Foto: Janina Kück, Montage: Daniel Gefers

Sarah Lorey: “Der Norden inspiriert mich”

Auf der Suche nach einem typisch norddeutschen Geschenk? Aber keinen Bock auf den üblichen Touristen-Kitsch? Dann haben wir einen Geheim-Tipp für euch: Direkter hinterm Deich, an der Wurster Nordseeküste, wohnt und arbeitet Sarah Lorey, freiberufliche Künstlerin und selbst ernannte SEEMANNSBRAUT. Sarah bietet handbemalte Keramik an – mit traditionellem Dekor, aber modern interpretiert. Warum der Norden sie so inspiriert, hat die ursprüngliche Wahl-Berlinerin im Interview verraten.

Handbemalte Porzellan- und Keramikmalereien haben eine lange Tradition an der Küste, erzählt Sarah Lorey. „Und genau das möchte ich bewahren und weitergeben.” Ihre Idee: schöne Urlaubssouvenirs abseits von austauschbarem Kitsch anbieten. Individuelle Fliesen, Kannen und Tassen sind darunter. Genauso wie Weihnachtskugeln und Futternäpfe für die lieben Fiffis. Letztere sind meistens Auftragsarbeiten, sagt sie. „Ich möchte meinen Kunden Erinnerungsstücke mitgeben, die nicht im Regal einstauben, sondern im Alltag benutzt werden und so die Erinnerungen an den Urlaub frisch halten.”

Foto: Twitter/Seemannsbraut

Bei der Auswahl ihrer Motive lässt sich Sarah vor allem durch die traditionelle Fliesenmalerei inspirieren: Schiffe, Windmühlen, Leuchttürme, landwirtschaftliche Szenen, norddeutsche Landschaften, reetgedeckte Häuser, Tiere, Blumen und nautische Symbole. Alles eben, was ihren Weg streift, wenn sie einen Spaziergang an der Nordseeküste macht.

Bei der künstlerischen Umsetzung der Motive lassen sich aber auch grafische Einflüsse erkennen. Kein Wunder, zumal Sarah gelernte Mediengestalterin ist.

Von Berlin an die Küste

Die heute 38-Jährige kommt gebürtig aus der Nähe von Münster. „Ich bin eigentlich mehr eine angeheiratete Seemannsbraut”, gibt sie mit einem Lachen auf den Lippen zu. Stolze 29 Mal ist die Wahl-Berlinerin umgezogen, bevor es sie nach Wurster Nordseeküste verschlagen hat. Der Liebe wegen: „Mein Mann ist ein wahres Küstenkind. Er kommt aus Bremerhaven und segelt regelmäßig. In Berlin zu wohnen, war einfach nicht sein Ding.”

Den Umzug bereut Sarah nicht. Ganz im Gegenteil: „Nein, ich will hier nicht mehr weg. Ich liebe den Norden, weil er so ehrlich ist. Hier kann ich genau so sein, wie ich wirklich bin. Meine Nachbarn haben mich damals sofort mit offenen Armen empfangen. Wo gibt es sowas denn sonst?”. Sie und ihr Mann würden zwar immer sagen, dass sie jetzt „am Arsch der Welt” wohnen – es sei jedoch „der Knackarsch” der Welt. „Ich hatte ohnehin schon immer einen Hang zum Maritimen, zur rauen und wilden Seite des Nordens.”

Wo sie auch hingeht, der Norden biete einfach überall Inspiration für ihre Malerei: „Die Landschaft ist grandios.” Und diese Liebe wissen auch ihre Kunden zu schätzen: Letztens habe sie einen Auftrag von einer Kundin aus Wremen bekommen, erzählt Sarah. Eine Innenarchitektin, die ihre ganze Küche renovieren und dafür handbemalte Fliesen mit Motiven aus der Region haben wollte. „Das hat mich schon sehr stolz gemacht. Ich habe ihr allerdings geraten, nur jede dritte Fliese bemalen zu lassen. Damit sie die vielen Motive nicht erschlagen.”

Schliesst sich eine Tür, öffnet sich eine andere

Das Leben im Norden tut Sarah aber nicht nur aus künstlerischen Gründen gut. Denn: Die 38 Jährige hat eine schwere Allergie gegen Papier, Druckerschwärze und andere Dinge, die aus einem bestimmten Baumharz hergestellt werden. Viele Aufenthalte im Krankenhaus und in Reha-Zentren hat sie schon hinter sich: „Mir hilft die Luft hier sehr und mit den entsprechenden Medikamenten komme ich auch gut klar.” Ihren damaligen Job als Grafikerin musste Sarah dennoch aufgeben. „Früher habe ich sogar eine Zeit im Hauptstadt-Marketing gearbeitet. Aber das fühlt sich mittlerweile wie ein früheres Leben für mich an.”

Und wie heißt es so schön? Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eben eine andere: In der Reha auf Sylt war es nämlich, als Sarah die Fliesenmalerei für sich entdeckt hat. „Irgendetwas muss man ja in der Reha machen. Sonst ist es da viel zu langweilig. Und ich habe mich eben für einen Kursus in Fliesenmalerei entschieden”. Eine ältere Dame namens Jungfleisch habe diesen  geleitet und dadurch das Feuer in Sarah geweckt. „Ich habe Frau Jungfleisch später sogar angerufen und ihr erzählt, dass ich mich mit der Malerei selbstständig mache. Das hat sie unglaublich gefreut.”

