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Der Wahn vom besseren Ich

Der Wecker klingelt. Nichts wie raus aus den Federn und ab in die Joggingschuhe. Danach etwas Yoga für die innere Balance und eine grüne Smoothie Bowl, um gesund in den Tag zu starten. Dann geht es weiter: Wir zählen unsere Schritte und unsere Kalorien; wir mühen uns im Job ab, bis wir nicht mehr können; wir verzichten auf ein paar Stunden Schlaf, um alles in unseren übervollen Terminkalender zu quetschen; wir quälen uns zum Sport, wenn wir eigentlich gerne auf der Couch liegen würden. Wir wollen perfekt sein, das beste Ich. Doch mit diesem Hang zur Selbstoptimierung schaden wir uns manchmal mehr, als dass es uns nützt.

Selbstoptimierung scheint zu einer Dauerbeschäftigung geworden zu sein. Soziale Netzwerke und unser Umfeld überschütten uns mit Tipps und Methoden, wie wir immer besser werden können: Es geht um gesunde Ernährung, Fitness, die innere Balance, Ordnung in den eigenen vier Wänden, unser Aussehen, neue Modetrends und und und… Aber können wir nicht einfach mal zufrieden sein? Einfach mal ein Wochenende auf der Couch verbringen und nichts tun? Einfach mal durchatmen? Das soll jetzt nicht heißen, dass wir nicht an uns arbeiten sollen, und dass wir uns keine Ziele mehr setzen sollen. Es geht vielmehr darum, eine Balance zu finden und sich bewusst zu werden, was man wirklich will.

You would free yourself from so much stress and drama if you just understood and embraced the truth that you are enough.
Steve Maraboli

Das Problem ist, dass uns immer und überall gezeigt wird, wie wir uns verbessern können. Auf Instagram folgen wir Accounts, auf denen immer alles glänzend ist. Freunde laden Fotos aus dem Fitnessstudio oder von ihrem supergesunden Essen hoch. Alle scheinen fit, gesund und aktiv. Das knittrige Gesicht am Morgen, der faule Sonntag im Schlabberpulli und der Abend mit Trash-TV bleiben im Verborgenen. Ein oberflächliches Bild, das Einfluss auf uns hat. Erst letztens habe ich mir einen Abend auf der Couch mit Fast Food gegönnt und bekam prompt ein schlechtes Gewissen, als ich kurz Instagram öffnete. Ach, hätte ich mal meinen inneren Schweinehund besiegt… Morgen reiß ich mich wieder zusammen!

Schluss damit! Denn seien wir doch mal ehrlich: Keiner von uns sieht aus wie ein Supermodel, keiner von uns isst immer nur gesund, keiner von uns springt voller Elan beim ersten Weckerklingeln aus dem Bett und kann sich nichts Tolleres vorstellen, als zehn Kilometer zu joggen. Ich zumindest nicht. Ich finde, wir sollten lernen, zufrieden mit uns zu sein, unsere Schwächen zu akzeptieren und unsere Stärken zu kennen, uns auch mal eine Pause zu gönnen. Und was versprechen wir uns eigentlich von der ständigen Selbstoptimierung: Erfolg im Beruf, Glück in der Liebe, die Anerkennung anderer?

Einfach mal ausschlafen (Foto: Elizabeth Lies/Unsplash)

Wer nicht ständig irgendwelchen Idealen hinterherläuft, hat mehr Zeit für sich selbst, Zeit für Freunde und Familie, Zeit für die eigenen Wünsche oder einfach mal zum Ausschlafen. Das Leben und der Alltag sind oft schon stressig genug, als dass wir uns selbst ständig unter Druck setzen sollten, um bei anderen mitzuhalten. Und wer etwas ändern will, dem sage ich eins: Tu es für dich. Für niemanden sonst.