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Interview mit den Donots: Mama ist stolz auf euch

Tourneen mit internationalen Superstars, politische Meinung und soziales Engagement – die Donots sind der lebende Beweis dafür, dass Deutschland mehr Punk-Größen zu bieten hat, als die Toten Hosen und die Ärzte. Sie leben Punk nicht nur, sie sind Punk. Sie sind aber auch fünf sympathische Männer aus Ibbenbüren bei Münster, die ihre Mutter zum Konzert mitnehmen und mit ihr und über 50 000 Fans zusammen ihren 70. Geburtstag feiern.

Es gibt gute Interviews, es gibt schlechte Interviews – und was es noch gibt, sind Interviews mit den Donots: Interviews mit den Donots sind so, als würdest du einen alten Freund wiedertreffen, den du lange Zeit nicht mehr gesehen hast: Ihr redet und redet und redet. Ihr kommt von einem Thema auf’s nächste, ohne Sprechpausen und ohne Anstrengung. Ihr redet über Privates, über den Beruf und über Weltgeschehen. Über alles eben, was euch gerade so einfällt. Vielleicht vergisst du auch die eine oder andere Frage, die du deinem alten Freund nach so langer Zeit gerne gestellt hättest. Einfach deswegen, weil ihr so vertieft in euer Gespräch seid. – So und nicht anders fühlt es sich an, die Donots zu treffen. Auch wenn man die Band vorher noch nicht persönlich kannte.

Unter Punk-Rockern:Janina und Nina haben sich hinter den Kulissen des Deichbrand-Festivals mit den DONOTS getroffen.. (Foto: NORDKIND)

„Ich gucke mal, wen ich von der Band finde”, sagt Tourmanagerin Maya hinter den Kulissen des Deichbrand-Festivals. „Irgendwie sind die Jungs gerade über das Gelände verstreut.” Kurze Zeit später kommt sie mit drei von fünf Donots zurück: Sänger Ingo, seinem Bruder und Gitarristen Guido und mit E-Bassist Jan-Dirk.

Nach einer kurzen Vorstellung fangen wir direkt damit an, über das Konzert von Placebo am Vortag zu reden. Ingo will wissen, wie es mir gefallen hat, da er schon verschiedene Stimmen dazu gehört hätte. „Also, ich fand es extrem gut”, antworte ich, „es war mein erstes von Placebo. Mir ist aber in der Tat aufgefallen, dass viele Fans eine gewisse Erwartungshaltung mitgebracht haben. Wenn die Klassiker nicht kommen, werden sie nörgelig.” Ihnen gehe das zum Glück nicht so, erzählt Ingo. „Aber warte mal, einmal hatten wir uns bewusst dazu entschieden, einen Song nicht zu spielen, weil es ein Cover ist. We´re Not Gonna Take It. Aber die haben uns so zusammengeschrien, ey. Da konnten wir nicht von der Bühne.” Fans dürfe man ja schließlich nicht verärgern.

Da hast du Recht. Aber bevor wir noch tiefer ins Gespräch einsteigen und über eure Fans reden, muss ich euch erst von jemandem grüßen – von meiner Muddi.

Jan-Dirk: Awww. Echt?

Ja natürlich. Sie ist aufgeregt, weil ich euch heute treffe. Ihr müsst nämlich wissen, dass sie euch schon mal live gesehen hat. Ich hab sie 2010 mal mit zu einem Green Day-Konzert geschleppt. Ihr wart damals Supporter.

Ingo: Genau. Bei welcher Show wart ihr denn? Mainz oder München?

Hannover.

Ingo: Ach, bei der Zusatzshow.

Richtig, Hannover ist einfach näher dran. Na ja und nun sieht’s folgendermaßen aus, dass meine Muddi euch einerseits ganz toll findet und mich andererseits gezwungen hat, euch nach der Handynummer von Billie Joe Armstrong zu fragen.

(Lachen von allen Seiten).

Ich habe es jetzt gefragt, wir können endlich anfangen. Muddi weiß, wann ich sie anlüge. Sie weiß, wenn ich euch nicht gefragt hätte.

Guido: Aber coole Mutter, ey.

Danke. Aber sag ihr das lieber nicht. Sonst wird sie übermütig und denkt, dass sie immer Recht hat. Nein, nur Spaß natürlich. Sie ist ja auch cool, ein Kind der 60er und 70er Jahre eben. Beach Boys, Rolling Stones, Kinks und so.

Guido: Ist doch geil.

