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Wenig Zeit, viel Stress: Wie Routine dagegen hilft

Stress auf der Arbeit kann extrem anstrengend sein und sich schnell zur Dauerbelastung für die körperliche und geistige Gesundheit entwickeln. Was mir dabei hilft, meine Aufgaben strukturiert und schnell zu erledigen, ist Routine. Sie hilft mir außerdem dabei, stärker auf mich, meine eigenen Bedürfnisse und auf meine Gesundheit zu achten.

Der Übergang von der Uni- in die Arbeitswelt war hart. Ich hatte zwar schon früher viel gelernt und immer viel Fleiß in meine Arbeit gesteckt – aber das heute? Das ist etwas anderes! Auf einmal geht es nicht mehr nur um meine eigene Vita. Es geht nicht mehr um die Frage, ob ich 12, 13, 14 oder 15 Punkte auf eine Hausarbeit bekomme und meinen Notendurchschnitt dadurch halten kann. Ich bin jetzt Teil eines Ganzen, das funktionieren muss. Ich habe Kollegen, mit denen ich zusammenarbeite und die ich nicht enttäuschen möchte. Ich habe Kollegen, die mich deswegen auch stärker beurteilen, als es vorher der Fall war. Ich habe das Gefühl, noch mehr funktionieren zu müssen als vorher. Resultat: Leistungsdruck von allen Seiten. Leistungsdruck, dem ich mich anfangs voll und ganz hingegeben habe. So wie früher eben, nur in stärkerer Form.

Da ich jedoch ein sehr feinfühliger Mensch bin und bereits in der Vergangenheit erlebt habe, wie es ist, sich voll und ganz auszupowern, habe ich seit einiger Zeit damit angefangen, meine Arbeit stärker zu strukturieren und stärker auf Grenzen zu achten. Zur Prophylaxe sozusagen. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Nervosität, Gewichtszunahme – all das sind gute Ratgeber, die mir gezeigt haben, dass es Zeit dafür ist. Was mir hilft ist Routine – vor der Arbeit, während der Arbeit und nach der Arbeit.

Vor der Arbeit

Früh aufstehen lautet mein oberstes Credo. Warum? Um Zeit für mich zu haben und den Tag nicht mit Eile beginnen zu müssen. Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als mir morgens schnell ein Frühstück reinzudrücken, zur Arbeit zu hetzen und dort das Gefühl zu haben, am liebsten sofort wieder duschen zu gehen. Diese neue, alte Gewohnheit spielt mir als Morgenmensch zugegeben in die Karten.

An Werktagen versuche ich außerdem jeden Morgen Sport zu machen, mindestens 30, am besten 60 Minuten. Pilates, Stepper oder eine Mischung aus Joggen und Walken. Alles kein Hochleistungs- oder Abnehmsport. Alles nichts, was andere auf Instagram posten würden, um sich und ihren Körper dort zu präsentieren. Einfach nur Sport. Sport für mich, für mein Wohlbefinden und für meinen ohnehin schmerzanfälligen und geplagten Rücken, der ohne wahrscheinlich auseinanderfallen würde. Jahrelange Schreibtischarbeit zeigt nämlich schon jetzt ihre Auswirkungen bei mir.

Während der Arbeit

Ich bin ein großer Freund von To-do-Listen. Das war ich schon immer. Ist eine Charaktersache, denke ich. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass To-do-Listen auch das Gefühl vermitteln können, langsam im dichten Dschungel von Arbeitsaufgaben zu ersticken. Solche Listen haben nämlich den Nachteil an besonders arbeitsintensiven Tagen, länger und länger zu werden. Da das psychologisch nicht gerade förderlich ist, habe ich mir angewöhnt eine Kombination aus To-do-Liste und Mindmap zu machen, die ich nach bestimmten Bereichen gliedere, oftmals auch hierarchisch: „Privates” und „Arbeit” lautet meine Haupteinteilung, meistens auf zwei verschiedenen Zetteln. Im Bereich „Arbeit” trenne ich derzeit wiederum mein „Alltagsgeschäft” von meiner „Projektarbeit”. Eingefügt werden zu erledigende Urlaubsanträge („Alltagsgeschäft”) oder organisatorische Mails („Projekt”) – je nachdem, was anliegt. Die einzelnen Punkte arbeite ich dann nach Prioritäten ab. Das ist mir sehr wichtig. Wenn etwas weniger Akutes auf meiner Liste stehen bleibt, finde ich das nicht schlimm. Am Ende jedes Arbeitstages lege ich eine neue Liste an – sozusagen als letzte Tätigkeit, bevor ich das Büro verlasse. Der Vorteil: Am nächsten Morgen habe ich einen genauen Überblick über meine Aufgaben. Ich muss keinen großen Geistesaufwand investieren, um mich selbst erst wieder neu zu ordnen.

