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Bloody Women: Schluss mit bösem Blut

Ich habe meine Tage und leider keinen Tampon dabei. Kein Problem, ich frage einfach laut im Großraumbüro nach: „Hat jemand einen Tampon für mich?” Die Szene kommt dir wahrscheinlich komisch vor. Du hast mich ertappt. Das war ein kleiner Scherz und ist natürlich so noch nie passiert. Im echten Leben tue ich das hier: Ich gehe zur einer Kollegin und flüstere: „Hast du mal einen Tampon?” Sie kramt in ihrer Tasche und drückt es mir unauffällig in die Hand. Wir verhalten uns, als ginge es um Drogen.

Hätte ich Schnupfen und bräuchte ein Taschentuch, würde ich einfach laut fragen. Absurd. Meine Periode ist nicht mal eine Krankheit. Sie ist sogar das Gegenteil davon. Ich bin kerngesund und mein Körper macht sich jeden Monat bereit, ein Kind zu zeugen. Monatlich wandert eine Eizelle in meine Gebärmutter, wenn sie nicht befruchtet wird, blute ich sie wieder aus. Rotes Blut. Kein blaues, klinisches Gel, wie es in der Werbung gezeigt wird. Und die weiße Bettwäsche empfinde ich in den Werbespots auch als sehr beschönigend. Die Periode ist nicht schön, aber sie ist ein natürlicher Prozess. Ein verdammt nochmal natürlicher Kreislauf. Das Bluten kann ich nicht kontrollieren und auch nicht vorhersagen. Läuft bei mir.

Und manchmal wird das Bluten von Krämpfen begleitet. Das ist für niemanden eine Neuigkeit. Auch nicht für Männer. Und trotzdem würde ich es niemals auf der Arbeit sagen. Stattdessen lasse ich mir – wenn es wirklich mal schlimm ist – eine Ausrede einfallen, wenn ich zu Hause bleiben muss, weil ich mich einfach kaum bewegen kann und mit Wärmflasche auf dem Sofa liege. Auch in der Schule war ich an den Tagen „krank”.

„Geht’s dir wieder besser?”, wird man dann am nächsten Tag gefragt. „Äh, ja, geht wieder, danke.” Was ich hatte? „Migräne.” Wahlweise auch eine leichte Erkältung, Magenprobleme oder irgendetwas anderes, das nur einen Tag andauert. Ich komme mir dabei bescheuert vor, weil ich eigentlich weiß, dass ich es offen sagen könnte: Ich hatte Regelbeschwerden. Was mich davon abhält, ist die Befürchtung, nicht ernst genommen zu werden. Es gibt schließlich viele Frauen, die gar keine Beschwerden haben während ihrer Periode. Wie soll ich schon beweisen, dass meine Schmerzen echt sind? Dann meldet sich auch die Feministin in mir. Es ist wohl die größte Angst aller Frauen, nicht gleichwertig neben Männern dazustehen. Wenn ich manchmal ausfalle, weil ich menstruiere, bin ich ja quasi eine kleinere Arbeitskraft. Oh Gott, vielleicht meint dann einer, Frauen hätten es verdient, prozentual weniger zu verdienen als die Männer. Dann sage ich lieber einfach, ich hätte Migräne.

Ich will die Männer schonen

Aber es ist auch noch etwas anderes, das mich davon abhält, offen mit dem Thema umzugehen. Ich will die Männer schonen, sie sollen sich nicht unwohl fühlen, weil ich die Worte „Meine Tage” laut ausspreche. Rational gesehen ist das absurd, jeder Mann hat eine Mutter, viele haben Schwestern, eine Freundin oder eine Ehefrau an ihrer Seite. Die Periode ist kein Geheimnis. Sie ist nur ein Tabu. Und vermutlich ist es erst die Heimlichtuerei, die es für die Männer unangenehm macht. Frauen verhalten sich, als dürften Männer davon nichts mitbekommen und wenn sie es versehentlich doch tun, fühlen sie sich, als hätten sie etwas Verbotenes gehört.

Dabei leben wir in einer gleichberechtigten Gesellschaft. Wir könnten versuchen, Vorbild zu sein für andere Länder in denen Frauen als unrein gelten (Afghanistan, Indien) und während ihrer Periode nicht in ihrem eigenen Haus schlafen dürfen (Nepal). Dort weiß man nicht einmal, wodurch das Blut verursacht wird. Hygieneartikel gibt es natürlich auch nicht. Wir könnten das Tabu in unserer Gesellschaft außer Kraft setzen und dadurch vielleicht auch endlich neuen Wind in die eingeschlafene Tampon-Branche bringen. Menstruationstassen setzen sich langsam durch (die benutze ich selbst schon seit vier Jahren und finde sie super). Es gibt Öko-Binden, Bio-Tampons und spezielle Unterhosen, die man wäscht und wieder verwendet. Aber ansonsten sind die Produkte schon seit Jahrzehnten die gleichen. Und obwohl seit 1968 ein verminderter Steuersatz für Güter des täglichen Gebrauchs existiert, sind Tampons noch immer mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent versehen, statt dem geringeren mit 7 Prozent. Man bezahlt für Tampons mehr Steuern als für Kaviar! Eine Petition dagegen kannst du hier unterschreiben.

