen möchte – und auf den Spruch „Für die Hose brauchst du aber einen Waffenschein“ im Großraumbüro mit voller Kollegen-Besetzung gewartet hat. Und da war sie wieder – die Perplexität. Was ich gemacht habe? „Haha, das ist doch nur eine Jeans-Shorts“ gesagt, womit ich es eigentlich abtun wollte. Nach der Antwort „Ja, aber was für eine“ hätte ich mir – vor lauter Scham – am liebsten ein Loch in den Boden gegraben.

Und dann war da dieser andere Kollege, der mir im Zuge des „Männerbeobachtungstages“ scherzhaft vorschlug, dass ich ihn dann ja mal einen ganzen Tag lang beobachten könnte. Ein wenig umhertanzte, sich fast rekelte und sich dann einen Klaps auf seinen Mors gab, bevor er verschwand und mich vollkommen geschockt zurückließ.

Direkt handeln

Das sind meine Grenzerfahrungen, die ich gemacht habe. Vielleicht kann ich von Glück sprechen, dass mir gegenüber – bis auf den Schuh-Schlag auf den Hintern – noch niemand handgreiflich geworden ist. Tue ich aber nicht. Denn ich bin der Meinung, schon diese Vorfälle gehen zu weit. Sie sind nicht nur unangebracht, sondern auch noch vollkommen herabwürdigend. Ich für meinen Teil bin stark genug, damit umzugehen. Die Situationen wegzustecken, Mitleid für die andere Person zu empfinden ohne Mitleid zu empfinden und weiterzumachen. Doch es gibt bestimmt auch Persönlichkeiten, die solche Vergehen sehr stark belasten.

Einfach weitermachen – ich weiß, dass das auf lange Sicht nicht die richtige Vorgehensweise sein kann. Ich möchte künftig daran arbeiten, jene schlimmen, verwerflichen und zutiefst unangenehmen Situationen gleich als solche zu erkennen, um direkt handeln zu können und meinen Gegenüber sofort damit konfrontieren zu können. Damit die Person nachhaltig etwas an seinem Verhalten ändern und so etwas weder mir noch jemand anderem wieder passiert.

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