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Mir reicht’s: Tschüss, Social Media

Zugegeben, ich gehe leichtsinnig mit meinen Daten im Internet um. Ob es vielleicht daran liegt, dass ich ein Millennial bin? Wir sind oft vertrauter mit dem Internet als andere Generationen. Mir ist bewusst, was mit meinen Daten passiert und ich wundere mich nicht über ziemlich personalisierte Werbung. Im Gegenteil, ich finde es eigentlich cool. Trotzdem habe ich beschlossen, dass mir das alles zu viel wird. Von dem Drang, mich nicht mehr mitteilen zu wollen. Und mich auch nicht mehr für andere zu interessieren.

Meine erste Social-Media-Begegnung war ICQ. Ich kam aus der Schule nach Hause, erledigte meine Hausaufgaben und hatte die Freiheit, unbegrenzt Stunden vor meinem Computer zu verbringen. Zu dem Zeitpunkt hatte das Internet für mich nicht viele andere interessante Dinge zu bieten.

Ich saß also Stunden vor meinem Röhrenbildschirm und habe mich mit meinen Freunden unterhalten: Wie geht’s dir? Was machst du so? Wie lange bist du schon online? Gelegentlich wurden auch gemeinsam Onlinegames gespielt. Rückblickend kann ich aber sagen, dass bereits hier der Vergleich mit anderen begann. Warum darfst du bis 22 Uhr online sein und ich nur bis 20 Uhr? Natürlich fanden die Vergleiche auch in der Schule statt: Wer hat die bessere Note?

Aber wir alle wissen, dass das Internet wesentlich mehr Freiraum für Interpretationen und Lügen lässt – denn wir können schließlich nicht alles kontrollieren. Das wiederum löst Unzufriedenheit aus und den Drang, das Leben anderer nachzueifern. Das Ergebnis: Ein verfälschtes Gefühl der Realität. Den Kindern das bewusst zu machen, ist sicherlich keine einfache Aufgabe für Eltern heutzutage.

Nach ICQ folgte schnell SchülerVZ und anschließend ging es direkt zu Facebook. Leichtsinnig und ohne Erfahrung veröffentlichte ich die absurdesten Beitrage und Fotos.

12 Jahre weiter und älter

Meine Peinlichkeiten im Internet sind inzwischen entfernt – zumindest oberflächig. Durch meinen Beruf in der Medien-Branche ist es meiner Meinung nach für mich essentiell, im Internet präsent zu sein. Sprich: angemeldet auf Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter, Xing oder LinkedIn – und im besten Fall sogar mit einer eigenen Website online. Die Pflege dieser Plattformen ist vom persönlichen Ziel abhängig. Ehrlich gesagt habe ich nie ein richtiges Ziel mit meinen Accounts verfolgt, ich wollte lediglich andere an meinem Leben teilhaben lassen.

Instagram wurde schnell zu meiner meistbenutzten Plattform, um auf dem Laufenden zu bleiben – vor allem was im Leben anderer passiert. Aber wie gesund ist das eigentlich?

Ich nutze Instagram seit circa vier Jahren intensiv und verfolge somit auch intensiv das Leben anderer. Ich habe schnell gelernt, mich nicht mit anderen zu vergleichen und zu wissen, dass in derer Leben auch nicht alles perfekt ist. Ich finde es schade, wie Blogger und Influencer Kooperationen eingehen, die für ihre Zielgruppe nicht verhältnismäßig sind. Ich denke, dass es so für die heutige Jugend zunehmend schwerer wird, die Wirklichkeit zu akzeptieren. Denn wer postet schon ein Selfie, auf dem zu sehen ist, wie schlecht es einem geht?

Genervt von der scheinheiligen welt

Nach vier Jahren ist das Maß für mich übergelaufen. Ich habe mich dazu entschlossen, mich zurückzuziehen. Ich will einfach nicht mehr wissen, was andere machen, auch wenn ich weiß und akzeptiere, dass das Leben anderer auch nicht perfekt ist, tut es was mit mir. Und ich glaube, dasselbe tut es auch mit vielen anderen. Ich will nicht mehr teilen, was ich mache oder was in meinem Leben passiert. Ich fühle mich nicht mehr anonym.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich irgendwann zurückkehren werde, aber derzeit bin ich einfach nur genervt von der scheinheiligen Welt. Ich habe das Leben anderer auf Instagram wortwörtlich abonniert. Natürlich kann ich selbst entscheiden, was und ob ich etwas aus meinem Leben teile, aber für mich war es völlig normal zu teilen – ich würde es fast als Lifestyle bezeichnen.

Was ich mir wünsche

Vorrangig wünsche ich mir, dass in schönen Momenten der erste Gedanke nicht mehr „Das muss ich auf Instagram posten“ ist. Bisher war eine meiner morgendlichen Routinen, Instagram zu öffnen, um zu gucken, was ich verpasst habe. Die Zeit will ich jetzt in mich investieren oder ins Schlafen. Denn erstens: Ich muss gar nichts posten, ich generiere keinen Umsatz mit meinem Profil. Und zweitens: Ich verpasse nichts – zumindest nichts wirklich relevantes.

Ich habe zunehmend das Gefühl, nicht die einzige mit diesen Gedanken und Gefühlen zu sein. Für meine und die noch jüngere Generation wünsche ich mir mehr Bewusstsein der Oberflächlichkeit solcher Plattformen. Hier passt ein altbekannter Spruch: Es ist nicht alles gold, was glänzt. Und nur weil ich in der Medien-Branche arbeite, muss ich nicht auf jeder Plattform präsent sein. Für ein berufliches Netzwerk gibt es genug andere Plattformen. Diese werde ich nun intensiver Pflegen.

Anderer Meinung bin ich da übrigens mit Facebook. Wer aktiv im Web unterwegs ist, kommt inzwischen kaum um eine Registrierung bei Facebook vorbei. Denn manche Websites gehen teilweise soweit, dass ihr Login-Prozess lediglich mit Facebook funktioniert. Der Grund ist hoffentlich allen bewusst. Und auch Veranstaltungen werden oft ausschließlich über Facebook publiziert. Natürlich setzt das keine aktive Nutzung der Plattform voraus.

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