Was für ein Typ. Was für ein Bass. Was für ein Abend. In was für einer Location. Am Dienstag hat Trettmann das „Uebel & Gefährlich” unsicherer gemacht, als es eh schon ist. (Vom Namen her natürlich.) Derzeit ist er mit #DIY auf Tour, kommt am 20. Oktober nochmal in den Norden – nach Hannover. Am liebsten würde ich mir die Show dann ein zweites Mal geben.
Was Konzerte – vor allem in coolen Clubs – angeht, bin ich ziemlich jungfräulich unterwegs. Ich weiß nie wirklich, was in der Szene los, was angesagt ist. Lebe in Bremerhaven vielleicht einfach zu weit ab vom Schuss. Doch durch einen Freund, der für die Rap- und Reggae-Richtung schwärmt, wurde ich auf Trettmann aufmerksam und auch ziemlich schnell warm mit seiner Musik. (Nur) zwei Tage lang habe ich mich auf alt (KitschKrieg) und neu (#DIY) eingewaved, dann ging’s auch schon nach Hamburg zum Konzert. Und es hätte wahrscheinlich keine bessere Location als das „Uebel & Gefährlich” dafür geben können. Es war intim, eng, stickig, rauchig, rauschig, laut, heiß, feucht. Diese Adjektive wurden begleitet von einem tiefen Bass, allgemein geilem Sound und grellen Lichteffekten. Nicht viel Schnickschnack – aber das, was es gab, saß.
Der Song, der mich schon beim ersten Reinhören am meisten gefesselt hat, hat sich auch live als ziemlich mega erwiesen – „Billie Holiday” ist vermutlich mein favorite. Dicht gefolgt von „Knöcheltief”, mit dem Trettmann den Abend eröffnet hat. Aber auch sein aktueller Song „Grauer Beton” war live einfach ein surreales Feeling. Am meisten mitgerissen wurde das Publikum aber bei „Adriano”. Ein Song von 2016, den man als eingefleischter „Tretti”-Fan wohl einfach mitgröhlen können muss. Aber auch als Newbie konnte ich ehrlich gesagt zu keinen Song still stehen. Abgehen, nein waven und wie Tretti sagt „bouncen”, war garantiert – bis zum letzten Lied.
Trettmanns halbe Rapper-Family war den Abend übrigens mit am Start: Der Hamburger GZUZ war zwischenzeitlich Teil der Show, genau wie Joey Bargeld, der die gesamte Tour begleitet. „Gottseidank” und „New York” sind übrigens auch ziemlich endgeile Songs. Im Intro zu Ersterem hatte Bonez MC angerufen. Letzteres ist für Trettmanns Style eher eine Ballade. Genau wie „La Dolce Vita” vom Album KitschKrieg 3, zu dem dann auch ausnahmsweise die Feuerzeuge rausgekramt werden durften.
TRETTMANN ist ein Beweis dafür, dass auch DEUTSCHRAp erwachsen werden kann.
FAZ.net
„All killers, no fillers”, resümiert meine Begleitung nächsten Tag. Das sage man wohl so, wenn jeder Song ein Kracher war, keiner auch nur ein langweiliger Lückenfüller. Und ja – auch wenn ich mich nicht so gut auskenne wie er – auf mich machte es ebenso einen Eindruck, dass jeder einzelne Song dem Publikum auf seine Weise eingeheizt hat. Und das beste am ganzen Abend war eigentlich, was man dabei gefühlt hat. Das Freisein. Das Einfach-Nur-Hinhören. Das Los-, Mitreißen- und Vergessen-Lassen. Der Abend hat mir gefühlt eine Menge positive Energie, einen kleinen Adrenalin- und einen großen Das-Leben-ist-geil-Kick gegeben.
Seine erste Single („Der Sommer ist für alle da!”) hat Trettmann übrigens schon 2006 veröffentlicht. Und sein neues Album wurde die Tage sogar als „Album der Woche” bei der FAZ vorgestellt. Dort schreibt Cornelius Friz unter anderem: „Statt mit dem Distinktionsgehabe des gemeinen Gangsters fällt Trettmann durch seine Herzlichkeit auf.” Als Familie bezeichne er dabei nicht nur die halbe Hiphop-Elite Deutschlands, mit der er schon zusammengearbeitet hat (allein auf diesem Album Marteria, Gzuz, Hayiti etc.), sondern etwa auch die Reggae-Künstler Jamaikas. Denn auch Trettmanns Leidenschaft für karibische Dancehall-Beats findet Platz auf #DIY. Und den Mix finde ich persönlich nicht nur einzigartig, sondern auch echt gelungen.
To do ist für mich jetzt auf jeden Fall: in Trettmanns Shop bestellen. Denn mich beeindruckt zudem, dass er mit einem kleinen Produktionsteam alles selbst gestaltet: Videos, Fotos, Partys, Öffentlichkeitsarbeit, bis hin zu den Shirts und anderen Produkten in seinem Online-Shop. Ein ziemlich kreativer Kopf also. Absolutes Musthave ist übrigens die „DIY Fanbox” – mit Shirt, Stickerset, insgesamt 42 Songs auf einem USB-Stick im Kreditkarten-Style und einem Poster, für das du dir eine 100 Zeichen lange Widmung wünschen darfst, die Trettmann dann höchstpersönlich darauf schreibt.
Trettmanns Wort des Abends war übrigens „episch”. Ich würde sagen: dem ist definitiv nicht zu widersprechen – und auch nichts hinzuzufügen. Aber es kommt auch immer drauf an, was man selbst daraus macht. (Und der ein oder andere Wodka Lemon tut sein Übriges.)
Ich liebe übrigens Songtexte. Zu jedem Lied, das ich irgendwie mag, schaue ich meistens die Lyrics nach, lese sie wie ein Buch. Deswegen möchte ich im Anschluss noch einige Zeilen teilen, die ich von Trettmann besonders schön, besonders stark oder inspirierend finde.