Kontrollwahn in Pillenform

Mein Eindruck ist, dass unsere Gesellschaft ein Problem mit Dingen hat, die nicht kontrolliert werden können. Die Periode gehört dazu. Wenn der Körper nicht funktioniert, werden Schmerzmittel eingeworfen. Wenn die Periode unregelmäßig kommt, wird die Pille verschrieben. Wenn sie besonders wehtut, nimmt man die Pille einfach drei Monate am Stück und unterdrückt somit drei Zyklen. Ich verstehe, warum Menschen das tun. Aber ich glaube, dass unsere Gesellschaft einen gefährlichen Kurs einnimmt. Denn wir können nicht alles kontrollieren. Und ganz nebenbei verlernen wir, auf unseren eigenen Körper zu hören. Kopfschmerzen können ein Warnsignal sein, das wir mit Aspirin schlicht unterdrücken und ignorieren. Frauen (nicht nur junge) werden unwissentlich schwanger, weil sie nicht wissen, dass die Pille nicht zu hundert Prozent schützt.

Menstruation, Verhütung, schmerzende Brüste – das Tabu der „Frauenthemen” ist gefährlich. Es gibt Mädchen, die beim ersten Mal gar nicht wissen, warum sie bluten. Das macht ihnen Angst. Viele Frauen haben noch nie davon gehört, dass Tampons Krankheiten übertragen können. Man spricht nicht darüber, man benutzt sie einfach. Dabei ist das Risiko am Toxischen Schocksyndrom zu erkranken viel geringer, wenn man Biotampons benutzt – aber auch die sind noch sehr unbekannt. Die meisten Frauen kaufen die gängigen Marken in der Drogerie.

Mein Plädoyer lautet nicht, dass Frauen nun ständig mit Männern über ihr Blut, ihren Ausfluss und Spannungsempfinden in ihren Brüsten sprechen sollen. Aber wenn man ins Schwimmbad eingeladen wird, ist es doch eigentlich ein Leichtes zu sagen: „Geht nicht, ich hab meine Regel.” Oder an der Arbeit ehrlich zu sein: „Ich hatte Regelbeschwerden.” Und wenn dir mal ein Tampon aus der Tasche fällt, ist das nicht peinlich. Es wäre dir auch nicht peinlich, wenn es Taschentücher wären.

Meine Tipps von Frau zu frau

In dem Buch „Verhüten ohne Hormone” von Dorothee Struck können Frauen viel über ihren Zyklus lernen. Struck schreibt unter anderem über Menstruationsbeschwerden und gibt Tipps. Sie beschreibt die Verhütungsmethode „Natürliche Familienplanung”, bei der man die eigene Temperatur misst und den Körper beobachtet.

Schafgarbentee gegen Regelbeschwerden ist einer der Tipps von Dorothee Struck, den ich seit ein paar Wochen ausprobiere. Den gibt es in Reformhäusern. Davon trinkt man täglich eine Tasse. Wenn das nicht hilft, gibt es auch noch Tees, die nur während der Periode getrunken werden. Die Mischungen enthalten oft Frauenmantel, Schafgarbenblüten oder Goldrutenkraut und werden in Kräuterläden und Apotheken verkauft.

Die Menstruationstasse ist eine umweltfreundliche und praktische Alternative zum Tampon. Das Beste daran: Du brauchst unterwegs keinen Ersatz dabei zu haben. Du leerst sie aus und verwendest sie wieder.

Auf meinem persönlichen Wunschzettel steht noch das Buch „Ebbe und Blut” von Luisa Stömer und Eva Wünsch. Sie schreiben, so versprechen es die Rezensionen, mit viel Fachwissen über das Tabuthema.

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Dörthe

Über Dörthe Schmidt

Besitzt mehr Ohrringe als sie zählen kann und hat auch schon mehr davon verloren, als sie je zugeben würde. Isst schon seit Jahren vegetarisch, wird jedoch schwach bei Marshmallows am Lagerfeuer. Liebt die Natur, Handarbeit und Weltverbesserer.

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