Ich würde nicht unbedingt sagen, dass das, was wir in die Welt hinaus posaunen, in erster Linie eine politische Agenda ist. Das ist einfach menschlicher Verstand.

Beim Stichwort Green Day fällt mir ein, dass ihr früher – früher heißt zum Beispiel zur Regierungszeit von George W. Bush Jr. – viele Protest-Songs aufgenommen habt. Wie ist das heute, in Zeiten, in denen eine weltpolitische Schreckensnachricht wieder die andere jagt? Helfer, Weltverbesserer, Idealisten. Was habt ihr für ein Selbstverständnis in eurer Rolle als Musiker?

Ingo: Also ich finde, dass du es dir in heutigen Zeiten nicht mehr erlauben kannst, nicht politisch zu sein, sofern du eine gewisse Reichweite an Leuten hast.

Ich würde nicht unbedingt sagen, dass das, was wir in die Welt posaunen, in erster Linie eine politische Agenda ist. Das ist einfach menschlicher Verstand. Ganz ehrlich, es gibt so gewisse Dinge, so ganz stumpfe Respektgeschichten – für die musst du kein Politikwissenschaftler sein, um sie zu verstehen. Der gute alte, friedliche Umgang gehört einfach dazu. Das wissen nur leider heutzutage viele Menschen nicht mehr.

Wir haben auch gerade eine Single zum nächsten Album rausgebracht, die wir in Zusammenarbeit mit Adam Angst gemacht haben. Die heißt „Keiner kommt hier lebend raus”. Als der Song veröffentlicht wurde, war die Woche vorher gerade das Attentat in Manchester.

Beim Konzert von Ariana Grande.

Ingo: Ja genau. Da haben wir echt überlegt, ob es nicht zu zynisch ist, einen Song rauszubringen, der so heißt – „Keiner kommt hier lebend raus.” Aber eigentlich ist es genau diese zynische, überzogene Aussage, die am Ende des Tages zeigen soll: „Das Leben ist sowieso zu kurz, um es anderen Leuten noch kürzer zu machen.” Können wir nicht mal alle die „-ismen” ausstellen, die Religion ausstellen?

Das wäre was mit den Religionen…

Ingo: Wäre es auch. Mit dieser Message glaube ich, machst du die Welt ein kleines Stückchen besser. Das ist wohl vornehmlich auch das, was wir generell denken. Es ist das, was man tatsächlich in die Welt rausposaunen sollte und auch muss.

Wenn ich dich so reden höre, seid ihr im Grunde doch Humanisten, oder?

Ingo: Ja warum nicht. Kann man doch so sagen.

Guido: Wir sind halt als Punkband angefangen und wir verstehen uns auch immer noch als Punkband. Für mich war das nie zu trennen von einer Meinung oder einer politischen Einstellung. Punk ist mehr als einfach nur Tralala-Entertainment.

Jan-Dirk: Na ja, ein bisschen ist es das auch.

Guido: Ein bisschen, klar. Aber ich meine nur Party und öh öh öh.

Ich finde diese Einstellung gut. Aber ich bin ja auch generell ein Idealist und ein Rock ‘n’ Roll-Mädchen noch dazu.

Ingo: Es gibt aber auch Bands, die damit kokettieren und aus ihrer politischen Meinung eine Corporate Identity machen.

Du meinst, dass sie sich das Politische auf die Fahne schreiben und damit „angeben” oder so was? Vielleicht sogar, dass sie etwas verkörpern, was sie gar nicht sind?

Ingo: Ganz genau. Organisationen zu unterstützen, nur weil es en vogue ist, das machen wir nicht. Ich glaub, in all den Jahren, in denen wir das schon machen dürfen, den 23 Jahren, haben wir immer zeitnah irgendwelche politischen oder sozialen Kampagnen unterstützt. Und das machen wir mehr denn je, auch mit der neuen Platte.

Was ziemlich verrückt ist: Seitdem wir auf Deutsch singen, merken wir viel stärker, wie unmittelbar wir die Leute erreichen. Das macht einen schon stolz und glücklich, Teil einer Sache sein zu dürfen. Etwas anschieben zu können, ist eben das Quäntchen mehr, als nur Musik zu machen.

