Foto: Arnaud Mesureur

Das Wasser kommt und geht. Doch warum eigentlich?

Nein, es ist keine Zauberei. Keine höhere Macht, kein Spuk und auch kein Wassermann, der am Meeresboden sitzt und den Stöpsel zieht. Könnte man aber denken, mit etwas Fantasie, wenn man am Strand steht und sieht, wie das Wasser etwas mehr als sechs Stunden lang steigt – und dann wieder abfließt, auf wundersame Weise. Die stete Veränderung, sie ist die einzige Konstante im Spiel der Gezeiten. Ein Tag, zweimal Ebbe, zweimal Flut: Nordkinder kennen das. Und viele wissen vielleicht: Ohne die Anziehungskraft des Mondes gebe es die Tiden gar nicht. Und ohne die Tiden kein Wattenmeer.

Ebbe und Flut sind gewissermaßen der Pulsschlag unserer Welt. Menschen, Tiere, Pflanzen, alle haben sich dem Wechsel der Gezeiten angepasst. Verantwortlich für das Naturschauspiel ist der Mond – nicht nur, aber hauptsächlich. Erde und Mond bewegen sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Weil die Erde eine viel größere Masse hat, liegt dieser Punkt unter der Erdoberfläche.

Anziehungskraft und Fliehkraft sind die Auslöser

Auf den Weltmeeren gibt es stets zwei Flutberge, einer auf der mondzugewandten Seite der Erde, der andere auf der mondabgewandten Seite. Der erste entsteht durch die Anziehungskraft des Mondes. Die ist so stark, dass die Wassermassen angezogen werden und sich quasi von der Erde wegbewegen. Das Wasser läuft auf, es entsteht Flut. Gleiches geschieht auf der gegenüberliegenden Erdseite. Warum auch hier? Weil durch die Bewegung der Erde eine nach außen gerichtete Fliehkraft entsteht, die der Gravitation, also der Erdanziehungskraft, entgegenwirkt. Diese Fliehkraft ist auf der mondabgewandten Seite stärker als die Anziehungskraft des Mondes. Deshalb wird auch hier das Wasser von der Erdoberfläche weggedrückt – Flut!

Zwischen den beiden Flutbergen ist dann logischerweise ein Tal mit niedrigem Wasserstand – Ebbe! Wo die Flutberge gerade sind, ist immer abhängig von der Lage des Mondes. Innerhalb von etwa 24 Stunden dreht sich die Erde um ihre eigene Achse und unter den beiden Flutbergen hindurch. Deshalb gibt es pro Tag zweimal Hochwasser und zweimal Niedrigwasser.

Alle 14 Tage Springflut

Nicht nur der Mond, auch die Sonne beeinflusst die Gezeiten. Im Vergleich zum Mond wirkt die Anziehungskraft bei ihr aber nur halb so stark – das liegt daran, dass die Sonne viel weiter von der Erde entfernt ist. Steht der Mond jedoch in einer Linie mit Sonne und Erde – bei Vollmond oder Neumond – verstärken sich die Anziehungskräfte zwischen den Himmelskörpern. Das bedeutet: Ungefähr alle 14 Tage – der Mond umkreist die Erde in rund 28 Tagen – sind Ebbe und Flut besonders ausgeprägt: Es kommt zur Springflut!

Die Frage aller Frage ist nun: Warum sind die Gezeiten an der Nordsee deutlich wahrnehmbar, an der Ostsee aber kaum? Die Antwort ist relativ simpel: Bei Flut drücken die Wassermassen in kurzer Zeit aus dem Atlantik in die Nordsee. Die Ostsee hingegen hat nur eine schmale Verbindung zur Nordsee und ist fast vollkommen von Landmassen umschlossen. Aus dem Grund dringen die Wassermassen des Atlantiks nicht bis hierhin vor.

Wer wissen will, wann Ebbe und wann Flut an der Nordseeküste ist, kann das hier herausfinden.

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