Fernab von allen Aufgaben, die sich innerhalb des Tages ansammeln, besteht einer meiner wichtigsten Routineabläufe darin, tatsächlich meine Mittagspause zu nehmen. Und das ist keine Selbstverständlichkeit wohlgemerkt! Oftmals macht sich auch das schlechte Gewissen in mir breit – viele Kollegen schieben sich nur zwischendurch ein Brötchen am Arbeitsplatz rein, weil ihr Pensum schlichtweg zu groß ist. Aber was soll ich tun? Ich funktioniere nicht ohne richtige Mittagsmahlzeit, bekomme Kopfschmerzen oder niedrigen Blutdruck. Ob ich unter solchen Umständen gute Arbeit leisten kann, ist fraglich. Bevor ich meine 60 Minuten Auszeit nehme, schließe ich allerdings wichtige Gedankengänge ab, an denen ich gerade grüble. Wenn der Flow da ist, möchte ich ihn auch nutzen. Im Anschluss heißt es dann, nach draußen zu gehen. Ich esse nämlich nicht in der Kantine, sondern außer Haus, um im wahrsten Sinne des Wortes andere Tapeten zu sehen. Meistens gönne ich mir eine Kleinigkeit im Restaurant, weil ich zugegeben keine Lust habe, abends vorzukochen. Mein kleiner Luxus.

Beim Thema Ernährung verdient es ein Punkt meiner Meinung nach, besonders hervorgehoben zu werden – ich trinke sehr viel Wasser. Nicht nur in der Mittagspause, sondern auch während der Arbeit. Als ich angefangen habe zu arbeiten, habe ich diese Routine viel zu lange schleifen lassen. Resultat: Schlechte Haut, oft Kopfschmerzen, Unwohlsein. Ein Gang zur Toilette bietet außerdem den Vorteil, sich während der Arbeit mehr zu bewegen.

Wieder zu den ernsten Themen: Seine E-Mails zu checken, ist vor allem für interne Kommunikation wichtig. „Können wir uns kurz treffen und über Thema X reden?” Sowas passiert oft. Ich habe mir allerdings angewöhnt, mein Postfach nicht mehr ständig offen zu lassen, sondern es circa im Abstand von 1,5 bis 2 Stunden zu checken. Die ständigen Reize lenken mich extrem ab – insbesondere dann, wenn ich einen Text schreibe, der bald fertig sein muss. Auf jeden Fall öffne ich mein Postfach noch einmal vor Arbeitsende, etwa 30 Minuten vorher. Ich schließe wichtige Gespräche ab und weise vielleicht auch darauf hin, für heute nicht mehr erreichbar zu sein. In akuten Fällen gibt es schließlich meine interne Telefonnummer, unter der ich fünf Minuten vor Schluss noch zu erreichen bin.

Und nun das große Finale, das hart umkämpfte Finale jedes Arbeitstages: der Feierabend. Ich gehe pünktlich nach Hause – auch auf die Gefahr hin, sich bei dem ein oder anderen Kollegen unbeliebt zu machen und den Eindruck zu erwecken, nicht genug Einsatz zu zeigen. Dass gerade letzteres nicht so ist, weiß dann zwar nur ich – aber das reicht mir. Das muss mir reichen. Wiederholung: Wer sensibel ist, aber gleichzeitig die Tendenz hat, sich auszupowern, sollte sehr gut auf seine Gesundheit achten. Pünktlich zu gehen, ist für mich eine Form von Überlebenstraining, um vorzeitiges Burnout zu vermeiden. Denn wer achtet auf meine Gesundheit, wenn ich es nicht selbst tue?

Nach der Arbeit

Ich habe vor Kurzem eine neue Investition getätigt und mir ein Diensthandy angeschafft. Ständige Erreichbarkeit macht mich fertig. Wenn zu jeder Zeit das Handy klingelt, weiß ich irgendwann nicht mehr, wo oben und unten ist. Deswegen ist es mir sehr wichtig, abends und am Wochenende meine Ruhe zu haben und neue Energie zu tanken – auch, um nächste Woche wieder auf der Arbeit funktionieren zu können. Das Diensthandy schalte ich abends aus. Bei solchen Aussagen besteht natürlich wieder die große Gefahr, verurteilt zu werden: „Du bist zu sensibel”, „Du bist nicht leistungsfähig”, „Du suchst doch nur Ausreden”, „Du bist unkollegial” – oder was auch immer. Wer nicht weiß, wie es ist, feinfühlig zu sein, sollte sich diese Kommentare verkneifen und sich meine Arbeitsergebnisse angucken. Wenn die schlecht wären, darf meinetwegen geurteilt werden.