Jan-Dirk: Die Leute kommen übrigens jetzt immer zu uns und sagen „Ach, ihr seid ja auf einmal so politisch unterwegs mit euren Texten.” Aber eigentlich ist das schon immer so gewesen, sie haben es vielleicht nur nicht gehört. Diese Transferleistung, vom Englischen ins Deutsche meine ich, war wohl der Knackpunkt. Englisch geht ins eine Ohr rein und ins andere wieder raus. Viele machen sich leider nicht die Mühe, sich intensiv mit den Texten hinzusetzen und sie mal zu übersetzen.

Auf Deutsch zu singen Ist der Wahnsinn!

Mir geht das auch so. Obwohl ich gut Englisch spreche, ist mir der große Sinnzusammenhang nicht immer gleich klar. Auf Deutsch ist das was ganz anderes.

Jan-Dirk: Total! Die Texte gehen schneller in den Kopf, ohne dass man nachdenkt. Als wir damals mit Flogging Molly in den Staaten unterwegs waren, haben wir erst verstanden, was es heißt, in der eigenen Sprache zu singen. Das Publikum hat unsere Songs sofort gerafft. Viele kamen später sogar zu uns rüber und wollten über die Themen reden. Bei Flogging Molly hatten vorher natürlich auch alle aus voller Kehle mitgesungen. Ja, und in diesem Moment haben wir darüber nachgedacht, wie es wäre, barrierefrei zu singen. Sprach-barrierefrei sozusagen. Da kam uns zum ersten Mal der Gedanke, auf Deutsch zu singen. Und ich muss sagen – die Touren jetzt sind der Wahnsinn.

Fühlt ihr euch generell anders, seitdem ihr musikalisch auch in eurer, unserer Muttersprache unterwegs seid?

Jan-Dirk: Ja. Es ist wieder was Neues. Das schon. Seit 23 Jahren im Geschäft, lange Zeit Sprach-Routine – auf Deutsch zu singen, ist mir wie ein Bruch vorgekommen. Wir hatten auch ehrlich Respekt davor und haben uns die Sache nicht so leicht gemacht. 10 Tage waren wir, glaub ich, für dieses Experiment im Studio. Um wieder neu zu lernen und zu gucken, ob wir das überhaupt können. Wir hätten niemals eine Platte rausgebracht, hinter der wir nicht total hinter stehen. Von daher musste es gut sein. Später haben wir unseren Freunden und Bekannten 5-6 Songs vorgespielt. Ihre Reaktionen waren: Erstens, ist das geil und zweitens, das klingt so, als hättet ihr nie etwas anderes gemacht. Dann war es auch für uns okay. Wir haben weitergemacht.

Ihr stimmt eure Musik mit Freunden, Familien und Bekannten ab. Ist das echt so?

Ingo: Na ja, das sind zumindest diejenigen, die dir am unmittelbarsten sagen, wenn dein neuer Song Kacke ist.

Guido: Aber ich sage Kollegen, Eltern oder wem auch immer jedes Mal, dass ich nie etwas anderes machen würde, als das, was ich gerade mache. Wenn die am Ende sagen, dass die Songs Scheiße sind, machen wir sie trotzdem so. An sich ist es natürlich schon geil, ein ehrliches Feedback von denen zu bekommen, die dir wirklich die Meinung sagen und dir nicht die ganze Zeit nach dem Mund reden.

Euer privates Umfeld kennt euch ja auch am besten.

Ingo: Heute kommen übrigens Mama und Papa zum Konzert. Mama wird heute 70.

Ach was, gibt es dann auch ein Geburtstagsständchen für sie?

Ingo: Klar gibt es das. Also es ist schön, dass sie da sind, aber tendenziell macht einem das auch einen Tick mehr Druck. Die beiden würden merken, wenn etwas nicht stimmt.

Guido: Und meinte Tochter kommt heute auch. Sie sieht zum ersten Mal ein Konzert von uns.

Heute ist wirklich ein großer Tag für euch. Wie alt ist denn deine Tochter, Guido?

Guido: 3,5.

Dann wird es ziemlich laut für die Kleine.

Guido: Ja das stimmt. Aber ich bekomme später auch was zu hören, wenn das Konzert nicht gut war.

Ingo: Dann steckt ihr sie danach eben ins Internat (lacht). Aber das ist eben genau dieses Ding: Es können dir 1000 Leute, die du nicht kennst sagen, dass dein Album toll war oder dass dein Album Scheiße war. Davon nimmst du dir natürlich auch was mit, aber Freunde und Familie – da hast du schon den Anspruch, dass die auch immer ehrlich zu dir sind.

