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Mann spricht Klartext: „Auch wir werden ungewollt angefasst“

Dies ist kein Text von mir, von Nina. Dies ist der Text eines Lesers, der nun selbst in die Rolle des Schreiberlings schlüpft, aber anonym bleiben möchte. Er hat sich an mich gewendet und mir von seinen Erfahrungen sexueller Belästigung berichtet, die ihn als Mann beschäftigen und auch direkt betreffen. Hier schreibt er nun – weil er sich nichts mehr wünscht, als dass sich die Gesellschaft endlich ganzheitlich respektiert.

Seit einigen Monaten beherrscht der Hashtag #metoo die Medien, hierbei geht es um die sexuelle Belästigung durch Männer an Frauen. Es ist schlimm, dass es sowas überhaupt gibt. Aber was mich bei dieser ganzen Diskussion nervt, ist: Es wird nie gefragt, ob nicht auch Männer Ähnliches erleben. Ich als junger Mann habe zumindest schon Erlebnisse gehabt, die die Grenzen des harmlosen Flirts überschreiten.

So erinnere ich mich zum Beispiel daran, wie unwohl ich mich immer gefühlt habe, als ich bei einem meiner ehemaligen Arbeitgeber in das Personalbüro gehen musste. Hier saßen zwei Frauen, die Mitte 40 waren und gerne Sprüche wie „Du solltest wirklich mal enge Hosen tragen, dann haben wir wenigstens auch mal was zu gucken“ abgelassen haben. Das ist vielleicht irgendwo auch ein Kompliment – charmant ist es aber ganz bestimmt nicht.

Müssen wir immer das starke Geschlecht sein?

Ähnliche Erlebnisse kennt vermutlich jeder junge Mann, der mal versucht hat, an einem vollen Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt zu bestellen. Hier kommt es schon mal vor, dass man eine Hand an seinem Hintern spürt oder einen Spruch von einer Gruppe Frauen zu hören bekommt. Aussagen wie „Solch ein jungen Kerl hätte ich auch gerne mal wieder“ sind dann keine Seltenheit. Sie sorgen dafür, dass man in einer Situation steckt, wo man sich unsicher ist, wie man sich richtig verhalten sollte. Ich grinse sowas meistens weg. Aber ist es richtig? Ist es richtig, dass wir Männer schweigen? Müssen wir immer das „starke Geschlecht“ sein?

Wir sollten unsere Gesellschaft als Ganzes betrachten.

Meine bisher krasseste Erfahrung habe ich auf dem Oktoberfest gemacht. Gekleidet in einer Lederhose griff mir eine Frau in den Schritt mit den Worten: „Man müsse ja wissen, was dort vorhanden ist und ob es sich lohnt.“ Hier war es auch keine Auslegungssache mehr für mich, sondern ich war peinlich berührt und gleichzeitig schockiert. Mir als junger Mann, der eigentlich sehr selbstbewusst ist und auch sexuell aufgeschlossen, fehlten die Worte. Ich habe mich lächelnd weggedreht und bin wieder zu meinen Freunden gegangen. Natürlich habe ich es keinem erzählt und habe weitergemacht als wäre nichts gewesen. Trotzdem war dieses eindeutig ein sexueller Übergriff. Doch welcher Mann will das schon zugeben? Und was würde passieren, wenn man dem nachgeht? Lacht die Polizei einen aus?

Natürlich soll dieser Text keinesfalls die Diskussion um Frauen, die sexuelle Belästigung erfahren, schmälern. Ich frage mich bloß, ob wir nicht einfach mal sagen sollten, dass sexuelle Belästigung an sich unausstehlich ist und wir aufhören sollten, dieses auf Geschlechter zu begrenzen. Wir sollten einfach anfangen, unsere Gesellschaft als Ganzes zu verstehen und nicht unterteilen in Geschlechter, Religionen oder Nationen.

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