Nach der Arbeit pflege ich mein Privatleben. Wann sollte ich es auch sonst tun? Ich schreibe bei WhatsApp mit alten Freunden oder gehe raus, an den Deich vielleicht. Auch hier geht es bei mir mehr in Richtung Ruhe. Ein Typ für „party hard” bin ich nicht. Lieber entspannt mit meiner besten Freundin eine Weinschorle trinken und auf den Hafen blicken. Und wenn ich darauf keine Lust habe, liege ich einfach auf meinem Sofa und gucke einen Film. Es kann auch passieren, dass ich abends den Fernseher laufen lasse und bügele. Weniger cool, aber auch der Haushalt muss irgendwie gemacht werden. Nebenbei: Mein Respekt für alle Eltern, die es neben ihrer 40-Stunden-Woche noch hinbekommen, sich um ihre Kinder zu kümmern, ihren Haushalt zu schmeißen und im besten Falle noch Zeit für ihre Freunde und ihre Familie finden. Ich bin mal gespannt, wie das bei mir ist, wenn ich in der Zukunft mal in die Situation kommen sollte.

Das Heiligste ist mir mein Wochenende. Das Wochenende brauche ich noch mehr zur Regeneration als einen Abend innerhalb der Woche. Mein Diensthandy ist dann definitiv ausgeschaltet, Mails werden nicht gecheckt. Auch aus dem Grunde, da ich eine Fernbeziehung führe. Mein Freund und ich haben ohnehin wenig Zeit, die wir miteinander verbringen können – ganz klar, dass er am Wochenende im Vordergrund steht. Wer mir außerdem sehr wichtig ist, ist meine Oma. Gerade die ist in der jüngsten Vergangenheit zu kurz gekommen. Und da ich das später nicht bereuen möchte, wird es Zeit, sie am Wochenende zu besuchen.

Routine ja, aber kein Zwang

Wenn ich es mal nicht schaffe, meine eigene Routine in die Praxis umzusetzen, ist es auch so. Pilates zum Beispiel ist keine Pflicht. In einem pseudo-perfekten Leben vielleicht, aber nicht in meinem. Wenn ich mit Kopf- oder Unterleibsschmerzen aufwache, mache ich es nicht. Punkt. Kein Grund sich deswegen schlecht zu fühlen.

Es ist mir außerdem sehr wichtig zu betonen, dass dieser Text kein generalisierender Text ist. Es ist meine Perspektive, die ich derzeit auf mich, mein Leben und meine Arbeit habe: Ich bin 26 und habe nach der Uni angefangen, in den Medien zu arbeiten. Wie ein junger Arzt in der Notaufnahme seinen Arbeitsalltag verbringt, kann ich nicht sagen.

Was meine Branche angeht, spreche ich auch nicht von Phasen, in denen neue Projekte anstehen und in denen Überstunden nicht zu vermeiden sind. Ich plädiere nicht dafür, jeden Tag pünktlich um 18 Uhr den Stift fallen zu lassen und Nachrichten von aktuellen Weltgeschehnissen zu ignorieren, die genau in diesem Moment reinkommen. Nach dem Motto: Lass die anderen mal machen. Wenn ich mal länger arbeite, ist es okay und manchmal eben nötig. Mir geht es nicht um die Ausnahmen. Es geht mir um den Durchschnitt. Und beim Durchschnitt hat Routine sich für mich bewährt. Sie hilft mir dabei, alles unter einen Hut zu bekommen. Sie hilft mir dabei, auf mich, meine Gesundheit und mein Privatleben zu achten.

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Janina

Über Janina Kück

Hat zwei Herzen in ihrer Brust: Das einer kleinen Madame mit einem Faible für französische Mode - Ringelshirts, rote Lippen und Kurzhaarschnitte - und das eines RockʹnʹRoll-Girls, für das laute und wilde Konzerte genauso wichtig sind wie Sauerstoff. Ihre Liebe für Rotwein und Kaffee ist irgendwo dazwischen. Genauso wie ihre dunkle Leidenschaft für Pete Doherty.

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