Es wurmt einen einfach mehr, negatives Feedback von der Familie zu hören, finde ich. Meine Oma zum Beispiel konnte damals nichts mit meinem Studium anfangen. Mit Kulturanthropologie brauchste einer 90-Jährigen nicht kommen, eher mit der Sparkasse. Und obwohl ich das weiß, wollte ich, dass meine Oma gut findet, was ich mache. Ist nun mal so.

Ingo: Auf jeden Fall ist es das.

Bei einer Punkrock-Show ist alles erlaubt.

Von eurer Familie zu eurem sozialen Engagement: Ihr macht ja extrem viel auf diesem Gebiet. Seit 2017 seid ihr zum Beispiel Jubiläumsbotschafter für die Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, eine diakonische Einrichtung, die sich unter anderem um Menschen mit psychischen Problemen kümmert. Bethel ist in der Nähe von in Bielefeld, nicht weit weg von eurer Heimat Münster. Sind die daher auf euch zugekommen?

Ingo: Wir haben lustigerweise gestern Abend noch mit dem Veranstalter von „DAS FEST” (Karlsruhe) über das Thema gesprochen. Er war vor 1,5 bis 3 Jahren nämlich derjenige, der uns dahin gebucht hat.

Wir haben danach eine Show in Bielefeld gespielt, die sich auf dem Papier erst mal ultra merkwürdig angehört hat. „Ihr geht da in eine Schule für behinderte Kinder und spielt in der Aula ‘ne Show.” Ne Punkrock-Show für behinderte Kinder – damals wussten wir nicht, was wir von dieser Aktion halten sollten.

Jan-Dirk: Auch wegen der Einschränkungen, die die Kinder vielleicht haben.

Ingo: Das meine ich. Wir wussten im ersten Moment ganz vieles nicht: Müssen wir mit dem Licht aufpassen, wegen der Epilepsie? Darf unser Konzert laut sein? Dürfen die ganz krassen Songs dabei sein? Dann hieß es, dass wir unsere Ansprachen bitte verständlichen (verständlich oder verständlicher?) machen sollen – und so weiter und so fort. Wir hatten einfach die Angst, dass die Situation ultra merkwürdig werden könnte.
Tja, und als es dann soweit war und wir die ersten Songs gespielt haben, war der Raum voll mit lächelnden Gesichtern. Wir haben den Kindern gesagt, dass bei einer Punkrock-Show alles erlaubt ist. „Wie auch immer ihr Bock habt, eurer Freude Ausdruck zu verleihen – genau das macht ihr jetzt.” Die Kinder haben daraufhin getanzt und sind irgendwann einfach zu uns auf die Bühne gekommen.

Jan-Dirk: Da waren Menschen in Betten vor der Bühne, in Rollstühlen und mit Krücken. Die haben sich einfach den Arsch abgefreut. Das hat unseren Akku so aufgetankt. Es war so schön – der Veranstalter hat hinterher Rotz und Wasser geheult. Der war so fertig und hat sich bedankt, dass die Sache so gut gelaufen ist. Dass die Kinder so happy waren, war einfach super.

Ingo: Genau darum geht es: Die unmittelbarste Sache mit der du helfen und deinen Beitrag leisten kannst, ist, das zu machen, was dir liegt und was du kannst.

Jan-Dirk: Das war voll süß – die Kinder hatten sich vorher Interview-Fragen überlegt, die sie uns vor der Show gestellt haben.

Was haben sie euch denn so gefragt?

Jan-Dirk: Ich weiß es nicht mehr genau, aber es war gar nicht so schlecht. Gute Fragen. Teilweise haben sie sich aber nicht getraut, ihren Zettel rauszuholen. Das war wirklich niedlich.

Ingo: „Haben Sie Vorbilder?”, so etwas war das.

Und was hast du darauf geantwortet? Die Frage ist gut. Die klaue ich mir glatt.

Ingo: Dass es viele Bands und Künstler gibt, die ich toll finde, aber dass das Wort „Vorbilder” immer so nach „nacheifern” oder „kopieren” klingt und ich es deswegen nicht so gut finde.

Also würdest du an dieser Stelle eher von Inspiration sprechen?

Ingo: Ja. Ich probiere immer mal wieder, im Abstand von 2 Jahren vielleicht, eine All-time-favorites-Rangliste zusammenzustellen. Von Bands und Alben, die für mich wichtig waren. Dann denke ich jedes Mal: „Fuck, jetzt ist die Top 20 fertig und es fehlen immer noch 30”. Das ist ganz fürchterlich. Im Grunde kann da aber auch alles bei mir drauf sein: Filme, Solokünstler, Singer-/Songwriter-Zeug, Punk, Metal, Hardcore, Electro-Pop und sogar Scheiß-Musik. Weil ich dadurch auch ziemlich genau weiß, was ich nicht machen will.