Seit dem Kursus sind nun bereits drei Jahre vergangen, in denen Sarah fleißig an ihrer Technik gefeilt hat. Heute hat sie ihr eigenes Atelier, in dem sie in stilechter Atmosphäre arbeitet: bei Musik von Hans Albers, Lale Andersen oder von einem Shantychor sowie bei einem Schluck Friesentee mit Kluntjes und einem Löffel Sahne.

Qualität statt Quantität

„Ich male zu 70 bis 80 Prozent Auftragsarbeiten”, antwortet Sarah auf meine anschließende Frage hin. Es würden aber auch viele Feriengäste zu ihr kommen, die auf der Suche nach schönen Urlaubssouvenirs sind. „Ansonsten bin ich auf ausgewählten Märkten oder Stadtfesten wie der Kieler Woche unterwegs.” Es würden sich auch immer mehr junge Leute für ihre Arbeit interessieren, erzählt Sarah. „Diesen Trend beobachte ich jetzt schon länger: Den meisten geht es immer mehr um Regionalität und Qualität. Manche sparen sogar richtig lange, um sich mehrere Stücke von mir zu kaufen. Ein vollständiges Service zum Beispiel.”

Sie sei sich aber natürlich darüber im Klaren, dass man ihre Ware nicht unbedingt zum Überleben brauche und dass sie außerdem einen gewissen Preis dafür verlange, resümiert Sarah. Aber das sei nicht weiter schlimm: „Meine Kunden wissen, wie viel Arbeit in manchen Stücken steckt. Und manche sparen wie gesagt richtig lange dafür. Das ehrt mich. Für mich ist das sogar eine enorme Wertschätzung. Lieber sie kaufen weniger, mögen es dafür aber auch mehr..”

Sarahs Arbeitsweise: Hauptsache Handbemalt

Da Sarah nicht selbst töpfert, bezieht sie die einzelnen Stücke aus ausgewählten Manufakturen, bevorzugt aus Italien. Die so genannte Schrüh- oder Rohware wird dort bereits einmal im Schrühbrand, bei circa 800 Grad, gebrannt. In Wurster Nordseeküste angekommen, bemalt Sarah sie. Entweder nach eigenen Entwürfen oder Kunden-Wünschen. „Ich arbeite nicht mit Schablonen. Es ist mir wichtig, das zu betonen. In der deutschen Fliesenmalerei laufen nämlich viele Produkte unter ‚handbemalt’, die es nach meinem künstlerischen Verständnis aber nicht sind.”

Nachdem Kannen, Tassen und Co. glasiert wurden, folgt die Trocknungsphase. Danach brennt Sarah die Stücke erneut bei 1000 Grad, und zwar in einem maßgeschneidertem Brennofen in der Werkstatt ihres Mannes. „Für den habe ich ordentlich was springen lassen”, sagt sie. „Aber der Ofen ist jetzt auch mein ganzer Stolz.” Dieser Vorgang dauert wiederum circa 24 Stunden. Je nach Technik, wird eine Keramik mehrfach gebrannt, bis sie endgültig fertig ist. Vor dem letzten Brand wird die Keramik glasiert. Alle Farben und Glasuren die Sarah verwendet, sind ungiftig. Die fertigen Werke sind spülmaschinengeeignet.

Zu gast im Offenen Atelier

Ihr Atelier, in dem sie jeden Mittwoch Besucher empfängt, verlagert Sarah übrigens bald nach draußen, beziehungsweise in eine alte Schiffsbrücke, die in ihrem Garten ihr neues Zuhause gefunden hat. „Das Teil da vorne? Genau das ist eine alte Brücke, wobei es im Moment mehr wie eine kleine Rumpelbude aussieht. Aber mein Mann und ich sind dabei, sie zu renovieren und auszubauen.”

Es sei eine ganz schöne Mammut-Aktion gewesen, die Brücke zu befördern, erzählt Sarah. „Das kannst du dir nicht vorstellen. Mit Schwer-Transport und allem drum und dran. Ich freue mich schon sehr darauf, wenn die Brücke erst mal fertig ist und ich ‚einziehen’ kann.”

Zum NorDKind gehört ein Nordhund

Während Sarah mir ihr zukünftiges Atelier zeigt, schlawenzelt ein ganz besonderer Freund um sie herum – Kuddel, ihr dreieinhalb Jahre alter Border Collie. „Kuddel ist total verschmust. Er ist die ganze Zeit mit dabei. Mein Arbeitsschutzbeauftragter sozusagen.”

Genau wie Sarah hat Kuddel einen eigenen Twitter-Account (@Nord_Seehund). „Manchmal macht er auch ein bisschen Werbung für mich. Das muss ich zugeben.” Generell halte sie allerdings nicht so viel davon. „Ich mag es nicht, meine Kunden mit Werbung vollzuschütten”, sagt Sarah. Wenn, dann poste sie meistens fertige Auftragsarbeiten oder Bilder aus ihrem Atelier: „Ich dokumentiere den Prozess meiner Arbeit. Die Leute sehen dadurch, wie viel Zeit ich in sie investiere.” Und dass das wertgeschätzt werde, sei für sie nun mal eh das Wichtigste, wiederholt Sarah zum Abschluss unseres Gesprächs.

 

Überblick

Seemannsbraut – Friesenfliesen&Meer
Wehlstrift 19a in Wurster Nordseeküste
Öffnungszeiten: mittwochs 10 bis 16 Uhr (offenes Atelier), weitere Termine nach Vereinbarung
Telefon: 04742/3443278 und 0173/2467486
Mail: [email protected]
www.friesenfliesen.de

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