Heimat definieren wir über die Leute, die uns wichtig sind. Nicht über einen Ort oder einen Landstrich.

Wir hatten das Thema Sprache ja vorhin schon mal, aber ich habe leider vergessen, dich noch etwas dazu zu fragen, Ingo. Auch wieder etwas, das ich ansprechen muss. Nicht weil Muddi das sagt, sondern weil ich von der Küste komme.

Ingo: Ja, bitte alles hier ansprechen.

Du singst tatsächlich auch auf Plattdeutsch und bist mit einer Band namens „Schrappmesser” unterwegs. Was hat es damit auf sich?

Ingo: Pass auf, jetzt kommt’s. Heute ist echt ein besonderer Tag: Der Kruse, der Bassist von Adam Angst, mit dem ich Schrappmesser zusammen mache, kommt heute auch vorbei.

Schrappmesser is en plattdüütsche Rock-Band ut de westfäälsche Kuntrei. Ingo Knollmann vun de Donots hett sik in’n September 2008 mit Christian Kruse und Philipp Meyer vun Waterdown tohoopdaan un se maakt nu op Plattdüütsch Musik. Dat eerste Leed heet Seucken un Kapottmaken.

In der Tat liegt schon seit ‘nem guten Jahr eine 7 Inch fertig rum, die nur noch gesungen werden muss. Das liegt aber nicht an mir: Phil, unser Trommler, bei dem das im Studio aufgenommen wird, ist ultra beschäftigt. Sein Studio ist die ganze Zeit zugebucht, weil er sich damit seinen monatlichen Lohn verdient. Wir sind deswegen immer noch nicht dazu gekommen. Die Scheibe kommt, sie wird bescheuert, und es kann sich nur noch um fünf Jahre handeln. Bei Schrappmesser ist es aber ja zum Glück so: Ich sing zwei Tapes und das schlechtere wird genommen. Wenn Fehler drin sind, werden die gelassen und dann ist der Song fertig.

Wie seid ihr denn überhaupt auf die Idee zu diesem Projekt gekommen? Ist das so ein Emotion-Heimat-irgendwas-Ding?

Ingo: In unserem Elternhaus sind wir ja tatsächlich zweisprachig aufgewachsen: Oma und Opa und haben miteinander Platt gesprochen. Papa auch. Da bekommt man halt ‘ne Menge mit, auch wenn ich es besser verstehen als sprechen kann. Das kann ich echt nur ein bisschen.
Ich weiß aber gar nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind. Das war wohl eher ein Witz bei einem Bier. Nach dem Motto: Eine Oldschool-Band ist doch eine Band, die für ältere Leute Musik macht. Warum machen wir das nicht richtig und gründen ‘ne Gruppe, die plattdeutschen Dialekt benutzt, den nur alte Leute aus Ibbenbüren verstehen.

Ihr müsstet eigentlich mal mit einem Shanty-Chor auftreten. Ganz stilecht mit Akkordeon. Oder wäre das wirklich nur was für die Küste?

Ingo: Bei uns sind das eher so Bergmann-Chöre oder hier, diese Kiepenkerle. Aber irgendwann, irgendwann ist es so weit.

Wie wichtig ist das Thema „Heimat” eigentlich für euch? Als Musiker seid ihr ständig unterwegs, betreut Projekte und macht viele andere Sachen, die ich wahrscheinlich nicht mal erahnen kann. Braucht ihr da einen persönlichen Ankerplatz?

Ingo: Klar. Wenn du die ganze Zeit unterwegs bist, freuste dich, wenn du irgendwo vor Anker gehen kannst. Ich würde deswegen eher „Heimathafen” sagen als „Heimat”. „Heimat” ist eh so eklig vorbelastet. Da denkt man immer an Deutschtümelei. Turbostaat haben das doch so toll in dem einen Song gesagt: „Wenn du ein Zuhause hast, brauchst du keine Heimat mehr.” Die Formulierung macht es eigentlich ziemlich klar.

Aber wenn du trotzdem das Wort bemühen möchtest: Heimat definieren wir eher über die Leute, die uns wichtig sind und nicht über irgendeinen Ort oder einen Landstrich.

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